Neviges. Das alte Mühlengebäude in Velbert-Neviges hat eine wechselhafte Geschichte. Das marode Gebäude soll saniert werden, geplant ist hier ein Bistro.
Als „Erlebniszentrum Natur“ soll das Ensemble Schloss Hardenberg ab 2025 Ausflügler, Touristen und Familien mit Kindern anlocken. Neben dem Herrenhaus – hier ist die Dauerausstellung „Wehrhafte Natur geplant“ – soll auch das Mühlengebäude saniert und für Gastronomie genutzt werden. Keine leichte Aufgabe für das mit der Gesamtsanierung beauftragte Dortmunder Architekturbüro Lohse Lindner. „Von außen sieht das Mühlengebäude intakt aus, von innen ergibt sich ein schwieriges Bild“, so hatte Projektleiterin Corinna Cardaun bereits vor Wochen im Bezirksausschuss und auch später auf einer Informationsveranstaltung der Stadt den Zustand des Gebäudes beschrieben.
Grundwasser an der Mühle in Velbert steht sehr hoch
Ein großes Problem sei, dass die Mühle quasi im Wasser stehe. Um zu verhindern, dass das Gebäude einstürzt, hatte die Stadt es bereits 2018 entkernen lassen und so dem Schimmel den Nährboden entzogen. „Der Grundwasserstand ist sehr hoch, deshalb ist keine Nutzung für den Keller vorgesehen. Dennoch ist der Standort für ein Bistro-Café-Konzept möglich, mit einem großen Gastraum mit Entree Theke“, so die Architektin, und fährt fort: „Es muss ein zweiter Zugang geschaffen werden. Das Dachgeschoss über dem Gastraum wird geöffnet und gibt den Blick auf die Balken frei.“ Der andere Bereich des Obergeschosses könne für Personalräume und Lager genutzt werden. Hinzu komme eine große Fläche für Außengastronomie.
Hotel- Gaststättenverband erstellt Konzept
Die Stadtverwaltung ließ daraufhin beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband ein Gastrokonzept erstellen: „Das besagt, dass dieses Bistro so viel Verdienst erzielt, dass man davon leben kann“, versichert der Beigeordnete Jörg Ostermann. Wegen der im Gutachten aufgeführten Einnahmemöglichkeiten möchte er öffentlich nicht weiter darauf eingehen. Auf jeden Fall, so Ostermann, benötige das Schloss eine Gastronomie. Und dafür, so ist die Stadtverwaltung seit Beginn der Planungen überzeugt, sei das Mühlengebäude ein attraktiver Standort.
Mühle wurde 1842 errichtet
Nach Auskunft von Corinna Cardaun ist der Bauantrag in Bearbeitung, der Baubeginn erfolge im dritten Quartal. Damit endet ein langes Hin und Her um die weitere Nutzung des Mühlengebäudes, das in dieser Form 1842 geschaffen wurde. Bis Anfang es 20. Jahrhunderts wurde dort Getreide gemahlen mit der Kraft des Wassers. Das kam aus einem angestauten Teich, der vor dem Zweiten Weltkrieg zugeschüttet wurde. Auf dem Bereich entstand die bekannte Wiese, auf der zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, vom Kinderfest bis zum Mittelaltermarkt.
Das Gebäude liegt direkt an einer Kurve
Nach Entfernung des Mahlwerks wurde das Mühlenhaus zu Wohnzwecken genutzt. Die letzten Mieter zogen vor rund 18 Jahren aus dem sanierungsbedürftigen Haus aus, das nur der Denkmalschutz vor dem Abriss bewahrte. Seit dem wurden nur notwendige Arbeiten zur Substanzerhaltung und Verkehrssicherung durchgeführt. Bei dem „Verein der Freunde und Förderer des Kulturensembles Schloss Hardenberg“ stand eine gastronomische Nutzung nie auf der Prioritätenliste. Im Gegenteil: Der frühere langjährige Vorsitzende Dr. Peter Egen hielt eine Gaststätte in diesem Bereich stets für gefährlich: Das Mühlengebäude liege direkt an einer Kurve, die zumindest aus Richtung Kuhlendahl kommend unübersichtlichen sei – da könnten durch haltende Autos brenzlige Situationen entstehen. Peter Egen stellte sich vor sechs Jahren eher etwas in Richtung Galerie oder Kunst vor. „Vielleicht lässt sich eine Künstlergruppe finden, die das Gebäude in Eigenregie restauriert und anschließend mietfrei nutzen darf“, so sein Vorschlag. Außerdem befürchteten die Schlossförderer, dass die Mühle zu einem Millionengrab werden könnte – Geld, das am Ende für die Herrichtung des Herrenhauses fehlen würde.
Verpächter waren einst die Herren zu Hardenberg
Zurück zur Historie: Zum Ende des Mittelalters befand sich in der Nähe des Schlosses eine sogenannte Zwangsmühle. Der Grundherr hatte das alleinige Recht, eine Mühle zu betreiben, die Untertanen durften nur dort ihr Getreide mahlen lassen. Verpächter waren die Herren von Hardenberg. Und die ließen sich ihre Mühle ordentlich was kosten: Die Pacht betrug 500 Taler jährlich, „eine immens hohe Summe“, wie Stadthistoriker Gerhard Haun einst bei einem historischen Stadtspaziergang anmerkte. Die Hardenberger Mühle, oder auch Oberste Mühle genannt, wurde bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts durch einen direkt von den Herren zu Hardenberg angestellten Müller betrieben. Das Gebäude als Gastronomie nutzbar und zukunftsfit zu machen für das „Erlebniszentrum Natur“ dürfte ein gleichwohl schwieriges als auch spannendes Unternehmen sein.
>>>Die Anfänge der Mühle
In den Jahren 1769/70 entstand ein Fachwerkbau samt Torhaus an dem heutigen Standort. Diese Bauten wichen 1842 der Mühle in ihrer heutigen Form.
Es gab zwei Mühlräder, je eins für Roggen und Weizen. Mühlenpächter sind bis ins Jahr 1874 nachgewiesen. Im Sommer standen die Räder jedoch gelegentlich still: Es gab einfach zu wenig Wasser, um sie betriebsbereit zu halten..