Witten.. Das Westfälische Landestheater gastierte mit Frank Goosens „Liegen lernen“ im Saalbau.

Eine Jugend in Bochum Anfang der 80er Jahre: Zwischen Friedensdemonstrationen und konservativ-spießigem Familienalltag bahnt sich Hauptfigur Helmut seinen Weg ins Erwachsenenleben. Mit einer Theater-Adaption des bekannten Romans „Liegen lernen“ von Frank Goosen gastierte jetzt das Ensemble des Westfälischen Landestheaters auf der Saalbaubühne.

Wie im Buch trifft Helmut (Bülent Özdil) seine erste große Liebe am Gymnasium. Britta (Julia Gutjahr) ist dort die Neue und kommt aus einem richtigen Hippie-Haushalt. Ihre Eltern spricht sie mit den Vornamen an und während Helmut noch mit der Pubertät kämpft, kämpft Britta schon gegen Pershings.

Die Begegnung mit Brittas Laissez-faire-Umfeld, ihrem inspirierenden Politik-Engagement und dem nach immer mehr Freiheit strebenden Zeitgeist der Jugend zieht den Schüler immer stärker in den Bann. Schwitzige Finger, unsichere erste Küsse und Streitereien mit den besorgten Eltern sind da vorprogrammiert und sorgen auf der Bühne für Komik. Insbesondere Vesna Buljevic regte in der stereotypen Rolle der fürsorglich-beängstigten Mutter mit unbeholfenen Argumenten zu Helmuts Zukunftsplanung das Publikum zu einigen Lachern an.

Doch im Laufe des Stücks verwandelt sich die Handlung mit zunehmendem Alter des Protagonisten immer mehr in eine Tragik-Komödie. Als die Jugendliebe Britta für ein Jahr ins Ausland geht, bricht für den Gymnasiasten eine kleine Welt zusammen. Bestens von seiner aktivistischen Freundin indoktriniert, versteht Helmut nicht, was sie denn ausgerechnet in die USA „zu diesen imperialistischen Arschlöchern“ ziehen könne.

Brittas Fortgang hinterlässt in Helmuts Leben eine dauerhafte Lücke, die er in den folgenden Jahren während seines Studiums nicht mehr schließen kann. Noch schneller als im Roman treten auf der Bühne immer neue Frauen in sein Leben. Eine unterschiedlicher als die andere - doch keine dieser Beziehungen kann Helmut lange aufrecht halten.

Als er von seinem alten Schulfreund Mücke (überzeugend prollig verkörpert von Roni Merza) den Tipp bekommt, dass er Britta zur Zeit des Mauerfalls in Berlin antreffen könne, macht sich der Geschichtsstudent sofort auf die Reise. Doch das Happy-End bleibt vorerst aus. „Hast du geglaubt, du kommst hierher und ich adoptiere dich wieder“, fragt Britta ihn und offenbart ihm, dass er schon während der Schulzeit nur einer von vielen Liebhabern war, die seine vermeintliche Freundin gleichzeitig hatte.

Nach Wut und Verzweiflung endet auch die Bühnenversion von Goosens Roman schließlich in einem etwas zähen und melancholischen Finale, dass nur noch seicht dahinplätschert. Mit dem überaus komödiantischen Beginn kann es nicht mehr mithalten.