Witten. Toco hat sich einen Baum für seine Straße gewünscht. Die Stadt lehnte ab. Nun pflanzen Anwohner selbst ihr Grün. Weitere Hilfe kündigt sich an.
Der kleine Toco freut sich gerade wie Bolle, denn sein Traum wird endlich wahr: Die graue Konrad-Adenauer-Straße bekommt doch noch den Baum, den der Siebenjährige sich so sehnlich wünscht. Nachdem die Stadt dem Jungen, der sein Anliegen mutig im Haupt- und Finanzausschuss vorgetragen hatte, eine Absage erteilt hatte, werden die Anwohner nun selbst tätig.
Ein paar Nachbarn und Freunde legen zusammen und wollen im Frühjahr einen amerikanischen Amberbaum pflanzen. „Der verfärbt sich im Wandel der Jahreszeiten schön und kommt mit dem Stadtklima klar“, sagt Marilli Reimer, Tocos Mama. Er bekommt seinen Platz auf dem Privatgrundstück vor Ina Riepes Werkstatt. Darüber freut sich auch der Kinderschutzbund, dessen Gebäude ganz in der Nähe liegt.
Junge aus Witten liebt die Natur
Die technischen Fragen seien bereits geklärt, so Riepe. Eine Firma habe die Stelle begutachtet und ihr Okay gegeben. Rohre im Boden – ein Argument der Stadt für die Absage – seien an dieser Stelle kein Problem.
Toco wird den Baum direkt vor der Nase haben, denn er soll gegenüber seinem Wohnhaus stehen. „Wir wollen da ein Futterhäuschen für die Eichhörnchen aufhängen“, schmiedet er mit seiner Familie schon Pläne für das neue Grün, das endlich Farbe in die trostlose Ecke bringen soll.
Die Natur sei für ihren Sohn ein großes Thema, sagt Marilli Reimer. Dass sie in seiner Straße bisher so gar nicht vorkommt, hatte den Wunsch des Jungen nach einem Baum übermächtig werden lassen. „Ein Jahr lang hat er mir täglich einen Vortrag gehalten, wie hässlich es hier ist und wie unfair, dass es in anderen Straßen Bäume gibt“, erinnert sich seine Mutter. Dass sich seine Hartnäckigkeit nun auszahlt, fasziniert Toco. Er findet es großartig, dass einem Kind zugehört wird.
Weitere Wittener wollen Toco helfen
Tatsächlich hat sein Engagement noch viel mehr ausgelöst. Nicht nur, dass die Wittener Firma Baumdienst SKT eine Kastanie oder einen Walnussbaum – wenn auch im Lutherpark – pflanzen will. Auch die Klimaallianz habe sich gemeldet und versucht etwas zu tun, freut sich Marilli Reimer.
Inzwischen fordern außerdem Grüne und SPD in einem Antrag an den Bürgermeister „mehr Grün für die Konrad-Adenauer-Straße und das Quartier Alte Feuerwache“. Von der Gestaltung einer Grünfläche ist die Rede. An der Straße sollen Pflanzkübel oder Hochbeete im Sinne des Urban Gardening aufgestellt werden.
Pop-up-Grün für triste Plätze in Witten
„Die Bürgeranregung der Familie Reimer hat eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig vielen Menschen eine grüne Umgebung für ihre Lebensqualität ist. Zudem steht die mikroklimatische Bedeutung von innerstädtischem Grün angesichts der globalen Erwärmung nicht mehr in Rede“, begründen die Fraktionen ihren Antrag.
Die Chancen stehen gut, dass dieser in einem der nächsten Ausschüsse Erfolg haben könnte. Hatte doch der Rat zuletzt am Nikolaustag den SPD-Antrag auf mobiles „Pop-up-Grün“ für triste Plätze in der Innenstadt abgesegnet. 10.000 Euro sollen dafür bereit gestellt werden. Gleichzeitig hatten allerdings die ebenfalls von der SPD beantragte „Durchgrünung“ der Stadt und die umgehende Pflanzung von 30 Bäumen keine Mehrheit gefunden. Toco wird das gar nicht gut finden.