Langenberg. Auf der Suche nach Futter oder sicheren Plätzen überqueren Tiere verstärkt die Straßen. Was Autofahrende beachten sollten, erläutert ein Experte.

Plötzlich ist es passiert: Ein Reh springt unerwartet aus dem kleinen Waldstück auf die Straße, ausweichen oder gar bremsen unmöglich. Es kracht. Gerade bei uns, rund um Langenberg, gibt es zahlreiche Straßen außerhalb der Wohnbebauung. Und auf denen ist jetzt im Herbst wieder erhöhte Vorsicht geboten. Frühe Dämmerung und regennasse Straßen sind schon Grund genug, sich beim Autofahren zu konzentrieren. Hinzu kommen eben Tiere, die unberechenbar auf die Straße laufen können.

„Wildunfälle können grundsätzlich das ganze Jahr über passieren“, sagt dazu Philipp Mathey. Er ist Pressesprecher des Automobil-Club Verkehr (ACV). Doch jetzt sei das Risiko deutlich erhöht. „Verantwortlich dafür sind die kürzeren Tage, die Dämmerung während der Hauptverkehrszeiten sowie die verstärkte Aktivität der Wildtiere, die auf der Suche nach Futter und sicheren Überwinterungsplätzen sind.“

Besondere Vorsicht gilt, wenn die Straße durch Wald oder entlang von Feldern führt.
Besondere Vorsicht gilt, wenn die Straße durch Wald oder entlang von Feldern führt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Deswegen gelte für Autofahrende: Immer - und jetzt im Herbst besonders - umsichtig fahren und darauf gefasst sein, dass plötzlich ein Tier im Scheinwerferlicht auftaucht. Und weil viele Tierarten gerne in Gruppen unterwegs sind, sollte man stets auf Nachzügler gefasst sein.

Aufprall mit enormer Wucht

Um das Bewusstsein für diese Gefahren zu schärfen, hat der ACV vor einiger Zeit schon die Kampagne „Tiere kennen keine Verkehrsregeln“ gestartet, sagt dazu Philipp Mathey. Die Kampagne beinhalte eine „eindrucksvolle Berechnung“: Der Aufprall eines Rothirsches bei 60 km/h habe demnach die Wucht von fünf Tonnen – vergleichbar mit dem Gewicht eines ausgewachsenen Elefanten. „Dies zeigt, wie gravierend die Folgen eines Zusammenstoßes sein können.“

Was aber tun, wenn plötzlich Tiere auf der Straße sind? Sofort das Tempo drosseln, aber den nachfolgenden Verkehr beachten, raten die Experten. Und bloß nicht ohne Not scharf abbremsen. Das kann böse Folgen haben: Ein Gericht in München hatte einem Autofahrer zu 25 Prozent die Mitschuld an einem solchen Unfall gegeben, weil er für ein Eichhörnchen gebremst hatte (AZ 331 C 16026/13).

War es das oder kommt da noch mehr? Läuft ein Tier über die Straße, sollte man immer mit Nachzüglern rechnen.
War es das oder kommt da noch mehr? Läuft ein Tier über die Straße, sollte man immer mit Nachzüglern rechnen. © dpa-tmn | Arne Dedert

Immer den Verkehr im Blick haben

Anders sieht es aus, wenn die Tiere größer sind - etwa ein Reh oder ein Wildschwein. Denn dann beschädigt ein Zusammenstoß unter Umständen nicht nur das eigene Fahrzeug ganz erheblich. Der Unfall kann auch zu schweren Verletzungen der Insassen führen. In so einem Fall ist es wahrscheinlich, dass ein Gericht die Notbremsung als gerechtfertigt ansieht. Aber: Auch abrupt ausscheren oder die Spur wechseln, um einem Tier auszuweichen, ist gefährlich - besonders bei Gegenverkehr.

Nur muss es ja gar nicht erst so weit kommen. Besonders zwischen 6 und 8 Uhr sowie 17 und 20 Uhr sind die Tiere aktiv, ist die Gefahr von Wildtierbegegnungen hoch. Auch bei Nacht oder Nebel ist erhöhte Vorsicht geboten - erst recht, wenn die Straße durch unübersichtliche Waldgebiete oder an Feldränder entlang führt.

In solchen Bereichen gilt: Geschwindigkeit reduzieren, um eine längere Reaktionszeit und einen kürzeren Bremsweg zu ermöglichen. Taucht tatsächlich ein Tier am Straßenrand auf, erst einmal den Fuß vom Gaspedal nehmen und langsamer werden. Das Fernlicht gehört dann ausgeschaltet, um die Tiere nicht zu blenden. Betritt das Tier die Fahrbahn, hupen und weiter abbremsen.

Was tun, wenn es doch kracht?

Wer doch ein Tier überfährt oder mit einem zusammenprallt, sollte zunächst Ruhe bewahren, den Warnblinker einschalten, die Warnweste anziehen und – wie bei jedem Unfall – die Gefahrenstelle absichern, die Polizei rufen bzw. bei Verletzten auch einen Rettungswagen.

Lässt sich ein Unfall nicht vermeiden, zunächst die Unfallstelle absichern, dann die Polizei rufen.
Lässt sich ein Unfall nicht vermeiden, zunächst die Unfallstelle absichern, dann die Polizei rufen. © dpa | Hauke-Christian Dittrich

Was gar nicht geht: Ein totes Tier mitnehmen. Das gilt als Jagdwilderei und kann strafrechtlich verfolgt werden. Davon ab sollte das Tier, wenn überhaupt, dann nur mit Handschuhen angefasst werden. Besser auf die Profis warten, denn bei einem Wildunfall informiert die Polizei auch den zuständigen Jäger.

Unfall auch melden, wenn das Tier geflohen ist

Ist das Tier verletzt soll es auch nicht angefasst werden, raten die Experten. Denn verletztes Wild kann panisch reagieren und die Helferin oder den Helfer am Ende sogar verletzen.

Solche Schilder sollten unbedingt ernst genommen werden. Ab jetzt heißt es: bremsbereit sein.
Solche Schilder sollten unbedingt ernst genommen werden. Ab jetzt heißt es: bremsbereit sein. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Ein Wildunfall sollte übrigens auch dann gemeldet werden, wenn kein sichtbarer Schaden entstanden ist oder das Tier weggelaufen ist. Die Polizei oder ein Jäger können eine Wildunfallbescheinigung für die Versicherung ausstellen. Schäden am Fahrzeug, die durch typische Wildtiere verursacht wurden, werden in der Regel von der Kaskoversicherung übernommen.

Rücksicht auf Igel nehmen

Etwas kleiner, trotzdem genauso gefährdet, sind Igel. Die sind abends und nachts unterwegs in ihrem Revier, denn als Winterschläfer müssen sie sich rechtzeitig ein ausreichend großes Fettpolster anfressen. Das Revier kann bis zu einem Quadratkilometer groß sein und erstreckt sich dabei natürlich auch über Straßen hinweg.

Igel fliehen nicht, sondern rollen sich zusammen. Das hilft nur bei einem herannahenden Auto nicht.
Igel fliehen nicht, sondern rollen sich zusammen. Das hilft nur bei einem herannahenden Auto nicht. © dpa | Jonas Walzberg

Leider sind Igel keine Fluchttiere: Fühlen sie sich bedroht, rollen sie sich zusammen. Das hilft nur bei einem herannahenden Auto nicht. Deswegen sollten Autofahrende auch hier in Dämmerung und Dunkelheit vorbereitet sein und auf die stacheligen Vierbeiner Rücksicht nehmen.