Witten..

„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Das hat Karl Marx gesagt. Verändern wollen nun aber ausgerechnet CDU-Ratsherren, die den Karl-Marx-Platz in „Platz der Deutschen Einheit“ umbenennen möchten. Und stoßen damit auf mehr Widerstand als erwartet. Denn „die Menschen machen ihre eigene Geschichte“. Ist auch von Marx.

Unterschrieben haben den Ratsantrag die „Jungen Wilden“ der CDU um Ratsherrn Simon Nowack. Eine nennenswerte Rücksprache mit der Fraktion scheint es für den Vorstoß aber nicht gegeben zu haben, denn während sich die Union gerade für den exponierten und noch namenlosen Bahnhofsvorplatz als künftigen „Platz der Deutschen Einheit“ warmlaufen wollte, preschten die vier Ratsherrn mit ihrem eigenen Vorschlag vor. Der beinhaltet, den abgelegenen Karl-Marx-Platz zwischen Breite, Nord- und Gartenstraße der Wiedervereinigung zu widmen. „Die ganze Aktion war überhaupt nicht abgestimmt, die wollen sich doch nur profilieren“, rumort es inzwischen in der Fraktion.

Am vergangenen Montag wurde das Thema bereits im Hauptausschuss vorgestellt und dort von Fraktionschef Klaus Noske erkennbar halbherzig vertreten - auf die allgemein übliche mündliche Antragsbegründung verzichtete er zum Erstaunen von Bürgermeisterin Sonja Leidemann ganz.

Denn zuvor hatte SPD-Ratsherr Klaus Wiegand zwischen Marx und Leninismus eine scharfe Grenze gezogen. „Einige Herren der Jungen Union haben vermutlich Nachholbedarf in deutscher Geschichte“, ätzte Wiegand zudem in Hinblick auf die von der Union angeführten Bismarck’schen Kriege als Belege einer frühen deutschen Einheit.

Pikant: Im Heimat- und Geschichtsverein Bommern ist Klaus Wiegand erster Vorsitzender - sein Stellvertreter ist ausgerechnet der von ihm gescholtene CDU-Ratsherr Simon Nowack.

Der zumindest will sich die ganze Sache mit der Umbenennung jetzt noch mal überlegen, zumal die Anwohner des Platzes, von dem Ansinnen höchst überrascht, von einem neuen Namen gar nichts wissen wollen: Erstens habe man sich dort schon immer wohl gefühlt, und zweitens kommen Umbenennungen für Anwohner immer ziemlich teuer - Briefköpfe, Stempel, Adresseinträge, alles muss geändert werden.

Deshalb rudert Nowak nun zurück und will am kommenden Montag vor der Ratssitzung der Fraktion das letzte Wort lassen. „Ich sehe Karl Marx zwar kritischer als andere, aber eine Mehrheit im Rat ist für unseren Vorschlag ja nicht zu erwarten“, räumt er ein. „Wir haben zwar aus der Bevölkerung auch Zuspruch für unseren Vorschlag erhalten, aber ich persönlich könnte mich auch mit dem Bahnhofsvorplatz anfreunden. Wichtig ist mir vor allem, dass die Deutsche Einheit im Straßenbild gewürdigt wird.“ Dazu hat zumindest die SPD Zustimmung signalisiert.