Wattenscheid..

Am Morgen haben sie im Radio Regen angesagt. An solchen Tagen verzichtet Reiner Stoepel auf sein Fahrrad, bei schlechtem Wetter fährt er mit der Straßenbahn. Vier Haltestellen trennen die Wache, wo er den Bürokram erledigt, von seinem Bezirk. Die Heide – Stoepel kennt hier so ziemlich jeden Stein. Nicht nur, weil er seit vier Jahren fast täglich im Wattenscheider Osten patrouilliert, sondern auch, weil er hier aufgewachsen ist und noch immer hier lebt.

Stoepel (53) ist in der Heide der Dorfscheriff zum Duzen. „Ich käme mir komisch vor, wenn ich mich von Leuten, die ich seit Jahrzehnten kenne, als Herr Stoepel ansprechen lassen würde.“ In seinem Bezirk kennt man sich. Aus dem Kindergarten, der Schule, der Kirchengemeinde, dem Sportverein. „Es ist alles zentral hier“, sagt Stoepel, und das unterscheide die Heide von dem zweiten Teil seines Bezirks, Goldhamme auf Bochumer Gebiet, wo vor allem Migranten wohnen.

Ein Wohnhaus an der Vieting-straße. Ein Baugerüst davor, Handwerker renovieren die Fassade. Anwohner haben sich kürzlich beschwert, dass Lkw die Zufahrten blockieren, wenn sie Material anliefern. Der Bauleiter gibt sich einsichtig. „Wir passen auf, dass das nicht noch mal passiert“, verspricht er Stoepel. Der Polizist ist zufrieden: „Wenn man drüber quasselt, kann man solche Kleinigkeiten beiläufig regeln.“ Auch rechts und links der Dickebankstraße gibt es immer wieder Beschwerden. Die Straße werde als Raserstrecke missbraucht. Für das Empfinden hat Stoepel Verständnis. Indes: Die Kontrollen hätten etwas anderes ergeben. Zwar gebe es „immer wieder Ausreißer“. Aber gravierend oft seien Raser auf der Dickebankstraße nicht unterwegs.

Wo viele Menschen sind, sorgen Autos für Probleme. Das ist auch an der Geitlingstraße so. Die Wohnhäuser, die St. Joseph-Kirche und der Kindergarten sorgen für Verkehr. „Bei großen Gottesdiensten wird’s mit den Parkplätzen eng“, sagt Pastor Klaus Reiermann. Wenn Stoepel seine Runde macht, klingelt er oft bei ihm. Ein wichtiger Austausch, denn nicht nur Polizisten, auch Geistliche kennen viele Menschen. „Bei Aldi ist doch ein großer Parkplatz“, sagt Stoepel, aber davon will Reiermann nichts wissen: „Der ist zu weit weg.“

Die nächste Station auf Reiner Stoepels Tour ist der Centrumplatz. In den Betreuungsangeboten der Diakonie und ringsum leben viele Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen. Ab und an kommt mal einer eine Nacht nicht nach Hause, dann sind sie froh um den guten Draht zur Polizei. „Bevor man die große Keule schwingt, ist der kurze Dienstweg über Herrn Stoepel besser“, sagt Heike Grontzki, die Leiterin der Fünf-Tage-Gruppe, in der Heranwachsende von Sonntag bis Freitag betreut werden. Der Centrumplatz selbst dient vielen Jugendlichen als Treffpunkt. Nicht nur denen aus den Einrichtungen, sondern auch denen aus dem Stadtteil. „Viele Erwachsene stehen auf dem Standpunkt: Die sollen sich treffen, aber nicht vor meiner Haustür“, so Grontzki. Die Anwohner fürchteten Müll und Lärm. Es ginge in solchen Fällen darum, Kompromisse zu finden, sagt Stoepel. „Die Jugendlichen sollen sich treffen dürfen.“ Aber eben auch die Musik nicht so laut aufdrehen.