Witten. Kinder nachtesten, wenn der Pooltest positiv war? Das stellt Wittens Grundschulen vor große Probleme. Mindestens zwei machen dabei nicht mit.
Mit Frust und Fassungslosigkeit reagieren die Wittener Grundschulen auf die Anordnung des Ministeriums, dass Kinder in der Schule nachgetestet werden sollen, wenn ein Pooltest positiv ausgefallen ist. Damit soll der Überlastung der Labore bei den PCR-Tests begegnet werden. Doch auch die Lehrer der Grundschulen arbeiten bereits an ihrer Belastungsgrenze – und darüber hinaus. „Wir sind am Ende unserer Kräfte“, sagt Maria Nehm, die Leiterin der Hüllbergschule.
Die neue Anweisung stellt die Grundschulen wieder vor neue Herausforderungen. „Und wir wissen nicht, wie wir die organisieren sollen – das ist eine sehr frustrierende Situation“, erklärt auch Dörthe Diefenbruch, die Sprecherin der Wittener Grundschulen. Dabei gehe es nicht ums Wollen, sondern ums Können. Das zu leisten, was sonst Labore tun, sei in den Schulen personell einfach nicht möglich, sagt die Leiterin der Pferdebachschule.
Aktuell 185 Corona-Fälle an Wittener Schulen
In Witten gibt es derzeit 185 Corona-Fälle unter Schülerinnen und Schülern plus einen positiven Pooltest. 122 Kinder darunter sind nach dem 16. Januar positiv getestet worden. Das hat der EN-Kreis am Mittwoch mitgeteilt. Im ganzen Kreis gibt es derzeit 469 Fälle und 48 positive Pools.Das ist die aktuelle Liste für Witten: Berufskolleg 31 Fälle, Brenschenschule 3, Pestalozzischule 3, Hardenstein-Gesamtschule 20, Holzkamp-Gesamtschule 14, Gerichtsschule 2, Hellwegschule 3, Pferdebachschule 4 und ein Pool, Martmöller-Gymnasium 21, Ruhr-Gymnasium 10, Schiller-Gymnasium 35, Lohmann-Realschule 6, Kämpenschule 4, Otto-Schott-Realschule 10, Adolf-Reichwein-Realschule 13, Grundschule Rüdinghausen 4. Aufgeführt sind nur Schulen, an denen es mindestens zwei Fälle gibt.
Bruchschule in Witten trägt Entscheidung nicht mit
Dazu komme die Sorge um die Sicherheit von Kindern und Kollegium. „Wir hatten das Testverfahren ja schon mal, da gab es auch ein Restrisiko. Aber jetzt ist das eine ganz andere Ausgangsposition, wenn ich weiß, dass mindestens ein Kind positiv ist“, so Diefenbruch. Sie appelliert daher dringend an die Eltern, die Kinder testen zu lassen, wenn der Pool positiv war.
Andere Schulen gehen noch einen Schritt weiter. „Wir haben entschieden, dass wir bei einem positiven Pool kein Kind in die Schule eintreten lassen, das keinen negativen Test vorweisen kann“, stellt die Bruchschule schon am Dienstagabend klar und fordert die Eltern in diesem Fall auf, einen Bürgertest machen zu lassen. Die neue Test-Strategie des Landes bedeute, dass „wir uns infizierte Kinder in die Schule, in die Klassen, vielleicht neben Ihr Kind holen sollen“, heißt es auf der Facebookseite der Schule. „Es tut uns leid, aber ohne klare Anordnung, ohne weiteren Schutz von uns Lehrkräften, von Ihren Kindern, tragen wir diese Entscheidung nicht mit.“ Man habe weder die nötige Schutzausrüstung und Ausstattung, noch das Personal, um diese Regelung umsetzen zu können.
Hüllbergschule gibt Kindern Selbsttests mit nach Hause
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Auch die Hüllbergschule will, dass nur negativ getestete Kinder ins Gebäude kommen. Daher bekommen die Schülerinnen und Schüler Selbsttests mit nach Hause, für den Fall, dass der Pooltest positiv ausgefallen ist. Den Eltern wird aber „dringend empfohlen“, besser noch einen Bürgertest machen zu lassen. Man habe sich für dieses Vorgehen aus Gründen der Sicherheit für Kinder und Kollegium entschieden, aber auch, weil es anders personell kaum machbar sei, erklärt Maria Nehm. „Und wir wollen auch kein Kind vor allen anderen aus der Klasse raus holen müssen.“
Nehm weiß, dass ihre Vorgaben nicht bei allen Eltern gut ankommen werden. „Das gibt sicher Unruhe in den Familien.“ Aber die Grundschulen seien jetzt die, die das Verfahren umsetzbar machen müssten. „Und wir müssen jetzt eigene Möglichkeiten suchen, das Bestmögliche in dieser schwierigen Situation zu schaffen.“
Mutter spricht von Entscheidung zu Lasten der Kinder
Heike Behler, deren Tochter in die zweite Klasse der Hüllbergschule geht, hat Zweifel, ob solche Selbsttests in den Familien wirklich sicher genug sind – aber sie ist froh, dass alles getan wird, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Sie ärgert sich, dass das Ministerium wieder einmal eine Entscheidung zu Lasten der Kinder getroffen hat. „Hier wurde ein sicheres Testsystem gegen ein unsicheres ausgetauscht.“ Die Wittenerin bezweifelt nicht, dass die Kapazitäten der Labore ausgeschöpft sind. „Aber ich weiß nicht, ob die Einsparungen an den Grundschulen jetzt die richtigen trifft.“ Denn an jedem Kind hänge schließlich eine Familie – Eltern und Großeltern, Berufstätige auch aus systemrelevanten Bereichen.
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Wieso müssen die Misere jetzt wieder die Grundschulen ausbaden – war das vielleicht der einfachste Weg fürs Land? Das fragt sich auch Schulsprecherin Dörthe Diefenbruch. Sie würde sich wünschen, dass von den Verantwortlichen endlich gesehen wird, vor welchen Problemen die Grundschulen stehen. Wie schwierig es ist, die Tests durchzuführen. Wie groß die Gefahr ist. Was die Situation für die Eltern bedeutet. Doch stattdessen würden die Schulen aus den Nachrichten erfahren, wie es weitergeht. „Da fühlen wir uns nicht wertgeschätzt.“