Einst galt er als Vorzeigelokal, nun wird der Ratskeller immer mehr zum Sorgenkind: Nach drei Jahren steigt Geschäftsführerin Joyce Kuypers aus. Zu sehr rutschte der Ratskeller in die roten Zahlen. Ab dem 19. April sollen – so heißt es – zwei Spitzen-Gastronomen aus einem Nobelhotel das sinkende Schiff wieder aufrichten.
2009 übernahm Joyce Kuypers, Leiterin der „Kuypers Gastro Line“, den Ratskeller von Saalbau-Gastronom Werner Schmidt. Die „Gastro Line“ wurde damit Unterpächterin der Mutter-Firma, der Kuypers GmbH, die das Lokal seit 2000 von der Stadt mietet. Joyce Kuypers wollte das Restaurant auffrischen. Aus dem „feinen Lokal“ sollte eine „Begegnungsstätte für Jung und Alt“ werden. Am Ende stellten (zu) viele Kunden ihr Zeugnis auf die unromantische Art aus: Sie blieben fern.
Vielleicht, sagt Joyce Kuypers, habe sie sich auch etwas zu viel zugemutet. Schon vor drei Jahren, als sie euphorisch an die Herausforderung Ratskeller heranging („Das ist eine Hausnummer“), hatte sie sich um einen zweijährigen Sohn zu kümmern. Wohl zu viel Arbeit, auch wenn Kuypers ohnehin mehr im Hintergrund arbeitete. Aber hinter dem Ratskeller-Abstieg steckt mehr als Stress und miese Umsätze.
In Joyce Kuypers’ Premiere-Jahr hatte das Lokal noch gebrummt. Dann gingen die Umsätze in den Keller, nicht mehr in den Ratskeller. „Früher saßen die Gäste in Dreierreihe mit Zigarette und Bier“, so die Wittenerin. Mit dem Rauchverbot war Schluss damit. „2011 ist unser Thekengeschäft radikal weggebrochen.“ Am Zapfhahn wurden einst die Gewinne gemacht.
Wie hoch man genau in die roten Zahlen gerutscht sei, will die gelernte Hotelfachfrau nicht verraten. Nur so viel: Es handele sich um „erhebliche Umsatzeinbußen“. „Wir mussten die Reißleine ziehen“, sagt die 37-Jährige. Das Loch in der Kasse der „Kuypers Gastro Line“ sei nur schwer zu stopfen.
Doch nicht nur die flüchtenden Gäste, auch die flüchtenden Mitarbeiter haben wohl zum Absturz des Ratskellers beigetragen. Innerhalb von drei Jahren arbeiteten vier verschiedene Betriebsleiter in dem Restaurant, allein 2011 kamen und gingen drei.
Joyce Kuypers spricht von „mangelndem Vertrauen“ und von „schlechter Mitarbeiterführung“. Nach dem Abgang ihres Betriebsleiters in 2010 „haben wir einfach nicht mehr den Richtigen gefunden“. Zu allem Überfluss hatte der Küchenchef das Weite gesucht, kurz nachdem die 37-Jährige im Ratskeller das Kommando übernahm. Wohl zu viele interne Querelen, um das Restaurant auf Kurs zu bringen.
Hermann Kuypers (69), Vater von Joyce und Leiter des Getränke-Großhandels, urteilt noch schärfer über die Führung des Ratskellers. „Es hätte mehr Bereitschaft gebraucht, um den Laden nach vorne zu bringen“, kritisiert er ohne Namen zu nennen. Und: „Man hat die Kosten nicht in den Griff bekommen.“
Fast jeden Monat hätten 300 Euro wegen kaputten Außenlampen ausgeben werden müssen, wegen Rauchern habe es Anzeigen und 500-Euro-Strafen gehagelt. Und die Nebenkosten, vor allem für die Abfallentsorgung, seien mit 2000 Euro völlig ausgeufert.
In Kürze soll der Ratskeller renoviert werden. Unter anderem soll es dem alten Boden an die „Leiste“ gehen. Es gab immer wieder Feuchtigkeitsschäden, die ihre Spuren hinterlassen haben. Die neuen Geschäftsführer sollen immerhin ein aufpoliertes Schiff wieder zum Schwimmen bringen.
INFO
Im Gelsenkirchener „Maritim“ lernte Joyce Kuypers Hotelfachfrau. Danach machte sie ihren Betriebswirt und tourte für eine Catering-Firma durch ganz Deutschland. Schließlich entschloss sich die 37-Jährige in den elterlichen Getränke-Handel einzusteigen. Seit 2006 ist sie Geschäftsführerin der Kuypers-eigenen Gastronomie-Firma, die den Ratskeller ab 2009 pachtete.