Wattenscheid. Der runde Löffel wird zum Verzehr der Suppe genommen. Der letzte Rest selbiger darf, wenn eine Tasse gereicht worden ist, sogar ausgetrunken — nicht geschlürft ! – werden. Das Besteck wird von außen nach innen benutzt. Beim Tischdecken geht es genau anders herum: Der Gastgeber legt zuerst die großen Bestecke, danach die für die Vorspeisen. Eine Kunst, die viele Menschen, ob alt oder jung, nicht unbedingt bis ins Kleinste beherrschen.
Wie benehme ich mich im vornehmen Restaurant? Wenn ich eingeladen bin, mich in großer Gesellschaft befinde? Oder beim noblen Geschäftsessen? Den Benimm-Knigge üben gerade elf Mädchen und Jungen der Fröbelschule an der Sommerdellen-straße, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Gecoached werden sie von Sabine Napieralla, einer Trainerin für Umgangskultur.
Klassenlehrer Jörg Beyer ist begeistert, was die Schüler/innen inzwischen drauf haben. Immerhin werden sie in der kommenden Woche in einem renommierten Bochumer Restaurant zeigen, dass sich 1a bei Tisch verhalten.
Dieser vom Malteser Hilfsdienst geförderte BenimmKurs zählt, so Lehrer Beyer, in die Projektreihe „Startklar“, die die Mädchen und Jungen auf den Einstieg in den Beruf vorbereiten soll. Beyer: „Dazu gehört auch ein Benimm-Kurs.“ In vier Mal 90 Minuten – nach dem täglichen, regulären Unterricht, also quasi in der Freizeit – üben die elf Schüler/innen aus den Klassen neun und zehn im Kompaktkurs Umgangsformen. Hier geht es nicht nur um das Benehmen bei Tisch, sondern auch um das äußere Erscheinungsbild, die Kleidung, die Kommunikation, etwa die Begrüßung, das Verhalten im Aufzug. Manieren, die für einen erfolgreichen Start in den Beruf, in die Ausbildung unerlässlich sind.
Knigge-Trainerin Sabine Napieralla weiß, wie es um Stil und Etikette bestellt ist. Und sie weiß auch, dass das erste Mal das schlimmste Mal ist. Deshalb der Besuch zu Kursabschluss im vornehmen Lokal. „Hier bauen die Jugendlichen die Schwellenängste ab. Wenn sie spüren, dass sie sich richtig verhalten, stärkt das ihr Selbstbewusstsein ungemein.“
Spricht’s und fährt fort mit dem Unterricht: die Textil-Serviette. Diese wird nicht einfach auf den Schoß geschmissen, sondern entsprechend gefaltet und nur mit der Innenseite putzt man sich den Mund ab. Immer dann, wenn ein Schluck aus dem Glas genommen wird. Damit der Kelch keine Speise- und Fettflecken abkriegt. Tischmanieren fangen übrigens mit dem richtigen Sitzen an. Da helfen die Maus „Maus“ und der Stoffhund „Dagobert“. Hinterm Rücken muss die Maus noch Platz haben, also gerade sitzen. Nach vorn, zum Tisch hin, sollte der Abstand stoffhundbreit sein. Und, ganz wichtig: man führt den Mund nicht zum Essen, sondern das Essen zum Mund.
Die Maus im Rücken
Um dem Gesagten noch mehr Aus- und Nachdruck zu verleihen, wird mit Besteck, Serviette, Tellern und Suppentassen geübt. Die Schüler setzen sich ans Pult und demonstrieren den Umgang mit dem Fisch-, dem Buttermesser und dem runden Löffel. Die Maus im Rücken, den Hund auf dem Schoß. Wichtig: die Serviette.
Sabine Napieralla formuliert es frei nach Adolph Freiherr Knigge: „Wer die Gesellschaft nicht entbehren kann, soll sich ihren Gebräuchen unterwerfen, weil sie mächtiger ist als er.“