Velbert. Michael und Ute Langensiepen feiern mit ihrer Konditorei 85-jähriges Bestehen. Weshalb sie ihre Arbeit lieben und was sie sich wünschen.
Velbert ohne die Konditorei Langensiepen? Das können sich die meisten nicht vorstellen. Ob ein Stückchen mit der Familie sonntags daheim oder aber ein Besuch in dem gemütlichen Café gehört für viele schon zur Tradition. Bei Langensiepen taucht man ein in den Charme einer vergangenen Zeit und kommt in den Genuss von Torten, Kuchen und Gebäck mit Rezepten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Auch an diesem frühen Nachmittag mitten in der Woche, an dem ein grauer Herbsttag welkes Laub über die Straßen fegt, ist es in der Traditionskonditorei rappelvoll. „Sowas weiß man vorher nie“, sagt Chef Michael Langensiepen gelassen.
Denn er weiß, auf sein Team ist Verlass. Ob die Aushilfen hinter dem Tresen, die Bedienungen im Café oder seine beiden Gesellinnen und seine Auszubildende in der Backstube und erst recht seine Frau Ute. „Ohne das Team würde das alles hier gar nicht gehen“, betont er. „Da sind wir schon sehr dankbar für.“ Dennoch, trotz gutem und zuverlässigen Personal, ans Ausruhen ist für Langensiepens nicht zu denken. An sechs Tagen die Woche arbeiten sie täglich etwa 12 Stunden, manches Mal auch an sieben Tagen. Schwer fällt das Michael Langensiepen und seiner Frau nicht, denn für beide ist es mehr als nur ein Beruf: „Es ist eine Leidenschaft.“
Velberter Konditorei Langensiepen gibt es seit 85 Jahren
Was genau Michael Langensiepen an seinem Arbeitstag am liebsten mag, das kann er gar nicht benennen. „Das Abwechslungsreiche“, sagt er dann nach einer kurzen Überlegung. „Hier ist kein Tag wie der andere.“ Das bestätigt auch seine Frau. Und dennoch haben sie eine Routine, einen genauen Plan, was wann gemacht wird. „Morgens stelle ich immer die Torten frisch her“. Los geht‘s um 7 Uhr. „Und nachmittags bleibt dann Zeit, um andere Dinge vorzubereiten.“ Mal ist es dann Spritzgebäck, mal Spekulatius oder Hexenhäuschen. Je nach Saison wechseln da die Aufgaben.
Der Tag von Ute und Michael Langensiepen ist eng getaktet. Zeit für viele gemeinsame Momente bleibt da nicht. „Wir arbeiten hier gut aneinander vorbei“, sagt der Konditormeister lachend. „Ich bin in der Backstube und meine Frau schmeißt den Laden vorn.“ Dennoch, immer wieder wirft auch er einen Blick in seine Konditorei, freut sich, mit bekannten Gesichtern auch mal ein paar Worte zu wechseln und sich vor allem zu vergewissern, dass alle zufrieden sind. „Dass wir jeden Tag reibungslos über die Bühne bekommen, dafür leben wir.“
Denn das ist dem Inhaber des Familienunternehmens wichtig. Ohnehin fühlt sich der 63-Jährige in der Verantwortung. Denn die Konditorei Langensiepen gibt es mittlerweile seit 85 Jahren (am 11. November 1939 wurde Eröffnung gefeiert) und sie ist die einzige, die in Velbert, nachdem die Süße Ecke im Sommer dieses Jahres geschlossen hatte, übrig geblieben ist. „Und da bin ich gar nicht mal dankbar drum“, sagt Michael Langensiepen. Denn schon vorher hatte er ausreichend zu tun. „Zudem ist das ja so wie mit einem Fußballverein. Wenn man Fan von Schalke ist, wechselt man auch nicht einfach so zu Borussia.“ So kommen Kunden, die bislang stets treuer Genießer von Torten der Süßen Ecke waren, mit Wünschen, die Langensiepens nicht erfüllen können. „Wir haben unsere Rezepte und unser Sortiment“ und da halten sie auch dran fest.
Langensiepen ist letzte Konditorei in Velbert
„Früher hatten wir so viele Konditoreien, dass wir einen eigenen Kegelverein hatten“, erinnert sich Michael Langensiepen, der nun als letzter Konditor in seiner Familie übrig geblieben ist. Eine Nachfolge-Generation gibt es auch für diese Velberter Konditorei nicht. Wobei Langensiepens zwei Töchter haben, „die aber etwas ganz anderes machen.“ Auch die beiden Gesellinnen, die Langensiepen angestellt hat, möchten den Betrieb nicht übernehmen. „Wenn ich kann, mache ich noch zehn Jahre weiter“, sagt der Konditormeister mit einem energischen Funkeln in den Augen „Ich kann mir ein Leben ohne die Arbeit hier gar nicht vorstellen.“ Und wenn man ihn so ansieht, gibt es wenig Zweifel, dass es Langensiepen an der Bahnhofstraße noch lange gibt. Seine Frau, die gelernte Industriekauffrau ist, ist da „ein bisschen pragmatischer“. Sie sagt: „Wenn es nicht mehr geht, dann geht‘s eben nicht mehr.“ Bei dem Gedanken fasst sich Michael Langensiepen ans Herz. „Da mag ich gar nicht dran denken.“
Denn er ist, als dritte Generation, mit der Konditorei groß geworden. Und auch wenn, das betont er, seine Eltern ihm stets freie Wahl gelassen haben, „kam für mich nie etwas anderes infrage, als den Betrieb zu übernehmen.“ Und so war auch Ute Langensiepen schnell klar: Wenn sie ihren Michael heiratet, heiratet sie den ganzen Betrieb mit. Seit 1980 arbeitet Michael Langensiepen in der Konditorei seiner Eltern und des Großvaters, seine Ausbildung begann er 1977 in Wuppertal. 2001 übernahm er den Betrieb dann von seinem Vater. Doch er und auch Michael Langensiepens Mutter Inge halfen bis kurz vor ihrem Tod mit.
Ehepaar Langensiepen ist dankbar und bescheiden
Kaffeeklatsch immer mittwochs
Zum 75-Jährigen hatte Langensiepen das Angebot vom Kaffeeklatsch ins Leben gerufen. Für ein Jahr sollte es zu einem Stück Torte Filterkaffee satt geben. Das Angebot sollte es ein Jahr geben. „Damals war mittwochs immer tote Hose“, erinnert sich Michael Langensiepen. Nun gibt es das Angebot seit 10 Jahren. Ein Stück Torte oder Kuchen nach Wahl kostet mit Filterkaffee „so viel man möchte“ derzeit 5,90 Euro.
Die Konditorei Langensiepen an der Bahnhofstraße 22 hat montags Ruhetag. Dienstags bis freitags ist von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Samstags und sonntags von 10 bis 17.30 Uhr. Telefonisch ist die Konditorei unter der Rufnummer 0205152259 erreichbar.
Noch geht es dem Paar gut, „und da bin ich wirklich dankbar für“, sagt Michael Langensiepen. „Mittlerweile bin ich wirklich sehr bescheiden geworden.“ Vor allem Ute Langensiepen kümmert sich darum, dass die Zwei sich gesund ernähren. „Oft frage ich mich, wie sie das noch schafft und sage, lass das mit dem Kochen, es reicht auch ein Bütterchen.“ Doch da ist Ute Langensiepen konsequent. „Wir wohnen ja direkt oben drüber, da kann ich zwischendurch auch mal eben Kartoffeln schnibbeln.“ Frisches Gemüse, das gibt es jeden Tag. Und auch wenn Michael Langensiepen gerne süß isst, zwischendurch naschen, das macht er nie. „Ich habe noch nie meinen Finger abgeleckt, so wurde ich erzogen.“ Und nein, auch das erste Stück einer Torte darf es nie für ihn sein. „Wenn mal ein Stück übrig bleibt, dann esse ich es. Meist dann, wenn ich den Backplan für den kommenden Tag erstelle, die Sorte ist da für mich nebensächlich“. Auch hier bleibt Michael Langensiepen eben bescheiden.
Genauso übrigens, wie mit der Wahl des Urlaubs. „Im Sommer schließen wir für drei Wochen, dann geht es ins Sauerland. Wir haben so viel in der Welt gesehen, wir wollen einfach nur an einen Ort, an dem wir unsere Ruhe haben.“ Zudem schließt die Konditorei nach den Weihnachtsfeiertagen für ein paar Tage. Und auch, wenn manche Tage eine Herausforderung sind: „Ich weiß nicht, was wir hätten anders machen sollen.“ Für die Zukunft haben die beiden nur zwei Wünsche: „Gesund bleiben und so lange es geht weitermachen.“