Velbert/Düsseldorf. Immer wieder prüft die Verbraucherzentrale Verträge. Eine Abwendungserklärung des Velberter Stromversorgers ist dieses Mal in den Fokus gerückt.
Mit einer Strom- oder Gasrate im Rückstand? Das kann für Velberter üble Folgen haben. Insbesondere, wenn sie ihren Tarif bei den Velberter Stadtwerken geschlossen haben.
Denn wer eine Rate nicht zahlen kann, gerät in Verzug. Dann kann die Kundin oder der Kunde eine sogenannte Abwendungsvereinbarung mit den Stadtwerken treffen. In dieser befand die Verbraucherzentrale einige Punkte für rechtswidrig. Unter anderem, dass bereits nach einer nicht gezahlten Rate der Abwendungsvereinbarung der Velberter Stromanbieter den kompletten Vertrag kündigen und eine Liefersperre einrichten kann. Dann steht der Kunde völlig ohne Strom da.
Verbraucherzentrale hält Punkt in Abwendungsvereinbarung der Stadtwerke für unzulässig
Regelmäßig überprüfen die Mitarbeitenden der Verbraucherzentrale Verträge, auch von Strom- oder Gasanbietern und stießen in den Verträgen der Stadtwerke Velbert auf einige Unstimmigkeiten. Auch Verbraucher vor Ort haben sich mit dem Problem, dass ihnen bereits nach dem Ausbleiben der ersten Ratenzahlung die Abwendungsvereinbarung gekündigt wurde, an Verbraucherzentrale gewandt.
So heißt es konkret in der Abwendungsvereinbarung: „Gerät der Kunde mit einer Rate (...) oder mit einer laufenden Zahlungsverpflichtung (...) in Rückstand, wird der dann noch ausstehende Restbetrag (...) zur sofortigen Zahlung fällig. Zugleich endet die Abwendungsvereinbarung zu diesem Zeitpunkt. Der Lieferant ist dann berechtigt, die Verbrauchsstelle des Kunden zu sperren und seine Forderungen weiter gegen den Kunden durchzusetzen (...).“
Verbraucherzentrale hat Stadtwerken Unterlassungsvereinbarung geschickt
Die Verbraucherzentrale hat eine Abmahnung mit der Aufforderung zur Unterlassung einiger Punkte in eben dieser Vereinbarung an die Velberter Stadtwerke geschickt. Der Strom- und Gasanbieter hat indes nur eine Teilunterlassung unterschrieben. Im oben genannten und geforderten Punkt „haben sie keine Unterlassung unterzeichnet“, sagt Kolja Ofenhammer, Referent der Verbraucherzentrale. „Unserer Meinung nach ist das rechtswidrig. Sie dürften den Vertrag erst nach der zweiten, nicht gezahlten Rate kündigen“, führt er aus.
Das sieht die Seite der Stadtwerke Velbert anders: „Der streitgegenständliche Sachverhalt ist einer von fünf Punkten im Themenkreis von Strom- und Gaslieferungen der Grundversorgung, die mit der Verbraucherzentrale NRW seit 2023 ausführlich und kontrovers erörtert wurden. Bei vier von fünf Punkten sind die Stadtwerke Velbert auf die Forderungen der Verbraucherzentrale vollumfänglich eingegangen. Der verbliebene Punkt – zu dem die Verbraucherzentrale nicht zu einem Entgegenkommen bereit ist – stellt aus Sicht der Stadtwerke Velbert ein wirtschaftliches Risiko dar“, erläutert Gesa Weppelmann, Pressesprecherin der Stadtwerke.
Sie führt aus, wie das Prozedere der Stadtwerke ist: „Kommt ein Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, erhält er zunächst eine für ihn kostenfreie Zahlungserinnerung. Das ist fair, denn manchmal können Umstände eintreten, unter denen dies in einer Kundenbeziehung einmal passiert.“ Reagiert der Kunde nicht auf diese Erinnerung erhält er „eine kostenpflichtige Mahnung mit dem Hinweis, dass bei weiter ausbleibender Zahlung eine Sperrung droht. Auch erhält er hier bereits den Hinweis, dass eine Abwendungsvereinbarung abgeschlossen werden kann. Bleibt auch dies fruchtlos, so erhält er vier Wochen später eine formale Sperrankündigung, der bereits eine durch die Stadtwerke Velbert vorausgefüllte Abwendungsvereinbarung beigefügt ist. Durch deren Gegenzeichnung wird die Sperrung abgewendet.“
Weiter erklärt sie: Erfolgt auch hierzu wiederum keine Reaktion, wird der Anschluss gesperrt.“ Weiter erklärt sie: „Wurde der gesamte vorgenannte Prozess erfolglos durchlaufen, nehmen Monteure der Stadtwerke Velbert die technische Sperrung des Gas- oder Stromanschlusses vor. Der Anschluss kann nach Begleichen der Forderungen kostenpflichtig wieder entsperrt werden.“
Verbraucherzentrale zieht gegen die Stadtwerke Velbert vor Gericht
Die Folgen für den Verbraucher sind gravierend: Denn wenn die Stadtwerke den Vertrag kündigen, gibt es keinen Strom mehr. Meist handele es sich bei den Betroffenen um Stromsperren, Gassperren seien wesentlich seltener. Und da sich Energieanbieter meist über das Zahlungsverhalten ihrer Kunden austauschen, ist es größtenteils unmöglich bei einem anderen Anbieter einen Vertrag abzuschließen, zumal die Stadtwerke ja schon der Grundversorger sind.
„Das ist für den Verbraucher eine extrem dramatische Situation“, weiß Kolja Ofenhammer. Das abzuwenden sei dann nur im „Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz über das Amtsgericht möglich“. Zwar kostet so ein Verfahren Geld, „aber oft können Betroffene Prozesskostenhilfe beantragen.“ Es gebe allerdings viel weniger Verfahren am Amtsgericht als Liefersperren.
Laut Bundesnetzagentur waren im Jahr 2022 insgesamt 208.506 Haushalte deutschlandweit von einer Stromsperre betroffen. Die Stadtwerke nennen die Zahlen für 2023 konkret: „Im Jahr 2023 war es aufgrund angemahnter und in der Folge weiter ausgebliebener Kundenzahlungen in gut 1000 Fällen erforderlich, Sperrankündigungen auszusprechen. Nur in gut einem Viertel dieser Fälle kam es tatsächlich zur Sperrung. Vorher haben in allen anderen Fällen die angesprochenen Abwendungsvereinbarungen gewirkt. Insgesamt haben die Stadtwerke rund 46.000 Kunden.“
Die Verbraucherzentrale zieht nun gegen die Stadtwerke Velbert vor das Oberlandesgericht in Düsseldorf. Der erste Termin findet im September statt.