Witten.. Hasso Ladwigs Hobby ist die Schafzucht. Ohne seine vier alten und acht jungen „Rasenmäher“ könnte der Rentner nicht leben. Aber jedes Frühjahr bringt auch Leid: Lämmer, die tot geboren werden oder deren Mütter bei der Geburt sterben.


Wenn Hasso Ladwig mit dem Gehstock in der einen und dem Futtereimer in der anderen Hand die Straße runtergeht, legen seine Schäfchen los: Mit viel Mäh laufen die vier Mutterschafe und ihre acht Lämmer am blühenden Rapsfeld entlang, über die Wiese unter den duftenden Obstbäumen her. Und rein mit der Schnauze in den Eimer mit Kartoffelschalen und altem Brot.

Die Schafweide an der Wasseregge in Durchholz wirkt wie aus einem Bilderbuch: Frühling, Lämmlein, Sonnenschein. „Da sehen Sie aber nicht die Wirklichkeit“, sagt Hasso Ladwig, der seit über 40 Jahren Schafe züchtet. Denn jedes Frühjahr bringe auch viel Leid und Pech: Lämmer, die tot geboren werden oder deren Mütter bei der Geburt sterben. Wer die puschelig weißen Texelschafe an Ostern auf der Weide sieht, ahnt davon nichts.

Erst Ostfriesen, dann Blauköpfe, jetzt Texelschafe

Der 83-Jährige hat eine durchaus rationelle Sicht auf seine Tiere, und trotzdem hängt er mit Herz und Seele dran. „Wenn ich aus dem Fenster gucke, möchte ich meine Schafe sehe. Die sind meine Aufgabe. Ich hab’ da Spaß dran.“ Manchmal kämen Damen aus der Stadt, die wollten sich „zwei von meinen Rasenmähern für ihren Garten ausleihen. Aber dass die auch an die Rosen gehen, damit rechnen die nicht“, erzählt er grinsend.

Er komme aus Hinterpommern, berichtet Hasso Ladwig. 21 Jahre Landwirtschaft dort, Zeche und Fabrik hier im Ruhrgebiet. 1968 habe er in Durchholz gebaut und, weil er doch so gut mit der Sense umgehen konnte, kümmerte er sich für den Bauern nebenan um die Wiesen. Schafe auf dem unebenen Gelände, das wäre was, dachte er lange. Ein portugiesischer Arbeitskollege vermittelte ihm welche. Er fing an mit Ostfriesen, den Milchschafen. Es folgten Blauköpfe, „aber da gefiel mir der Bock nicht, die Lämmer waren viel zu empfindlich“.

Auf einer landwirtschaftlichen Ausstellung in Paderborn fand er Texelschafe. „Ich hab’ die gesehen und wusste, da gehe ich nicht mehr von ab“, sagt er und guckt nach der Schafdame mit den Drillingen oder der „Alten“, die dieses Jahr nur ein Lamm bekam. Seine Tiere haben viel Auslauf und einen Stall – den sie kaum nutzen: „Die wollen auch bei Schnee nach draußen.“

Schwer ist’s, wenn Jungtiere abgeholt werden

182 Schafe hatte er früher. Da war das Fleisch begehrt: Griechen oder Türken klingelten mitunter sogar wochenends an, um ein Tier mitzunehmen. Inzwischen haben die Migranten eigene Züchter und Schlachthöfe. Ladwigs Bocklämmer kommen im Herbst weg, außerdem die älteren Schafdamen: „Ich lasse sie etwa vier oder fünf Mal lammen. Die jungen wollen doch auch mal ran“, meint er ganz sachlich.

Fällt es ihm schwer, wenn die Jungtiere abgeholt werden? „Ja. Wenn die losfahren, gucke ich hinterher bis sie um die Kurve sind. Dann ist es für mich vorbei. Man muss sich mit sowas einfach abfinden“, erzählt er, nimmt den leeren Futtereimer und den Gehstock und geht wieder die Straße hoch. Aber nicht, ohne sich noch zweimal nach seiner kleinen Herde umzudrehen.