Witten.. Abgeschrieben? Fällt ein Plagiats-Verdacht auf einen Studenten der Uni Witten/Herdecke, ist das ein Fall für Professor Hans-Joachim Lipps. Er ist seit acht Jahren Ombudsmann für wissenschaftliches Fehlverhalten an der Uni.

Abschreiben. In der Schule ist es, je nach Blickwinkel, ein Sport, eine Nothilfe, ein Rettungsmanöver - oder ein Täuschungsversuch. Manche Lehrer gehen damit ziemlich humorlos um, für andere ist es eher ein Sport: „Ihr könnte es ja gerne versuchen“, hat mein alter Mathe-Lehrer immer gesagt, „aber ich kenne alle Tricks aus eigener Erfahrung.“ Der Mann hatte Recht.

Kein Spaß aber ist die Sache spätestens bei wissenschaftlichen Arbeiten. Fällt ein Verdacht auf einen Studenten der Uni Witten/Herdecke, ist das ein Fall für Professor Hans-Joachim Lipps. Er ist seit acht Jahren Ombudsmann für wissenschaftliches Fehlverhalten an der Uni, „und in dieser Zeit hatten wir ganze zwei Vorwürfe gegen Studenten, die aber bei näherer Prüfung in sich zusammengefallen sind“.

Insgesamt Plagiats-Vorwürfe zurückgegangen

Überhaupt seien Plagiats-Vorwürfe nach den großen Medizinskandalen Ende der 90er Jahre stark zurückgegangen, so der Hochschullehrer. Seit jener Zeit gibt es die „Regeln zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis“, an denen sich die Universitäten orientierten, und die Uni Witten/Herdecke sei eine der ersten gewesen, die diese Regeln übernommen hätten.

Wird ein Student verdächtigt, so werde er angeschrieben und um Stellungnahme gebeten. Diese werde von einer Kommission geprüft. Kommt sie zu dem Entschluss, dass weitere Untersuchungen notwendig seien, komme es zu einer Art Verhandlung. Lipps: „Das muss man sich vorstellen wie ein Gerichtsverfahren. Zeugen werden gehört, Fachleute geladen. Dann erfolgt eine Empfehlung an die Uni-Leitung. Der Maßnahmenkatalog reicht von einer Ermahnung bis zum Entzug des akademischen Titels oder auch einer Anzeige wegen Betrugs.“

Scanning-Programm vorgeschlagen

Weitere Kontrollen gibt es auch noch anderswo. Lipps: „Verlage, die wissenschaftliche Arbeiten herausgeben, und bedeutende Fachzeitschriften scannen jedes Manuskript nach Plagiaten, bevor sie es abdrucken.“ Er erwägt, der Uni vorzuschlagen, ebenfalls ein solches System anzuschaffen. „Bislang nutzt nach meinem Kenntnisstand noch keine deutsche Hochschule ein solches Scanning-Programm.“

Das Internet, da ist er sich sicher, habe Pfuschen leichter gemacht. „Viele Promotionsarbeiten bedienen sich des Internets. Aber dann muss man auch die Quelle angeben.“

Und der aktuelle zu-Guttenberg-Fall? Lipps: „Nach dem, was ich weiß, geht es um 26 Stellen in der Dissertation, in denen ganze Passagen übernommen worden sind, ohne zu zitieren. So etwas kann vielleicht ein-, zweimal in einer Arbeit passieren, doch es erscheint mir fragwürdig, dass es sich hier stets um Versehen gehandelt haben soll. Ich hoffe, der Ombudsmann in Bayreuth ist ein mutiger Mann.“