Velbert. Döner sollen in der EU künftig nach einheitlichen Vorgaben hergestellt werden. Velberter Imbiss-Besitzer sind damit alles andere als glücklich.

Die Imbisse entlang der Velberter Einkaufsstraße sind ein Hotspot für Dönerliebhaber. Zur Mittagszeit herrscht hier reger Andrang – und Riza Aksu, Besitzer von „AS Kebap Döner & mehr“, bereitet jeden Döner mit Sorgfalt zu, damit auch alle Kunden zufrieden sind. Ob das auch zukünftig so bleiben wird, liegt nicht an ihm, sondern am Ergebnis des sogenannten Döner-Streits zwischen der Türkei und Deutschland.

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Auf Antrag des Internationalen Dönerverbandes (UDOFED) soll das Dönerfleisch, wie es viele Velberter aus ihren Lieblings-Imbissen kennen, in der gesamten Europäischen Union einheitlich zubereitet werden. Ob der Döner daraufhin als „garantiert traditionelle Spezialität“ in der EU anerkannt werden soll, ist jedoch umstritten zwischen der deutschen und türkischen Dönerlobby.

Zur Mittagszeit herrscht hier reger Andrang und Riza Aksu, Besitzer von „AS Kebap Döner & mehr“, bereitet jeden Döner mit Sorgfalt zu.
Zur Mittagszeit herrscht hier reger Andrang und Riza Aksu, Besitzer von „AS Kebap Döner & mehr“, bereitet jeden Döner mit Sorgfalt zu. © WAZ | Samantha Dixon

Bei Dönerspießen müsste nach den geplanten Vorgaben das Fleisch von Rind, Schaf oder Hähnchen verwendet werden. Für die Marinade würde es dann ebenfalls Regeln zu zulässigen Zutaten und Marinierzeit geben. Auch die Fleischdicke beim Schneiden wäre wichtig. Und: Pute oder vegetarisch beispielsweise wären dann nicht mehr erlaubt.

Aksu schüttelt den Kopf – und auch sein Kunde, der gerade zu Mittag isst, versteht den Streit nicht, denn Rizas Dönerfleisch wird in Deutschland hergestellt. „Das kann doch dann der Türkei egal sein.“

Europaweite Richtlinien für Döner, Serrano-Schinken und Pizza

Wenn der Döner-Antrag genehmigt wird, sieht Ali Senaydin von „Ocakbaşı“ schlechte Verkaufszahlen in Velbert kommen.
Wenn der Döner-Antrag genehmigt wird, sieht Ali Senaydin von „Ocakbaşı“ schlechte Verkaufszahlen in Velbert kommen. © WAZ | Samantha Dixon

Ganz so einfach ist es nicht. Sollte dem Antrag aus der Türkei stattgegeben werden, müssten sich europaweit die Döner-Imbisse umstrukturieren und die Kunden eventuell auf einen neuen Lieblingsdöner umstellen. Ähnlich haben sich Spanien und Italien durchgesetzt und landestypische Spezialitäten nach einheitlichen Richtlinien verlangt. So müssen Serrano-Schinken und Pizza Napoletana entweder nach traditionellem Rezept hergestellt oder unter anderem Namen verkauft werden.

Wer profitiert von diesem Döner-Antrag?

Dönerhersteller aus der Türkei würden vom Antrag weniger profitieren, da die türkische Dönerindustrie aus vielen kleinen Händlern besteht. Im Gegensatz dazu können größere europäische Unternehmen in Polen und Deutschland, die den deutschen Dönerbedarf decken, eine türkische Einwanderungsgeschichte nachweisen. Das Bundeswirtschaftsministerium befürchtet „spürbare wirtschaftliche Folgen“ durch den Markteingriff. Auch der Gastronomieverband Dehoga sieht dies ähnlich. Der Verein türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID) zweifelt, ob man einen einheitlichen Begriff einfach ändern kann. Ministerium, Dehoga und ATDID haben daher Einspruch bei der EU-Kommission eingelegt und warten auf deren Entscheidung.

Döner-Tradition beeinflusst Kosten und Geschmack

Keine Frage: Der Döner ist auch in Velbert eine der Lieblingsspeisen der Einwohner. Auch Riza Aksu hofft, dass „alles so bleibt wie jetzt. Lammfleisch, zum Beispiel, ist viel zu teuer.“ Die Döner-Verkäufer in der Türkei, so berichtet er, „schneiden vielleicht drei Scheiben Lammfleisch, nutzen keine Soßen und kaum Gemüse“. Die Döner, die bei ihm gekauft werden, schmecken den Kunden so, wie sie von ihm zubereitet werden. Eine einheitliche Regelung könnte Verkaufszahlen ändern und Kosten erhöhen.

Was die individuellen Döner-Soßen betrifft, wäre eine einheitliche Regelung nachteilig für die Kunden im „Ocakbaşı“, die am liebsten das bestellen, was ihnen schmeckt.
Was die individuellen Döner-Soßen betrifft, wäre eine einheitliche Regelung nachteilig für die Kunden im „Ocakbaşı“, die am liebsten das bestellen, was ihnen schmeckt. © WAZ | Samantha Dixon

Das befürchtet auch Ali Senaydin, Besitzer des „Ocakbaşı“, denn „die Menschen haben sich an den Geschmack des Döners gewöhnt“. Auch was seine individuellen Soßen betrifft, wäre eine einheitliche Regelung nachteilig für die Kunden, die am liebsten das bestellen, was ihnen schmeckt. „Ich kenne Dönerläden da gibt es Avocado-Soße und das müsste dann auch raus.“

Wie sich der Döner in Velbert verändert

Ungeklärte Döner-Herkunft

Der Autor und Soziologe Eberhard Seidel erklärt, dass der Döner Kebab viel älter ist als die Türkei selbst ist. Er entstand im 19. Jahrhundert im Osmanischen Reich, in dem verschiedene Ethnien wie Griechen, Araber, Armenier und Kurden lebten. 

Die Anfänge des deutschen Döners gehen auf die Zuwanderung türkischer Gastarbeiter in den 1950er- und 1960er-Jahren zurück. Als in den 1970ern viele Gastarbeiter ihre Jobs verloren, eröffneten sie Imbissbuden in Großstädten und verkauften dort den Döner in deutscher Variante – mit mehr Fleisch, Gemüse, Soße und weniger Brot. So entwickelte sich der deutsche Döner zu einem eigenständigen Gericht. 

„Wenn der Döner nach Deutschland kommt, dann verändert sich selbstverständlich auch der Geschmack,“ merkt Rizas Kunde, ein Velberter Rechtsanwalt, an. „Das ist wie bei Dialekten. Die sind auch individuell, je nachdem woher jemand kommt. Und das soll dann bei dem Döner anders sein?“

Ob sich die Velberter auf die Umstellung ihres Lieblingsdöners einstellen müssen, bleibt abzuwarten.