Langenberg. Auf dem Nathan-Platz in Langenberg begegnet die Familie ihrer schmerzlichen Geschichte. Jetzt setzen sie ein Zeichen gegen Antisemitismus.
Tom Nathan betritt den nach seiner Familie benannten Nathan-Platz in Langenberg. Er bedankt sich bei all jenen, die sich für die Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen und das Gedenken an seine Familie einsetzen. Doch als er über seine Familie redet, all das, was sie sich aufgebaut haben, kommen ihm die Tränen. „Wir trauern um den sinnlosen Verlust von Leben, sowohl von damals als auch heute.“
Heute werden die Familienangehörigen von Ernst Nathan von Bürgermeister Dirk Lukrafka zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des Velberter Bündnisses „Aktiv gegen Antisemitismus“ empfangen. Ernst Nathan, Toms Vater, floh 1938 nach der Pogromnacht nach England. 1940 trat er der britischen Armee bei und kämpfte in der D-Day-Operation. 1945 trifft er seinen Bruder Walter wieder. beide in Uniformen, doch das Langenberg ihrer Kindheit existierte nicht mehr. „Betty und Adolf...“, beginnt Tom Nathan, als er über seine Großeltern spricht, die 1942 im Vernichtungslager Kulmhof ermordet werden. Mit stockender Stimme fährt er fort: „Sie lernen ihre Enkelkinder nie kennen.“ Die Familie hält einander fest in den Armen, während Tom ihre Geschichte erzählt.
Nach dem 7. Oktober 2023: „In ständiger Angst vor Angriffen“
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Sie sind aus London angereist, um der jüngeren Generation ihre Geschichte näherzubringen und ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Trotz der langen Reise ist ihnen der Stress nicht anzumerken. Dieser Tag ist für die Familie Nathan von großer Bedeutung, ein Tag, den sie sich lange herbeigesehnt haben – besonders in dieser Zeit. „Am 7. Oktober letzten Jahres erlitten wir den größten Verlust unseres Lebens seit den 1940er Jahren“, berichtet Tom Nathan. „Unsere Familie in Israel lebt im Trauma des Verlusts mehrerer Freunde und in ständiger Angst vor Angriffen.“
Wie hat sich der Antisemitismus nach dem Massaker beim Supernova Festival im Süden Israels verändert? „Wegen Gaza haben die Leute plötzlich das Gefühl, dass es wieder erlaubt ist, Juden zu hassen“, erklärt Aimee Nathan, Tochter von Tom Nathan. „Es ist richtig, dass Menschen für Palästinenser auf die Straßen gehen, aber es ist erschütternd, wie einige das ausnutzen, um antisemitische Parolen zu verbreiten“, betont sie. „Das Nova Festival war dem Frieden gewidmet, so viele Menschen haben auf so brutale Weise ihr Leben verloren. Das so viele Menschen still waren, ist erschreckend“, ergänzt Annette Nathan.
Juden Hass im Netz: Das erzählt die Langenberger Nathan Familie
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Tom Nathan sei bisher nicht direkt mit antisemitischen Angriffen konfrontiert worden: „Viel Hass kommt aus dem Netz. Vor allem meine Kinder sind betroffen.“ Er dreht sich zu seinem Sohn Adam, der mit seiner Frau Rosie und ihrem kleinen Sohn Jacob durch die Halle des Bürgerhaus Langenberg läuft. Obwohl Tom Nathan die israelische Regierung nicht unterstützt, zähle für Hassende allein, dass man Jude sei. „Eine Freundin von mir ist Redakteurin. Ihr Chef wurde aufgefordert, die ‚Zionistin‘ zu entlassen, nur weil sie Jüdin ist“, berichtet Aimee Nathan. „Wir wissen, wie schnell das eskalieren kann, und wir haben Angst“, fügt sie hinzu.