Neviges. Nach 104 Jahren gehen bei der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) in Tönisheide die Lichter aus. Die Gründe kennen viele Verbände.
Keine Frauenmessen mehr, keine gemütlichen Kaffeerunden, auch keine tröstenden Besuche am Krankenbett. In Tönisheide endet eine Ära: Die katholische Frauengemeinschaft Deutschlands St. Antonius von Padua ist Geschichte. Nach 104 Jahren gehen in Tönisheide die Lichter aus, nicht nur die kfd-Urgesteine Elisabeth Hardt (82) und Erika Seidel (80) stimmt das sehr traurig. Beide waren mehr als 40 Jahre lang Mitglied, beide mehr als 20 Jahre lang gemeinsam im Vorstand – und immer ein tolles Team. Doch so langsam geht den beiden Seniorinnen die Puste aus, eine weitere Amtszeit kam für sie nicht in Frage. Und Kandidatinnen für einen neuen Vorstand haben sich im Dezember 2021 nicht gefunden.
Keine Kandidatinnen für den Vorstand
„Mir tut das so leid, dass wir es sind, die jetzt die Tür abschließen“, sagt Elisabeth Hardt mit verdächtig glitzernden Augen, und auch Erika Seidel muss schlucken. Es war eben eine sehr lange Zeit, und es waren gute Zeiten. Dabei machen sich die zwei jetzt nicht etwa überraschend aus dem Staub. „Wir haben es in den letzten Jahren immer wieder angekündigt, dass wir irgendwann mal aufhören. Das kam für niemanden überraschend. Wir haben immer gesagt, wir machen es, bis es nicht mehr geht. Ich fühle mich jetzt einfach zu alt“, sagt die 82-jährige Elisabeth Hardt.
Noch 50 Mitglieder
Noch rund 50 Frauen sind auf dem Papier Mitglieder bei der kfd St. Antonius, der Großteil ist über 70 Jahre alt. Wer will, sei bei den umliegenden Pfarreien herzlich willkommen, so Erika Seidel. So könnten sie zum Beispiel zur kfd St. Mariä Empfängnis nach Neviges oder nach Langenberg zur kfd St. Michael wechseln. „Aber auch wenn sie überall mit offenen Armen empfangen werden: Da muss man ja dann erstmal hinkommen, das war hier alles schön fußläufig und einfach zu erreichen“, sagt Elisabeth Hardt, die auch den Zeitpunkt des Abschieds schade findet: Aufgrund der Pandemie lag das Leben in der kfD St. Antonius wie in so vielen Verbänden und Vereinen quasi seit zwei Jahren brach. „Das letzte Frauenfrühstück, das war im März 2020. Und die letzte Fahrt 2019, nach Ahaus. Danach war nichts mehr, ging ja nicht“, erinnert sich Erika Seidel.
Frühstück für 32 Frauen
Größter katholischer Frauenverband
Die katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ist mit rund 400 000 Mitgliedern in 3900 Gemeinschaften der größte katholische Frauenverband. Und einer der größten Frauenverbände überhaupt in Deutschland.Die kfd geht zurück auf die ab 1856 gegründeten Bruderschaften christlicher Mütter. 1915 schlossen sich pfarrliche Müttervereine im Erzbistum Paderborn zum ersten Diözesanverband der Müttervereine zusammen. Der Name katholische Frauengemeinschaft Deutschlands existiert seit 1968.
Mehr als 40 Jahre haben sie die kfd in Tönisheide in Schwung gehalten, immer waren sie ein gutes Team, konnten sich auch stets auf einen Stamm von rund zehn verlässlichen Helferinnen verlassen. „Die Frauenmesse haben wir ein Mal im Monat in der Kirche St. Antonius gestaltet, erst freitags, dann donnerstags. Da hatten wir uns Fürbitten ausgedacht und vorgetragen, auch schöne Meditationen“, erzählt die gelernte Krankenschwester Erika Seidel. Und erst das „Frauenfrühstück“ danach im Pfarrsaal St. Antonius. Jedes Mal für 32 Frauen eindecken und einkaufen, da wusste jede Einzelne im Team, was sie zu tun und zu lassen hatte.
Ein eingespieltes Team
Einen Tag vorher wurde eingekauft, Brötchen, Aufschnitt, eben alles, was dazu gehört. Am Frühstückstag selbst lief dann alles, zack, zack, wie am Schnürchen. „Ich habe die Brötchen aufgeschnitten, Marlies Sieper hat gebuttert“, erinnert sich Erika Seidel vergnügt, und Elisabeth Hardt ergänzt: „Und ich hab belegt und verziert.“ Schließlich war sie bis zur Geburt der vier Kinder Fleischer-Fachverkäuferin, gelernt ist gelernt. Und Johanna Hoffmann, die sei im Team unschlagbar gewesen, was die Dekoration betrifft „Toll, was sie sich immer ausgedacht hat. Immer passend zur Jahreszeit, immer etwas anderes, und die Servietten so schön, ach ja...“
„Beerdigungsdienst“ bis 2015
Bis zum Jahr 2015 boten die Frauen des kfd auch einen „Beerdigungsdienst“ an, wie es das Duo nennt: „Wer wollte, für den haben wir ein Kaffeetrinken im Pfarrsaal organisiert, alles ehrenamtlich. Die Brötchen haben natürlich die Angehörigen bezahlt.“ Warum der „Beerdigungsdienst“ 2015 starb? „Uns fehlten dann die Leute zum Tische rücken, der Saal musste ja danach wieder ordentlich aussehen.“ Gerne denken die zwei auch an viele Fahrten zurück, etwa die Schiffstour von Emmerich nach Nijmegen, Ausflüge nach Kalkar, Kleve und Kevelaer, nicht zu vergessen die lustigen Fahrten auf Rhein und Mosel. „Wir haben auch immer Karneval gefeiert, bis 2014 im Pfarrsaal.“ Bis auch hier die Anzahl der Närrinnen altersbedingt immer kleiner wurde. „Ja, wir haben da als Letzte die Fahne hochgehalten“, sagt Elisabeth Hardt energisch.
Wie auch jetzt ganz zum Schluss. Nun hoffen die beiden, dass irgendwann, wenn man wieder darf, für alle Mitglieder der kfd St. Antonius doch noch die verschobene Abschiedsfeier im Pfarrheim steigen kann. Mit einer Messe vorab, die die Frauen in Tönisheide dann ein letztes Mal mitgestalten.