Velbert. Nach vielen Jahren Manegen-Erfahrung veranstalten Jessica und Daniel Born jetzt selbst Camps, AGs und Workshops mit ihrem „Circus Stellatus“.
Hoch über der Manege am Trapez durch das riesige Zelt fliegen: Als Kind träumte Jessica Born genau davon. „Ich hätte es schon toll gefunden, mit dem Circus von Stadt zu Stadt zu ziehen“, sagt die heute 34-jährige Velberterin. Den Applaus der Zuschauer hören, die ganz besondere Circusluft schnuppern, ... Stattdessen absolvierte sie eine Ausbildung zur IT-Systemelektronikerin und kniete plötzlich vor Druckern statt durch das Chapiteau zu fliegen.
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Aber da war immer der Traum vom Circus, den sie zumindest ein kleines Stück weit zu dieser Zeit auch schon leben konnte, denn: 2009 war der Circus Zappzarap, der unter anderem Ferienprogramme für Kinder anbietet, in Velbert – und Jessica, die zu dieser Zeit regelmäßig im Kinder- und Jugendzentrum „BiLo“ aushalf, wurde gefragt, ob sie nicht als Betreuerin dabei sein möchte. Klar! Wollte sie. Für die Fakir- und Feuernummer zeigte sie den jungen Teilnehmern im Zelt an der Kastanienallee, wie sie über Scherben laufen, auf dem Nagelbrett liegen oder Flammen spucken können.
Die Circus-Macher verpflichteten die junge Velberterin direkt fürs nächste Projekt
Als das Zelt in Velbert nach einer Woche wieder abgebaut wurde, sagten die Circus-Macher: „In zwei Wochen sehen wir uns dann ja am nächsten Tour-Ort wieder.“ Nicht als Frage, sondern als Feststellung formuliert – „und dann brausten sie einfach im Lkw davon“, erinnert sich Jessica Born lachend. Und wie sollte es anders sein? Zwei Wochen später stand sie wieder in der Manege.
Plötzlich ging alles ganz schnell: Verliebt, neue Ausbildung, Selbstständigkeit
Zu dieser Zeit lernte sie dann auch Daniel kennen, der ehrenamtlich im Jugendzentrum Neviges arbeitete. „Erst war es ein freundschaftlicher Kontakt“, sagt er. Heute sind die beiden verheiratet, haben zwei Kinder und sind echte Circusdirektoren. „So schnell ging es in Wirklichkeit aber natürlich nicht“, muss Jessica loslachen. Um von diesen Entwicklungen zu erzählen, seien dann doch mehr als zwei Sätze notwendig. Denn auch wenn Daniel – heute 33 Jahre alt – ebenfalls schnell vom Zirkus begeistert war, absolvierte er seine Koch-Ausbildung in der „Kleinen Schweiz“ und half zunächst nur in seiner Freizeit beim Auf- und Abbau des Zeltes mit. Dann wurde die Liebe der beiden zueinander immer größer – und die Liebe zum Circus mit Kindern und für Kinder ebenso.
Jessica schmiss daraufhin ihre Lehre im zweiten Jahr und absolvierte gemeinsam mit ihrem nun schon Partner Daniel an der Bleibergquelle erfolgreich eine Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher. Auf selbstständiger Basis arbeiteten beide immer mehr für den Circus Zappzarap, wo sie mittlerweile beide auch Projektleiter sind – inklusive Lkw-Führerschein und Richtmeister-Lizenz. Heißt: Sie haben beim Zeltauf- und Abbau das Kommando, regeln auch alle baurechtlichen Angelegenheiten mit den Behörden.
Jessica und Daniel Born wollen gemeinsam mehr eigene Projekte realisieren
Circus Stellatus
Das „Circus Stellatus“-Team kann neben Workshops und Projekten auch für Kindergeburtstage und Feste gebucht werden.
Mehr Informationen gibt es im Internet (www.circus-stellatus.de) oder telefonisch unter 0157 35519541.
Nun wollen beide den nächsten Schritt gehen: Sie haben eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet und wollen neben ihren Circus-Zappzarap-Aufträgen noch mehr eigene Projekte realisieren. Dafür haben sie ihr Haus so eingerichtet, dass es im Erdgeschoss eine Bühne für Workshops gibt, aber es werden auch Circus-Projekte und AGs in Schulen angeboten. Für die pädagogische Arbeit mit jüngeren Kita-Kindern wurden die Nummern entsprechend angepasst. Der Name: Circus Stellatus – übersetzt das „Sternenzelt“. „Jeder Stern hat seine Stärken“, sagt Jessica Born, die es noch immer faszinierend findet, wie Kinder, die anfangs oft zurückhaltend-ängstlich sind, im Rahmen einer Circuswoche immer weiter wachsen und nach dem Auftritt hinter dem Vorhang „stolz wie Oskar“ sind und vor Freude strahlen.
Dabei gebe es kein Schubladendenken: Der größte Chaot kann im Circus das Organisationstalent sein, das Kind, das von Mitschülern wegen seines Gewichts gemobbt wird, balanciert plötzlich auf einem riesigen Kugel durch die Manege – „und wir hatten auch schon eine querschnittgelähmte Drahtseilartistin oder eine Trapezkünstlerin, die eine Prothese hatte“. Das sind die besonderen Momente, die die beiden Velberter Circusmacher bis heute verzaubern.
Feuerworkshops und Zauberei: Die Velberter beherrschen beides
Apropos Zaubern: Während Jessicas Leidenschaft Feuershows sind – hier bietet sie auch besondere Feuerpädagogik-Programme an – ist es bei Daniel neben der Clownerie die Zauberei. Aktuell sind sie auf der Suche nach einer Sporthalle, wo in den Ferien Circuscamps stattfinden können. „Wir würden gern in den Winterferien damit loslegen“, sagt Jessicas Born.
Ihr Traum ist es, mit einem eigenen Zelt losziehen zu können. Ein passendes Zelt kostet allerdings rund 60.000 Euro – inklusive des notwendigen Baubuches sogar mehr als 100.000 Euro. Und für die nächste Circus-Generation ist auch schon gesorgt: Ivo (3) erklimmt jede Leiter und ist laut Mama Jessica ein „echter Draufgänger“, Fynn (5) ist da etwas vorsichtiger, macht aber gern Kunststücke auf dem Trampolin. Und wenn mal etwas nicht klappt, sorgt Hund Balu für Trost – eine echte Circusfamilie eben.