Velbert. Emily Demir möchte wieder arbeiten, wenn ihr Sohn ein Jahr alt ist. Doch ihr fehlt ein Betreuungsplatz. Dabei suchen Kitas händeringend Personal.
Emily Demir schaut sich mit ihrem acht Monate alten Söhnchen Adam ein Bilderbuch an. Neugierig blättert der muntere Junge durch die Seiten und bestaunt die bunten Motive. Dann möchte Adam spielen. Am liebsten mit anderen Kindern. Doch noch eine ganze Zeit lang wird er mit seiner Mama Vorlieb nehmen müssen.
Die 32-jährige Mama ist gemeinsam mit ihrem 28-jährigen Mann Ali vor wenigen Monaten von Berlin nach Velbert gezogen. Für Emily steht fest: „Wenn Adam ein Jahr als ist, möchte ich wieder arbeiten.“ Und zwar in einem Beruf, in der ihre Arbeitskraft dringend gebraucht wird: „Ich bin Fachkraft für Kindererziehung“, erklärt sie. Doch statt Bewerbungen um einen Arbeitsplatz, schickt die Familie seit Wochen Bewerbungen um Kita-Plätze raus.
Velberterin kann nicht in Kita arbeiten, weil sie für ihren Sohn keinen Platz findet
Denn obwohl sie sich direkt nach dem Umzug über das Kita-Portal der Stadt um einen Kita-Platz beworben haben, hatten sie keinen Erfolg. „Im Januar wird Adam ein Jahr, dann haben wir das Recht auf einen Platz.“ Doch egal, wo sich die junge Familie hinwendet, die Antwort sei stets die gleiche: „Alles voll.“ Emily und ihr Mann Ali haben sich nicht nur über das Kita-Portal um einen Platz beworben, sondern mittlerweile auch fast 100 Kitas in der Umgebung angeschrieben. „Am Anfang hatten wir noch Ansprüche an die Kita, mittlerweile ist es uns egal, Hauptsache Adam kommt unter.“ Doch auf jede Bewerbung folgt eine Absage. „Manche Kitas haben keine Betreuung für Kinder unter drei Jahren“, erklärt Emily Demir die Ablehnungen, „andere Städte – wie Wuppertal – nehmen nur Kinder aus der eigenen Stadt an“.
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Sie durchforsten Kita-Suchportale, wenden sich an die Stadt Velbert und auch an den SKFM. Sie suchen nach einer Tagesmutter, aber immer wieder sei die Antwort ernüchternd.
Velberter Familie stehen bei 42 Kitas auf der Warteliste
Da Ali Demir als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität tätig ist, versuchen sie es auch dort. „Das wären dann zwar fast zwei Stunden Fahrt gewesen, aber auch das hätten wir in Kauf genommen“. Die Campus-Kita sagt der Familie zu. „Aber die schließt jetzt im November“, sagt Emily Demir und zuckt hilflos mit den Schultern. Sie wird an andere Kitas auf dem Campus verwiesen. Hier aber weiß niemand etwas davon, dass Adam ein Platz zugesagt wurde. Und so müssen Emily und Ali wieder warten, das Velberter Kita-Portal checken und hoffen, dass sie bei einer der Wartelisten in derzeit 42 Kitas dann doch noch Glück haben.
„Wir haben bei der Stadt nachgefragt und uns wurde zugesichert, dass sie versuchen, für Februar etwas möglich zu machen, sonst aber ab August.“ Das wäre dann ein halbes Jahr, in dem Emily ihren Sohn länger daheim betreuen müsste. Dabei will sie wieder arbeiten. Doch auch die Bewerbungen im Doppelpack, mit ihr als Erziehungskraft und ihrem Sohn als Kindergartenkind, hatten bislang keinen Erfolg. „Und solange ich keinen sicheren Platz für Adam habe, kann ich mich ja auch auf keine freien Stellen bewerben.“ Das macht die junge Mutter fassungslos. „Ich bekomme ja deswegen keinen Platz, weil es überall an Fachkräften mangelt. Wenn ich aber arbeiten gehen würde, könnten damit vier bis fünf Plätze für eine U3-Betreuung von Kindern geschaffen werden.“
35 Stunden möchte die Velberterin wieder arbeiten
Dass Emily, die ihr Söhnchen Adam übrigens bilingual (englisch und deutsch) erzieht, unbedingt wieder arbeiten gehen möchte, liegt „natürlich auch am Finanziellen“, gesteht sie, 35 Stunden in der Woche möchte sie gern wieder tätig sein. „Ein Einkommen eines Vollverdieners reicht heute nicht mehr aus.“ Doch das ist nicht der einzige Grund. „Ich möchte auch einfach gern wieder berufstätig sein, mich mit anderen Erwachsenen austauschen, unter Menschen sein und nicht immer allein zu Hause sitzen.“ Etwas, dass sie sich auch für Adam wünscht, „er wäre sehr gern unter anderen Kindern – und das täte ihm sicher auch sehr gut“.
Gerade hat Mama Emily ein verlockendes Angebot einer Kita aus der Nachbarstadt Hattingen entdeckt: „Die bieten direkt an, dass man sein Kind mitbringen kann.“ Bewerben wird sie sich, gemeinsam mit Adam, auf jeden Fall. Vielleicht hat dann die endlose Suche nach einem Betreuungsplatz ein Ende. Auch wenn Emily gar nicht unbedingt in der Kita arbeiten möchte, in der ihr Sohn betreut wird. Denn: „Ich kann es natürlich trennen. Aber für ein Kind ist es schwierig, zu verstehen, weshalb die Mama von der Arbeit nicht die gleiche Mama von zu Hause ist.“
Eine Stellungnahme der Stadt Velbert ist angefragt, aufgrund der Aktualität des Artikels liegt diese bislang noch nicht vor. Wir berichten weiter.