Velbert. Politik soll erneut über Bebauungsplan entscheiden. Fraktion sieht bei weiterer Ablehnung Schaden von bis zu 17 Millionen Euro für die Stadt.

Wir schreiben das Jahr 2017: Der Platz am Offers präsentiert sich noch im alten Erscheinungsbild, einige Schritte weiter wird gerade die Stadtgalerie als Hoffnungsträger für die Zukunft der Velberter Innenstadt gebaut und im Stadtrat werden die Weichen für ein neues Gewerbegebiet an der Langenberger Straße, das den Namen „Großes Feld“ erhalten soll, gestellt.

Heute, sieben Jahre später, hat der Offersplatz längst sein neues Pflaster und ein neues Gesamtbild erhalten, das Einkaufszentrum hat sich nach der Insolvenz des ursprünglichen Eigentümers und einem Besitzerwechsel bis heute nicht erholt und steht in großen Teilen leer – und das „Große Feld“? Das ist weiterhin ein großes Feld, ohne Gewerbe und Industrie.

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In der entscheidenden Sitzung wechselte Velberter SPD von „Enthaltung“ zu „Nein“

Nach langen Rechtsstreitigkeiten, einem Normenkontrollantrag samt Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster und einigen Korrekturen in Sachen Schallschutz sollte der Bebauungsplan im Juni dieses Jahres erneut – und hoffentlich endgültig aus Sicht der Befürworter des Gewerbegebietes – beschlossen werden. Nach teils knappen Mehrheiten in vier vorangegangenen Fachausschüssen stimmte die SPD in der entscheidenden Ratssitzung dann aber überraschend für manch einen Beobachter mit „Nein“. Damit war der Bebauungsplan abgelehnt. Die Sozialdemokraten begründeten ihre Entscheidung damit, dass ihnen in dieser Phase eine erneute Bürgerbeteiligung gefehlt habe.

Nun taucht das Thema (nicht weitere sieben Jahre, sondern gerade einmal drei Monate später) erneut in der Tagesordnung des Stadtrats auf – angestoßen von der Wählergemeinschaft „Velbert anders“.

„Velbert anders“ sieht einen Schaden von 13,5 bis 17,1 Millionen Euro für die Stadt

Aus der Luft sind die Dimensionen des geplanten Gewerbegebietes gut erkennbar.
Aus der Luft sind die Dimensionen des geplanten Gewerbegebietes gut erkennbar. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

„Da Velbert seit Jahrzehnten die meisten Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe hat, ist es in den vergangenen 25 Jahren nicht gelungen, innovative Betriebe in Velbert anzusiedeln. Der Hauptgrund hierfür war unter anderem, dass geeignete Gewerbeflächen in unserer Stadt nicht angeboten werden konnten“, schreibt Fraktionsvorsitzender August-Friedrich Tonscheid in seinem Antrag, in dem er eine erneute Abstimmung über den Bebauungsplan fordert. Ein entscheidender Grund, das Thema nicht zu den Akten zu legen, sei „der Wertverlust, der durch die Ablehnung des Satzungsbeschlusses eingetreten ist“. Tonscheid rechnet wie folgt: „Bei einem Verkauf an bauwillige Interessenten wäre ein Quadratmeter-Preis von ca. 80 bis 100 Euro erzielt worden. Hieraus ergäbe sich bei einer Fläche von 180.000 Quadratmetern eine Verkaufssumme von ca. 14,4 bis 18 Millionen Euro. Da der Satzungsbeschluss keine Mehrheit finden konnte, kann das ,Große Feld‘ nur als Ackerfläche ausgewiesen und daher mit einem Preis von 3,50 Euro pro Quadratmeter angesetzt werden, Gesamtpreis: 900.000 Euro. Der entstandene Schaden für die Stadt Velbert beläuft sich somit auf ca. 13,5 bis 17,1 Millionen Euro.“

Zusätzliche Kosten für Gutachten, Planungen und Zinsen

Der tatsächliche Verlust dürfte noch erheblich höher sein, meint Tonscheid, da – stets getragen von politischen Mehrheiten – im Laufe der Jahre Gutachten erstellt worden, Planungskosten entstanden und Zinsen für die Darlehen zum Erwerb der Fläche angefallen seien. Tonscheid weiter: „Ja, wir wollen und müssen das Klima verbessern – und haben dazu auch schon sehr viele Änderungen und Konzepte auf den Weg gebracht, insbesondere auch die Verordnungen zum klimaresilienten Bauen. Allerdings ist dies auch alles abhängig von einer starken Wirtschaft und von ortsnahen Arbeitsplätzen.“

Die Bürgerinitiative Großes Feld verweist auf ihrer Homepage indes darauf, dass von den 27 Hektar landwirtschaftlicher Fläche, die in Industrie- und Gewerbefläche umgewandelt werden sollen, aufgrund der Geländebeschaffenheit netto lediglich etwa 15 Hektar genutzt werden könnten: „Das nennen wir Flächenverbrauch und -verschwendung im ganz großen Stil!“

Velberter Stadtrat tagt am Dienstag, 1. Oktober

Die Stadtverwaltung geht nach WAZ-Informationen davon aus, dass der „Velbert anders“-Antrag, der im Falle der Zustimmung auch die Durchführung einer Bürgerinformationsveranstaltung vorsieht, in der Ratssitzung am Dienstag, 1. Oktober (17 Uhr, Forum Velbert) auch tatsächlich abgestimmt wird. Auf das Ergebnis darf man durchaus gespannt sein.