Witten.. In einem Workshop haben jetzt 250 junge Feuerwehrleute an der Uni Witten/Herdecke darüber debattiert, wie die Arbeit in Freiwilligen Feuerwehren in Zukunft attraktiv gehalten werden kann. Einig war man sich nur in einem Punkt: Dass es Spaß macht, sich bei der Feuerwehr zu engagieren.

Mehr Demokratie wagen - Willy Brandts berühmter Satz aus dem Jahr 1969 bleibt aktuell. Auch bei der Feuerwehr. Klare Hierarchie im Einsatz, aber mehr Beteiligung, Mitsprache und Information in anderen Situationen - das ist der Wunsch vieler junger Feuerwehrleute. Damit glauben sie, den Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr weiter attraktiv halten zu können.

Das ist ein Ergebnis des Workshops „Junge Feuerwehr“, zu dem 250 Ehrenamtliche zwischen 16 und 27 Jahren am Samstag in die Uni Witten/Herdecke gekommen waren. Weitere Wünsche der Teilnehmer: Die Ausbildung sollte mehr auf die individuelle Lebenssituation zugeschnitten werden können und kreisübergreifend möglich sein. Patensysteme werden für sinnvoll gehalten, eine bessere Vernetzung (Info-Portal) für Jugendfeuerwehrwarte und mehr Unterstützung beim Einsatz von Menschen mit Beeinträchtigungen.

Präventiv-Arbeit

Die Wittener Tagung ist ein Baustein im Projekt des NRW-Innenministeriums und des Verbandes der Feuerwehren zur Förderung des Ehrenamtes. Anders als andere Bundesländer, die auf reine Werbekampagnen setzen, hat man sich vergangenes Jahr in NRW, wo bei der Freiwilligen Feuerwehr noch keine Notlage herrscht, entschieden, über vier Jahre hinweg zu untersuchen, wo die Aktiven der Schuh drückt, um zukunftsfähig zu bleiben. „Es geht darum, ob wir noch richtig aufgestellt sind, um weiter den Nachwuchs begeistern zu können“, formuliert Hartmut Ziebs, Bezirksbrandmeister aus Arnsberg. „Wir arbeiten sozusagen präventiv.“ Und deshalb kommt zunächst die Basis zu Wort.

Patrick Bäckhäuser aus Altena etwa wünscht sich mehr Verständnis bei den Arbeitgebern, Thomas Mau aus Fröndenberg, selbst seit 18 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr, sieht schulischen Stress als Grund für ein teilweise zurückgehendes Engagement bei Jugendlichen, Christoph Becker und Daniel Vogel aus Brilon sehen Probleme eher bei den jungen Erwachsenen: „Die ziehen weg zum Studium oder für einen Job, und kommen nicht wieder“, sagt Becker. „Wir müssen es irgendwie schaffen, sie trotzdem bei der Feuerwehr zu halten“, sagt Vogel. Er erhofft sich vom Projekt „FeuerwEhrensache“ auch mehr Ideen, um neue Leute anzusprechen.

Neue Leute könnten junge Frauen sein. Deren Anteil stagniert bundesweit bei 5 Prozent. „Viele Frauen sehen die Feuerwehr als geschlossenen Verein und haben ein Problem mit der Art der Menschenführung“, meint Ziebs. „Das müssen wir dringend ändern“.

Schwelle überwinden

In Kierspe ist es anders. Dort liegt der Frauenanteil bei 41 Prozent. „Wenn erst eine Schwelle überwunden ist, wenn die Freundinnen engagiert sind, geht es leichter“, meint Annegret Frankewitsch aus dem Innenministerium. Bei Anica Würth aus Kierspe war es der Papa, der als Feuerwehrmann ihr Vorbild war. Und die anderen sind dabei, weil es - zumindest in ihrem Ort - inzwischen völlig normal ist. „Es ist ja nicht so, dass Frauen kein Interesse an Technik haben“, meint Bezirksbrandmeister Ziebs. „Und der Wunsch, anderen Menschen zu helfen, ist auch sehr ausgeprägt.“ Hat eigentlich der Wegfall der Wehrpflicht eine Lücke gerissen? „Wir spüren das gar nicht“, sagt Ziebs. „Wir hatten immer nur 5 bis 8 Prozent Freigestellte.“

Zum Thema Migranten kam in Witten keine große Diskussion auf. Bei den Jungen ist die Integration selbstverständlich. Überlegt wird jetzt, wie Menschen mit Behinderung - abseits der Einsatzstelle - eingesetzt werden können. „Da gibt es momentan viele Bewerbungen“, sagt Frankewitsch.

An der Uni in Witten fand der Workshop statt, weil Politik-Professor Hans-Jürgen Lange, Spezialist für Sicherheitstechnik, das Projekt wissenschaftlich begleitet und am Ende an der Formulierung eines Maßnahmenkatalogs beteiligt sein wird. Über die wichtigste Motivation zum Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr sind sich aber heute schon Lange, Ziebs und alle jungen Aktiven einig: „Es macht wahnsinnig viel Spaß.“