Witten.. Ab 2015 will niemand mehr ihren Berufsstand versichern. Aber ohne Haftpflicht auch kein Job,warnt Pia Tixier, die die Hebammenpraxis Witten gegründet hat: Häusliche Versorgung mit Vor- und Nachsorge von Schwangeren wird es nicht mehr geben, wenn sich keine Lösung findet.



Die Hebammen schlagen Alarm: Ab Sommer 2015 werden freiberufliche tätige Hebammen in Deutschland keine Haftpflichtversicherung mehr haben, weil die Versicherer die Verträge nicht verlängern wollen. Doch dadurch stehen die Hebammen vor dem beruflichen Aus – ohne Versicherung dürfen sie nicht arbeiten. Und das heißt: Nicht nur Frauen, die mit einer freien Hebamme entbinden wollen, werden vergeblich suchen. Auch eine häusliche Versorgung rund um die Schwangerschaft wird es dann nicht mehr geben.

Geburtsvorbereitung, Vorsorge, Hilfe bei Beschwerden, Wochenbett-Betreuung, Nachsorge, Stillund Ernährungsberatung, Rückbildung, Babymassage – die Liste der Aufgaben von Hebammen ist lang. „Wir unterstützen die kleine Familien bei den ersten Schritten ins Leben“, bringt es Pia Tixier, Mitbegründerin der Hebammenpraxis Witten auf den Punkt. Wichtiger denn je sei es heute für viele Frauen, eine Hebamme an ihrer Seite zu haben: „Es gibt ja keine Großfamilie mehr, die Frauen sind mit all ihren Fragen auf sich gestellt.“ Trotz oder gerade in Zeiten des Internet seien viele völlig überfordert und verunsichert.

Zahl der Klagen gestiegen

Doch den Versicherern sind die Hebammen offenbar zu teuer geworden. Dabei ist die Zahl der Schadensfälle sogar rückläufig – gestiegen ist hingegen die Zahl der Klagen – und die Kosten im Schadensfall. Daher hat die Nürnberger Versicherung nun verkündet zum 1. Juli 2015 aus dem Versicherungskonsortium für Hebammen aussteigen zu wollen. Noch ist völlig offen, wer die Hebammen künftig versichern will, Anfragen bei Versicherungsunternehmen im In- und Ausland blieben nach Angaben der Verbände bisher erfolglos. Und nun?

Die Wittener Hebammen machen derweil weiter, als gäbe es trotz aller Sorgen ein Morgen. „Es muss ja weitergehen“, sagt Pia Tixier. Sie wünscht, dass die Arbeit der Hebammen in der Politik mehr Beachtung findet. „Der Minister müsste nur mal einen Tag mitgehen und schauen, was wir leisten.“

Fatale Entscheidung

Die 42-Jährige hofft, dass sich doch noch eine Lösung findet. Im Interesse aller: Der Schwangeren, der Hebammen, aber auch der Ärzte und Krankenkassen: „Es wäre für die fatal, wenn die Frauen mit all ihren Fragen und Beschwerden täglich zum Arzt laufen müssten – damit wäre wirklich niemandem gedient.“ Nur eines kommt für die Wittenerin und ihre Kolleginnen überhaupt nicht in Frage – selbst wenn es ab nächstem Jahr erlaubt sein würde: „Arbeiten ohne Haftpflicht? Nein!“, sagt sie kategorisch. „Das würde keine von uns machen.“