Wattenscheid/Mülheim..
Uhu-Beobachtungen in freier Wildbahn sind selten. Seit Tagen zeigt sich – laut Nabu – aber ein Uhu auch tagsüber in Mülheim. Jetzt wird vermutet, dass es der aus dem Stadtgarten in Wattenscheid ausgebüxte Vogel ist. Das Verhalten des streng geschützten Greifvogels ist laut Nabu erstaunlich, „weil der Vogel kein normales Fluchtverhalten zeigt. Experten vermuten, dass es sich um einen Gefangenschaftsflüchtling handelt.“ In den vergangenen Tagen habe der Vogel aber bewiesen, dass er draußen auch auf sich gestellt überleben kann: Er wurde mehrfach beim Verspeisen (Kröpfen) selbst gefangener Beute (Taube und Eichhörnchen) beobachtet.
Beim Rätselraten um die Herkunft des Uhus, der sich seit einigen Wochen in Saarn sehr wohl fühlt, gab eine WAZ-Leserin aus Wattenscheid einen interessanten Hinweis. Sie erinnerte sich nämlich an einen Bericht aus dem Vogelpark im Wattenscheider Stadtgarten: Ein dort gehaltener Uhu konnte wegfliegen, nachdem am 25. November 2011 vier Volieren aufgebrochen worden waren – darunter auch das Uhu-Gehege. Der abgängige Uhu, ein weibliches Tier, sorgte in der Hellwegstadt für Aufsehen, weil er, beziehungsweise sie, sich ohne Scheu von den Menschen betrachten und fotografieren ließ.
Könnte es derselbe Vogel sein? Darüber kann man nur spekulieren. Möglich wäre es schon, denn das Verhalten des „Saarner Uhus“ zeigt, dass der Raubvogel an Menschen gewöhnt ist. Die in Wattenscheid entflogene große Eule ist noch bis zum März dieses Jahres in der Alten Freiheit, am liebsten in der Nähe des Gertrudenhofs, beobachtet worden. Das Uhu-Männchen, der Partner der flüchtigen Eule, wird noch im Vogelpark des Stadtgartens gehalten.
Gerald Sell, Förster der Stadt Bochum, berichtet, dass alle Fangversuche fehlgeschlagen seien: Der Vogel ließ sich einfach nicht anlocken. Das Verschwinden des Weibchens im März könnte mit dem Beginn der Brutzeit zusammenhängen, meint er, und die Strecke nach Mülheim ist für einen Uhu keine Distanz. Der Vogel, der viele Jahre in einer Voliere gehalten wurde, hat offenbar nicht seine Fähigkeit verloren, Beute zu schlagen. Das Speiseangebot ist auch in einer Stadt groß: „Ratten, Krähen und Tauben – da greift ein Uhu gerne zu“, erläutert Förster Gerald Sell. Der Uhu aus dem Vogelpark ist nicht der einzige, der sich wieder in freier Wildbahn tummelt: Auch dem Wattenscheider Falkner Ralf Tommek fehlt so ein Vogel – schon seit eineinhalb Jahren. Sein Uhu wurde von Hand aufgezogen, ist nicht menschenscheu. Doch in Freiheit fühlt sich auch dieser Vogel – ein acht Jahre altes Männchen – wohl. Da Ralf Tommeks Uhu beringt ist und zugeordnet werden kann, schätzt der Falkner, dass das Tier noch lebt.
Jetzt jedenfalls ist der Uhu der neue Star in Mülheim-Saarn – und macht daraus kein großes Federlesen. Anwohnerin Christa Koch hat, wie die meisten anderen Saarner Mitbürger, noch nie einen Uhu in freier Wildbahn gesehen. „Wenn er da ist, bleibt er immer für mehrere Stunden sitzen, auch am Tag“, staunt sie. „Ich wüsste doch zu gern, warum der hier ist. Normal ist das ja nicht.“