Witten.. Palliativmediziner Dr. Matthias Thöns kam von einem Kinobesuch – und stand plötzlich im Stau vor der Unfallstelle.
Sie lag eingeklemmt und bewusstlos im Fußraum des Beifahrersitzes: die 24-jährige Frau aus Breckerfeld, das dritte Todesopfer des schrecklichen Unfalls auf der A43. Doch als Dr. Matthias Thöns die Schwerverletzte am Samstagabend erblickte, lebte sie noch. Der Wittener Arzt für Notfall- und Palliativmedizin war auf dem Rückweg von einem Kinobesuch in Bochum, als er unversehens im Stau stand, die Notlage richtig einschätzte und sich vor Ort sofort als Arzt zu erkennen gab.
Mit seinem Arzt-Blinklicht bahnte sich Thöns einen Weg durch die Rettungsgasse bis zur Unfallstelle. „Ein Reisebus und ein Tanklastwagen waren gerade noch rechtzeitig zum Stehen gekommen“, sagt Thöns, der beim Anblick der zerstörten Autowracks schon ahnte, dass eine Rettung schwierig werden würde. Zudem sei Öl und Benzin ausgelaufen, die Löscheinheit Herbede habe sich darum gekümmert. „Wenn da jemand geraucht hätte, hätte es ein Inferno geben können“, sagt der Mediziner, der mit seinem Notfallrucksack zu den drei Unfallopfern eilte.
Keinen Puls mehr gefühlt
Sofort seien Ersthelfer auf ihn zugekommen, hätten von mehreren Verletzten gesprochen, bei denen sie keinen Puls mehr fühlten, und dass die Feuerwehr alarmiert sei. „Es folgte die für einen Notarzt entsetzlichste Tätigkeit“, so Thöns: alle Unfallopfer ansehen, Rettungschancen einschätzen, Hilfe strukturieren. Zwei weitere Ärzte und zwei Krankenschwestern, ebenfalls zufällig am Ort des Geschehens, halfen ihm später beim Wiederbelebungsversuch der jungen Frau.
Doch zunächst erreichte der Arzt das erste Auto, in dem ein junger Mann saß. „Unter Schwierigkeiten gelangte ich an sein Handgelenk. Kein Puls. Wahrscheinlich tot.“ Thöns eilte weiter. Er bemühte sich um Konzentration, auch wenn es schwierig gewesen sei, nach dem entspannten Abend von „null auf 100“ zu schalten. Zudem habe seine hochschwangere Freundin, um die sich aber ein Sanitäter kümmerte, mit ihm im Auto gesessen. Auch für den zweiten jungen Mann, den Fahrer des Wagens, der mit dem Auto des Geisterfahrers frontal zusammengestoßen war, kam jede Hilfe zu spät. Dann versuchte der Mediziner, zu dessen junger Beifahrerin vorzudringen: „Ersthelfer versuchten die Scheiben einzuschlagen, Türen und Kofferraum zu öffnen, vergebens.“ Erst zwei kräftigen Männern sei es schließlich gelungen, die verzogene Tür aufzustemmen.
Alle haben versucht, Leben zu retten
„Die Krankenschwestern wechselten sich mit der Herzdruckmassage ab, ein Kollege übernahm die Beatmung, Ersthelfer leuchteten uns die Stelle aus, besorgten eine Schere, hielten Infusionen“, schildert Thöns den dramatischen Rettungsversuch. Nach wenigen Minuten trafen der Rettungsdienst und bald auch die Notärztin aus dem Marien-Hospital ein. Sie übernahmen die Versorgung der Schwerstverletzten, die später in einem Bochumer Krankenhaus starb.
Thöns betont, dass es zu keiner Zeit Probleme durch Gaffer gegeben habe: „Alle am Unfallort haben mit großem Einsatz versucht, Leben zu retten. Dafür danke ich.“