Velbert. Am Freitag gibt es die Halbjahreszeugnisse. Wir haben mit Schulleitern und Schülern gesprochen. Was bei schlechten Noten (außer „mehr Lernen“) zu tun ist.
Am morgigen Freitag ist wieder der Tag, auf den sich einige Schüler freuen und den andere mit gemischten Gefühlen oder sogar Angst erwarten: Es gibt Halbjahreszeugnisse. Für die einen sind sie eine Bestätigung harter Arbeit, bei manchen gibt es vielleicht sogar kleine Belohnungen von Eltern und Großeltern, andere müssen mit Stress rechnen, wenn sie nach Hause kommen. Wir wollten wissen, wie die Schulen und Schüler mit dem Thema umgehen.
Antje Häusler, Leiterin der Gesamtschule Velbert-Mitte, glaubt nicht, dass ihre Schüler Angst vor dem Zeugnis haben und betont, dass „die Schüler im Vorfeld gut informiert sind über ihre Noten und sie wissen, wie sie stehen“. Eine Schülerin stimmt dieser Aussage zu. Sie verrät, dass für sie das Halbjahreszeugnis nur dazu dient, um ihr zu zeigen, worin sie sich bis zum Ende des Jahres verbessern kann.
Neben Noten spielt an Velberter Schule das soziale Engagement eine Rolle
Besonders wichtig ist für Häusler, dass nicht nur die Noten eine Rolle für die Bewertung eines Schülers spielen, sondern ebenfalls das soziale Engagement und der Umgang mit anderen Schülerinnen und Schülern. Bei einer Veranstaltung der Gesamtschule Velbert-Mitte für die Jahrgangsstufen 5 und 6 werden nicht nur Auszeichnungen für gute Noten verliehen. Hier werden außerdem soziale Leistungen belohnt.
Aber an wen können sich die Schüler wenden, wenn sie Sorgen oder Probleme in Bezug auf ihre Noten haben? Sowohl Antje Häusler als auch Conrad Aust, Schulleiter des Nikolaus-Ehlen-Gymnasiums (NEG), und Olaf Korte, der die Realschule Kastanienallee leitet, betonen, dass es an ihren Schulen Ansprechpersonen, wie beispielsweise Sozialarbeiter, gibt. Oftmals würden sich Schüler aber lieber direkt an ihre Fachlehrer wenden, berichtet Korte, da diese ihre schulischen Fortschritte besser kennen würden. Ein weiterer Weg, um Schüler und Schülerinnen bei Herausforderungen in ihrer Schullaufbahn zu unterstützen, sei es, einen Beratungslehrer aufzusuchen.
Bei vermeintlich ungerechten Noten kann Einspruch eingelegt werden
Aber was passiert, wenn sich ein Schüler ungerecht benotet fühlt? Korte erläutert, dass es laut Gesetz durchaus möglich sei, Einspruch zu erheben. Besonders, wenn eine Note fälschlicherweise vergeben wurde. Die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Fachlehrer sollte jedoch an erster Stelle stehen, so Häusler. Conrad Aust weiß aus Erfahrung: „Wenn einem Schüler eine unrealistische Note gegeben wurde, dann liegt das normalerweise an einem Fehler im Notenprogramm der Lehrperson.“ Das werde dann selbstverständlich korrigiert. Angst vor einer unverdienten Note müssten die Schüler also nicht haben.
Velberter Schülern fehlt die Gelassenheit von früher
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Die drei Schulleiter, die über langjährige Erfahrungen verfügen, stimmen darin überein, dass die Struktur des Schulsystems weitgehend unverändert geblieben sei. Die Anforderungen, der Unterrichtsinhalt und auch die Notenvergaben seien in all den Jahren, so sagen sie, im Wesentlichen gleich geblieben. Allerdings gebe es auch interessante Perspektiven auf Veränderungen, insbesondere in Bezug auf den emotionalen Stress, den Schüler heutzutage erleben.
Aust bringt einen weiteren Punkt zur Sprache: „Inhaltlich ist vieles gleich geblieben, aber es fehlt eine gewisse Gelassenheit, die wir früher hatten.“ Seiner Meinung nach sind Schüler heute einem deutlich stärkerem Druck ausgesetzt. Viele würden nach nur einer schlechten Note an sich zweifeln.
Zwischen G8 und G9: Schulleiter sieht entscheidende Verbesserung
Besonders in Bezug auf das wiedereingeführte G9-Modell, bei dem Schüler nun erneut 13 statt nur zwölf Jahre im Gymnasium verbringen, sieht Aust eine entscheidende Verbesserung. Durch das zusätzliche Jahr bekommen die Schüler mehr Zeit, um sich zu entwickeln. Diese erweiterte Schulzeit hat laut dem Direktor des Nikolaus-Ehlen-Gymnasiums nicht nur den Vorteil, dass die Schüler besser vorbereitet in die Oberstufe kommen. Die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern sei auf diese Weise reifer und konstruktiver. Eine NEG-Schülerin stimmt zu: „Ich find‘s unvorstellbar, dass ich, wenn ich G8 wäre, jetzt schon für mein Abi lernen müsste.“ Sie fände es „krass“, mit 16 schon Klausuren zu schreiben, die mit in das Abi einfließen.
Abschließend betonen jedoch alle befragten Schulleiter und Schulleiterinnen: Noten sind nicht alles. Unabhängig von den Ergebnissen, die ein Schüler erzielt, bleibt er oder sie immer ein Teil der Schulgemeinschaft. Die Schulleiter unterstreichen, „dass jeder Schüler – unabhängig von guten oder schlechten Noten – den gleichen Respekt und die gleiche Wertschätzung verdient wie alle anderen“. Der Wert eines Menschen werde nicht an seinen akademischen Leistungen festgemacht.