Velbert. In den vergangenen Wochen gab es gleich mehrere von Jugendlichen verübte Raubüberfälle auf offener Straße. Was Polizei und Stadt dazu sagen.

„Unbekannte berauben Kinder auf der Velberter Kirmes“ – „16-jähriger Velberter mit Messer bedroht und ausgeraubt“ – „41-Jähriger in Park überfallen und schwer verletzt“. Das sind drei der Schlagzeilen, die in den vergangenen Wochen in der Velberter WAZ zu lesen waren.

„Es sind nicht immer die gleichen Täter“, so Polizeihauptkommissar Ralf Becker aus der Pressestelle der Kreispolizeibehörde. Dafür würden sich die Beschreibungen zu sehr unterscheiden. Ob es dennoch Zusammenhänge zwischen den Taten bzw. Tätern gebe, sei spekulativ.

Subjektive Wahrnehmung deckt sich oft nicht mit der Statistik

Zwar seien statistisch Straßenkriminalitäts-Delikte im Kreis Mettmann rückläufig, so Beckers Kollegin Diane Dulischewski. Man beobachte allerdings durchaus besorgt, dass immer mehr Jugendliche Messer oder Waffen mit sich führen würden – und die Hemmschwelle, sie dann auch einzusetzen, sinkt offenbar auch, wie die aktuellen Fälle aus Velbert zeigen: So wurde der 16-Jährige auf dem Friedrich-Karrenberg-Platz nach eigener Aussage mit einem Springmesser und einem Schlagring bedroht und zur Herausgabe von Geld sowie Smartphone samt Pin-Code gedrängt worden, bei dem Raub auf der Kirmes sei den Opfern, als sich diese zur Wehr gesetzt hätten, demonstrativ eine mitgeführte Tasche, in der sich ein Messer befunden habe, gezeigt worden. Beim jüngsten Fall am Samstag, 11. Juni, wurde ein 41-Jähriger in einer Parkanlage an der Friedensstraße von einem Jugendlichen aus einer fünfköpfigen Gruppe heraus angegriffen und so hart ins Gesicht geschlagen, dass er sein Bewusstsein verlor. Danach sollen die Angreifer ihm laut Zeugenaussagen auch noch ins Gesicht getreten haben.

So schlimm die einzelnen Fälle auch seien – ein besonders auffälliges Maß an Gewaltdelikten will Diane Dulischewski darin nicht sehen – eher den Jahreszeiten-typischen Anstieg, der vor allem bei schönem Wetter zu verzeichnen sei.

Polizei weist Vorwurf, Täterbeschreibungen bewusst vage zu halten, zurück

Im Regionalkommissariat Velbert laufen die Fäden zusammen: Hier kümmern sich auf Jugendkriminalität spezialisierte Ermittler um die Fälle.
Im Regionalkommissariat Velbert laufen die Fäden zusammen: Hier kümmern sich auf Jugendkriminalität spezialisierte Ermittler um die Fälle. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Darüber, dass in sozialen Netzwerken nach dem jüngsten Überfall – wieder einmal – spekuliert wurde, dass Polizei und/oder Presse die Personenbeschreiben bewusst vage halten würden, um die Herkunft der Täter zu verschleiern, kann Diane Dulischewski nur den Kopf schütteln. „Wir geben das raus, was wir haben“, sagt die Polizistin. „Wir halten natürlich auch nichts zurück – das würde unsere polizeiliche Pressearbeit ja konterkarieren.“ Aus vielen selbst geführten Gesprächen mit Zeugen weiß Dulischewski: „Oft schützt sich ein Gehirn, kann Gesehenes nicht abrufen oder verarbeiten.“ Dass man sich nach einem unvermittelten Angriff nicht an Details erinnern könne, sei daher nicht ungewöhnlich – ebenso, dass sich Zeugen in Stress- oder Belastungssituationen falsch erinnern würden.

Die Polizei nehme alle Vorfälle ernst, betont man in der Pressestelle. Sachbearbeiter, die auf Jugendkriminalität spezialisiert seien, würden die Fälle im zuständigen Regionalkommissariat bearbeiten, so Becker. „Da laufen dann alle Fäden zusammen und die Kollegen kennen auch viele ihrer Pappenheimer.“ Die Ermittlungsarbeit sei auch sehr erfolgsträchtig, so der erfahrene Polizist weiter – „aber bis sie erwischt werden, dauert es halt manchmal etwas“.

Die Polizei bestreift die Velberter Innenstadt – beispielsweise den Bereich um den ZOB.
Die Polizei bestreift die Velberter Innenstadt – beispielsweise den Bereich um den ZOB. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

So reagiert die Stadt Velbert auf die aktuellen Straftaten

Neben gemeinsamen Streifen von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst (KOD) im Rahmen einer Ordnungspartnerschaft setzt man von städtischer Seite vor allem auf Jugendsozialarbeit: „In Velbert gibt es ein gut ausgebautes Angebot im Bereich der Jugendförderung, der städtischen Schulsozialarbeit und der Beratung von Zugewanderten, welches bedarfsorientiert auch den Ansatz aufsuchender Arbeit beinhaltet“, sagt Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach.

Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach.
Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Bedingt durch die pandemischen Schließzeiten in den Jugend- und Freizeiteinrichtungen sei der Kontakt zu den Jugendlichen zwar vorübergehend eingeschränkt gewesen, die Besucherzahlen in den städtischen Jugendzentren seien jedoch erfreulicherweise inzwischen wieder deutlich gestiegen. Dabei sei festzustellen, so Blißenbach weiter, dass auch Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte gerne das städtische Jugendzentrum „Villa B“ in Velbert-Mitte besuchen würden. Dort könnten sie sich bei Bedarf auch mit Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen über problematische Themen austauschen und beraten lassen.

>>> Blick in die Kriminalitätsstatistik

Die Kreispolizeibehörde veröffentlicht alljährlich einen Kriminalitätsbericht.

In der Stadt Velbert gab es laut dieser Statistik im vergangenen Jahr 145 Fälle von Gewaltkriminalität und damit 43 weniger als 2020. Die Aufklärungsquote: mehr als 84 Prozent.

Auch die Fallzahlen im Bereich der Straßenkriminalität waren 2021 rückläufig (2020: 911; 2021: 851).