Neviges. Die Geschichte der Juden in Velbert-Neviges ist spannend. Wie sie lebten und dabei das Stadtbild prägten, steht auf drei neuen Tafeln.

Auch im Herzen von Neviges lebt die jüdische Geschichte weiter: Nachdem bereits seit dem Herbst am jüdischen Friedhof im Kuhlendahl eine Informationstafel steht, haben die Technischen Betriebe Velbert (TBV) drei weitere im Zentrum von Neviges montiert. Finanziert haben die Aktion die Begegnungstätte Alte Synagoge Wuppertal, die Stadt Velbert, der Kirchenkreis Niederberg und die Landeszentrale für politische Bildung. Die Initiative zu den Hinweisschildern kam von dem ehemaligen Langenberger Schulpfarrer Frank Overhoff, der sich intensiv mit dem jüdischen Leben im heutigen Velbert beschäftigt hat.

Frank Overhoff (links), Christine Hartung und Antonia Dicken-Begrich von der Begegnungstätte Alte Synagoge Wuppertal sowie Bürgermeister Dirk Lukrafka zeigen die Infotafel zum dem einstigen Kaufhaus Heumann am Busbahnhof. Foto: Ulrich Bangert
Frank Overhoff (links), Christine Hartung und Antonia Dicken-Begrich von der Begegnungstätte Alte Synagoge Wuppertal sowie Bürgermeister Dirk Lukrafka zeigen die Infotafel zum dem einstigen Kaufhaus Heumann am Busbahnhof. Foto: Ulrich Bangert © Ulrich Bangert | Ulrich Bangert

So wurden die Infotafeln dort angebracht, wo die jüdischen Mitbürger einst ihr Zuhause hatten. „Oft werden die Juden in eine Opferrolle gedrängt. Dabei waren sie Mitbürger, Nachbarn und Freunde. Sie nahmen am gesellschaftlichen Leben teil und förderten es. Uns ist es wichtig, dieses Alltagsgeschehen aufzuzeigen“, betont Christine Hartung, die stellvertretende Leiterin der Wuppertaler Gedenkstätte Alte Synagoge.

Der Friedhof hat eine lange Tradition

Juden gehörten schon vor 300 Jahren zum Alltag in Neviges. Aus dem Jahr 1678 gibt es zum Beispiel erste Zeugnisse, nach denen ein Fleischer namens Marcus das Schloss Hardenberg mit Fleisch beliefert hatte. Dass die jüdische Geschichte hier eine lange Tradition hat, zeigt auch Folgendes: Der jüdische Friedhof in Neviges gehört zu den ältesten im Bergischen Land.

Jüdischer Arzt engagierte sich lange im Stadtrat

Wichtig ist Initiator Frank Overhoff auch, dieser Geschichte ein Gesicht zu geben, einige Einzelschicksale von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu beleuchten. So lebte in dem Haus an der Elberfelder Straße 21, das nach dem Krieg einen Neubau gewichen war, die Familie Windmüller. Levi Windmüller kam aus Elberfeld, ließ sich als Arzt nieder und gründete um 1880 eine Familie. Er wurde schnell heimisch, war ein angesehender Bürger, der sich zehn Jahre lang im Stadtrat engagierte. Sein Sohn Walter studierte ebenfalls Medizin und übernahm die Praxis, er meldete sich 1914 freiwillig zum Kriegsdienst.

Info-Tafel steht an Mauer zum Domgarten

Trotz der patriotischen Einstellung bedrängten ihn die Nazis, so dass der 1937 mit seiner Frau die Anonymität der Großstadt Köln suchte, um zwei Jahre später nach Uruguay auszuwandern. Bruder Werner wurde Apotheker in Remscheid und emigrierte nach Palästina. Wegen der Platzverhältnisse steht die Infotafel gegenüber der Hausnummer 21, seitlich an der Mauer zum Domgarten.

Abraham Heumann führte Bekleidungsgeschäft

Unweit den Busbahnhofs wurde die nächste Tafel platziert, die an die Familie Heumann erinnert. „Der Händler Abraham Heumann zog von Stommeln bei Köln nach Neviges. Seine Söhn allerdings ergriffen den Beruf der Weber, der Enkel Abraham wurde wiederum Kaufmann und führte erfolgreich ein Bekleidungsgeschäft“, berichtet Christine Hartung. Als zum Ende den 19. Jahrhunderts die Kaufhäuser aufkamen, ließ er einen ähnlichen Neubau errichten. „In den Wohnungen darüber fand sogar Religionsunterricht statt“, erfuhr Christine Hartung aus Aufzeichnugen von Langenberger Juden.

Mehr aus Neviges und Tönisheide

Treffpunkt an der Hölzerstraße

Den Ersten Weltkrieg mit der anschließenden Inflation überstand das Kaufhaus gut. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging das Anwesen im Zuge der Arisierung in nichtjüdischen Besitz über. Nachweislich trafen sich die Nevigeser Juden 1824 in einem Privathaus und 1843 in einem gemieteten Betsaal. Der genaue Ort lässt sich nicht mehr nachweisen, gesichert ist jedoch die Erkenntnis, dass die Juden ab 1869 in einem Gebäude an der Hölzerstraße zusammenkamen. Der Weg dort hieß „An der Synagoge“. Wie lange in dem Haus jüdische Gottessdienste abgehalten wurden, ist nicht bekannt. Dafür ist ein Foto erhalten, das einen Giebel des kleinen Hauses zeigt. Es wurde 1929 wegen Baufälligkeit abgerissen.

>>>Die erste Synagoge im Bergischen Land

Im Schutz der Hardenberger Herrschaften ließen sich in deren Territorium gegen Ende des 18. Jahrhunderts jüdische Viehhändler und Metzger mit ihren Familien nieder.

Im Jahr 1803 gründeten sie an der Kuhstraße in Langenberg die erste Synagoge im Bergischen Land überhaupt.