Witten. Für Radler ist die Pferdebachstraße in Witten stadtauswärts gesperrt. Viele fahren trotzdem dort lang. Ein Grund: zerstörte Umleitungsschilder.

Anderthalb Stunden nur musste Polizeihauptkommissar Jörg Döding an der Pferdebachstraße in Witten stehen, schon hat er neun Knöllchen verteilt – an Radfahrer, die entgegen der Fahrtrichtung auf dem Bürgersteig die Baustelle hinunterkacheln. Zehn Euro kostet das Verwarngeld, der Polizist könnte noch mehr verlangen. Aber die Situation vor Ort ist schwierig. „Ich weiß überhaupt nicht, wo ich hier fahren kann“, antworten die Verkehrssünder. „Gar nicht“, brummt Döding. Stadtauswärts dürfen Radler hier ihr Gefährt nur schieben.

Einige Minuten vor Ort zeigen, dass dies aber nur wenige Radfahrer beherzigen. Die meisten radeln durch die enge Passage von Boni bis Ev. Krankenhaus, wechseln dann auf den Bürgersteig auf der Seite von „Brotkorb“. „Die wenigsten steigen ab“, sagt Anwohnerin Jeannette Götte. Einmal schon ist sie von einem E-Biker angefahren worden. „Hier laufen viele alte Leute entlang, die vom Altenheim zu Boni wollen. Keiner nimmt auf sie Rücksicht“, sagt die 44-Jährige. Auch ein anderer Anwohner mischt sich ein. „Man sollte radfahren wie man Auto fährt“, so der 78-Jährige. „Damit fährt auch niemand über den Bürgersteig.“

Kontrollen in Witten sind wie an einer Mautstelle


Der Polizeibeamte Döding fürchtet, dass da „keine Perspektive ist, die zu einer Verhaltensänderung führt“. Immer wieder versucht er zu überzeugen. „Aber ich bin nicht Pastor, sondern Polizist“, so der 62-Jährige. Die Leute würden die zehn Euro Verwarngeld zahlen und weiterfahren wie vorher. Wie an einer Mautstelle. „Viel zu viele Radfahrer meinen einfach, Verkehrsregeln seien bloß eine Handlungsempfehlung.“

Wenig Freude: Das Radfahren auf der Pferdebachstraße im Bereich der Großbaustelle ist wegen der Beschilderung ein schwieriges Vorhaben in Witten.
Wenig Freude: Das Radfahren auf der Pferdebachstraße im Bereich der Großbaustelle ist wegen der Beschilderung ein schwieriges Vorhaben in Witten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka


Stadt und Polizei bitten zum Schulbeginn am heutigen Mittwoch deutlich darum, dass in der engen Baustelle alle Rücksicht nehmen müssen: der motorisierte Verkehr, Radfahrer und Fußgänger. Radfahrer sollten die ausgeschilderte Umleitung auch nutzen.

Diese führt von der Stadt aus kommend über das Ledderken, die Gregor-Boecker-Straße und die Leostraße zur Pferdebach, die man in Richtung EvK wieder hochstrampeln müsste. Weil auch der Rheinische Esel von der Baustelle unterbrochen wird, gibt es auch dort Umleitungen, über die Achse Ledderken - Ardeystraße und Mannesmannstraße (Werkstadtgelände).

Radlerin findet Umleitungsschilder nicht


Der Praxistest durch den Schilderwald zeigt die Schwächen des Systems: Das Radfahrer-Verboten-Schild an der Ardeystraße und die Umleitung zum Ledderken sind schnell zu finden. Danach fehlen aber Schilder. Notgedrungen wähle ich einen Weg durch den Schwesternpark, um dann mitten in der Baustelle vorm EvK zu landen, aus der ich (fahrend) nicht mehr hinauskomme. Kann man dann Schuldbewusstsein erwarten?

Ortstermin an der Pferdebachstraße: Polizei, Planungs- und Tiefbauamt sowie ADFC besprechen Verbesserungsvorschläge. Rechts: Polizeihauptkommissar Jörg Döning.
Ortstermin an der Pferdebachstraße: Polizei, Planungs- und Tiefbauamt sowie ADFC besprechen Verbesserungsvorschläge. Rechts: Polizeihauptkommissar Jörg Döning. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka


Susanne Rühl, Vorsitzende des ADFC EN, argumentiert: „Solange die Radfahrer nicht wissen, wo sie fahren können, werden sie immer Angst haben und dann auch Fehlentscheidungen treffen.“

Umleitungsschilder werden umgetreten oder weggeworfen

In der Tat haben Planungs- und Tiefbauamt große Schwierigkeiten mit der Umleitung, so dessen Leiter Jan Raatz. Ein Fehler sei es gewesen, beim Start der Baustelle nur eine Umleitung für die Nutzer des Rheinischen Esels auszuschildern. Dabei radeln viele – besonders Studenten – von der City aus in Richtung Uni. Schnell wurde nachgebessert und die Umleitung über das Ledderken eingerichtet.

So soll es sein: Jasmin Markus (28) und Jan Poser (28) schieben ihr Rad durch die Baustelle.
So soll es sein: Jasmin Markus (28) und Jan Poser (28) schieben ihr Rad durch die Baustelle. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka



Doch die Beschilderung sei starkem Vandalismus ausgesetzt. Immer wieder würden Schilder umgetreten, die Absperrbaken weggetragen oder ins Gebüsch geschmissen. Manche habe man 100 Meter weiter am Rande des Esels entdeckt. „Es ist für uns ein Riesenaufwand, ständig neu auszuschildern“, sagt er. Die Absperrung Ardeystraße/Ledderken musste das Amt mehrfach erneuern. Inzwischen wurde nur eine kleine Einfahrt für Radler freigelassen, weil mancher mit Mofa oder Auto versucht hätte, diesen Weg zu nehmen. Jan Raatz betont: „So bald wie möglich wird die Umleitungsbeschilderung für Radfahrer angepasst und auf eine Alternativstrecke in Richtung Universität ausdrücklich hingewiesen. Diese wird dann auch angenehmer zu fahren sein als der Weg durch die Baustelle.“