Neviges. Anke Vollmer aus Velbert ist Trauerrednerin aus Leidenschaft. Wie sie es schafft, den Verstorbenen ein Gesicht zu geben, Angehörige zu trösten.

Endlich Zeit haben für Reisen, Garten, Hobbys – so wünschen sich viele ihren Ruhestand. Auch Anke Vollmer aus Velbert-Neviges erfüllte sich einen Traum: Die 56-Jährige wurde Trauerrednerin. Denn Menschen einen würdevollen Abschied zu gestalten, dieses Abschiednehmen für Angehörige und Freunde zu einem ganz besonderen Tag werden zu lassen, diesen Wunsch habe sie schon länger gehabt: „Ich hatte das nie als Beruf ins Auge gefasst. Ich war ja glücklich in meinem Beruf, keine Frage. Aber es war einfach drin in meinem Kopf“, sagt die ehemalige Beamtin in Leitungsfunktion (56), die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand gegangen ist.

Andere machen im Ruhestand Weltreisen, spielen Tennis – und diese lebenslustige Frau wird Trauerrednerin. Wieso? Da muss Anke Vollmer nicht lange überlegen und erzählt lächelnd: „Ich bin schon als Teenager auf vielen Beerdigungen mitgegangen, wir hatten eine große Verwandtschaft. Der Tod war nie ein Tabu in unserer Familie, meine Eltern haben mich da früh herangeführt.“ Der Tod gehöre eben zum Leben, das sei von jeher in der Familie „ganz normal“ gewesen. Und schon früh sei ihr aufgefallen: „Es gibt schöne und es gibt ganz, ganz fürchterliche Beerdigungen. Oft haben mir die Angehörigen richtig leid getan“, sagt Anke Vollmer, die in ihrem Leben schon „so bei 50 bis 60“ Trauerfeiern verschiedener Art dabei war.

Eine Freundin aus Velbert-Neviges gab den Anstoß

Anke Vollmer bei der Arbeit: Ihre Aufzeichnungen aus den Gesprächen mit Angehörigen sind für die Trauerrednerin am wichtigsten.
Anke Vollmer bei der Arbeit: Ihre Aufzeichnungen aus den Gesprächen mit Angehörigen sind für die Trauerrednerin am wichtigsten. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Dass sie es besser kann, hat Anke Vollmer, die sich in Neviges auch in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde engagiert, da schon geahnt. Den letzten Anstoß brachte die Anfrage einer Freundin, deren Mutter gestorben war. „Sie kam zu mir und sagte: Könntest du dir vorstellen, bei uns die Trauerrede zu halten?“ Eine Ausbildung zur „Zertifizierten Trauerrednerin“ ist zum Beispiel bei der Industrie- und Handelskammer möglich. Anke Vollmer hat mehrere Zertifikate, „etwa eines für den Fall eines Suizids, da braucht man besonderes Fingerspitzengefühl. Manche Angehörige möchten, dass man offensiv damit umgeht, manche möchten es ganz verschweigen“. Bei jeder Trauerrede habe sie einen hohen Anspruch an sich, betont der Familienmensch Vollmer: „Es ist egal, ob da ein Angehöriger sitzt oder 200. Ich möchte, dass die Menschen ein gutes, friedliches Gefühl haben. Dieser Tag ist so wichtig. Vor allem möchte ich der Persönlichkeit des Verstorbenen gerecht werden, das hat jeder Mensch verdient.“

Diagnosen werden grundsätzlich nicht erwähnt

Und dafür nimmt sich die frühere Beamtin, die Religion und Deutsch studiert hat, viel Zeit. „In der Regel fahre ich zu den Angehörigen. In der gewohnten Umgebung fällt es oft leichter zu erzählen, und die müssen mir ja viel erzählen, mir geht es nicht um Lebensdaten.“ Sondern darum, dem Verstorbenen ein Gesicht zu geben. Am Ende des Gesprächs frage sie sicherheitshalber auch immer: „Gibt es etwas, das ich nicht erwähnen sollte?“ Denn ansonsten könne man leicht Wunden aufreißen oder ins „Fettnäpfchen“ treten. Was grundsätzlich in ihren Reden nicht vorkomme: ärztliche Diagnosen.

Der Wunsch der Angehörigen hat höchste Priorität

Etwa drei bis fünf Stunden benötige sie für einen Trauerrede, nach dem ersten Entwurf „schlafe ich eine Nacht drüber und feile dann noch ein bisschen dran herum“. Dabei biete sie auch an, ob christliche Elemente wie ein freies Gebet oder das „Vater unser“ eingeflochten werden sollen. Zum Komplett-Angebot gehört weiter die Beratung zur passenden Musikauswahl und das Geleit zum Grab. „Ich habe auch schon mal die Trauergemeinde miteingebunden mit dem Satz: Nach dem Lied haben Sie die Möglichkeit, etwas zu sagen.“ Bei einem Verstorbenen, der ein fanatischer Fußball-Fan war, „da hab ich auch mal einen kleinen Ball mitgenommen und in der Rede mit Begriffen gespielt wie Abseits oder Elfmeter“. Es müsse halt passen – und natürlich den Angehörigen gefallen, das habe höchste Priorität.

Eine Trauerrede pro Woche

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Ungefähr eine Trauerrede in der Woche hält Anke Vollmer, entweder kämen die Angehörigen auf sie zu oder der Kontakt komme über den Bestatter zustande. Gibt es einen Fall, der sie besonders berührt hat? Anke Vollmer denkt kurz nach und erzählt: „Eine todkranke Frau bekam im Krankenhaus Besuch. Die Angehörigen fragten: Mama, brauchst du noch was? Und die Frau, die wusste, wie es um sie stand, sagte lächelnd: Freude.“

Es gibt jedoch auch Anfragen, die sie ablehnt: Bei den eigenen Verwandten die Trauerrede zu halten, das sei nicht gut. „Etwas Distanz muss ein. Und ich möchte an einem solchen Tag auch selbst trauern dürfen.“

>>> Kontakt per Mail oder Telefon

Die zertifizierte Trauerrednerin Anke Vollmer ist erreichbar unter 02053 49 17 37 oder 0160 9088709 oder per Mail: info@vollmer-trauerrednerin.de.

Im persönlichen Gespräch werden dann auch die Kosten besprochen. Weitere Informationen im Netz auf www.vollmer-trauerrednerin.de