Witten. Nach einer Umfrage ist jeder vierte Mitarbeiter eines Handwerksbetriebs von Corona betroffen. Eine Firma in Witten traf das Virus noch schlimmer.

Den Wittener Handwerksbetrieb „Elektro Benking & Gibis“ traf es im Jubiläumsjahr. Seit 25 Jahren gibt es die Firma im Wittener Bruch. 2022 werden die Chefs, Hans-Joachim Benking und Rupert Gibis, nicht so schnell vergessen. Denn Corona hat ihr Unternehmen beinahe lahmgelegt.

Elektromeister Benking lässt die vergangenen Wochen gedanklich Revue passieren. Es war eine harte Zeit, in der er fürchtete, die Pandemie könne ihn vielleicht seine Existenz kosten. Im Februar war zunächst eine Bürokraft an Corona erkrankt, dann „kamen die Einschläge immer näher“. Mitte März erkrankte erst sein Firmenpartner Rupert Gibis. „Alles begann mit einem schweren Husten.“ Rund zwei Wochen setzte das Virus dem jetzt 68-Jährigen zu. Auch Hans-Joachim Benking traf es. Er vermutet, sich bei Rupert Gibis angesteckt zu haben. „Im Büro sitzen wir uns ja nicht mit einer FFP2-Maske gegenüber.“

Mitarbeiter hatten sich vermutlich bei Arbeiten an Schulen in Witten infiziert

Zum Glück blieb Benkings Frau vom Virus verschont. „Sie arbeitet in einem Altenheim.“ Der Handwerksmeister, der in Wetter lebt, musste 500 Meter zu Fuß zur Elbschehalle in Wengern gehen, um sich freitesten zu lassen. „Diese Meter habe ich gemerkt.“ So schlapp sei er zu diesem Zeitpunkt noch gewesen, sagt der 54-Jährige, der durch Corona anfangs auch nicht so gut Luft bekam. „Das ist jetzt aber wieder weg.“

Ende März hatte der Handwerksmeister außerdem vier coronakranke Mitarbeiter und zwei weitere, die schon Monate wegen anderer Erkrankungen ausfielen. Die Firma hatte ein großes Problem. Nur zwei Kräfte waren gesund und im Betrieb absolvierten noch zwei Jugendliche ihre Schulpraktika. Benking: „Ende März ging gar nichts mehr.“ Zwei seiner Beschäftigten hätten sich wohl bei Arbeiten an Wittener Schulen infiziert. Ein Mitarbeiter, dessen Frau mit einer Spenderniere lebt, blieb glücklicherweise gesund.

Kunden fragten, ob infizierte Handwerker nicht doch kommen könnten

Für die schwierige Situation der Firma hatte nicht jeder Kunde Verständnis. Weil Aufträge verschoben werden mussten, versuchten Auftraggeber bei anderen Betrieben ihr Glück. „Die Leute haben sich später wieder bei uns gemeldet, weil andere Firmen auch keine freien Kräfte hatten.“ Von Corona sei natürlich nicht nur sein Betrieb betroffen, weiß Benking. Er wurde auch von Kunden gefragt, ob seine Leute nicht trotz ihrer Infektion vorbeikommen könnten. Man mache ihnen ja nur die Tür auf. Der Chef hat bei solchen Anfragen selbstverständlich abgewunken. „Das kann ich nicht verantworten.“

Der Elektromeister und sein Team erscheinen nur mit FFP2-Masken an ihren Arbeitsstellen. Auch wenn Kunden sagen: „Die Maske können Sie ruhig absetzen, ich bin dreifach geimpft.“ Benking und seine Mitarbeiter, die alle geboostert sind, haben selbst erfahren: „Das schützt einen nicht vor einer Erkrankung, auch wenn viele das offenbar glauben.“ Der Handwerker kann die Sehnsucht vieler Menschen nach Normalität zwar verstehen, hält die jetzige, von der Politik abgesegnete Freizügigkeit angesichts immer noch hoher Infektionszahlen jedoch für verfrüht. „Das Corona-Thema ist in den Nachrichten durch den Krieg in der Ukraine verdrängt worden.“

Handwerksmeister: Baustellen sind nicht immer gut geplant

In Handwerksfirmen fehlen rund ein Viertel der Mitarbeiter

Nach Angaben der Handwerkskammer Dortmund, in der auch 820 Wittener Betriebe Mitglieder sind, sind viele Handwerksfirmen von Corona betroffen. Kammerpräsident Berthold Schröder weist hierzu auf eine aktuelle Betriebsbefragung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) hin. Demnach fehlen bundesweit in den Handwerksbetrieben im Schnitt ein Viertel der Mitarbeiter. Und zwar aufgrund einer Coronainfektion, einer Quarantäne als Kontaktperson oder weil erkrankte Angehörige betreut werden müssten, so Schröder. Die Personal- und Arbeitsplanung in den Firmen werde so natürlich schwieriger.

Hans-Joachim Benking würde sich freuen, wenn Baustellen oft besser geplant werden, um dort Arbeitende vor Corona zu schützen. Bei der laufenden Sanierung eines Büros arbeiteten zum Beispiel in einem nur rund 25 Quadratmeter großen Raum immer gleichzeitig Handwerker verschiedener Firmen. Eine Situation, die sich vermeiden lasse.

Benkings Elektrobetrieb arbeitet auch für Wittener Wohnungsgenossenschaften, die die Baustellen in Coronazeiten gut organisierten, wie er betont. „Da begegnen sich die einzelnen Gewerke gar nicht.“ Was sich der Handwerksmeister für diesen Sommer wünscht, ist ein Auszubildender. Seit Beginn der Pandemie hat er nur eine einzige Anfrage für eine Lehrstelle erhalten. „Und der junge Mann war für den Beruf leider nicht geeignet.“