Langenberg. In Velbert-Langenberg gibt es Ärger um Privatparkplätze: Wer dort falsch parkt bekommt schnell Post vom Anwalt des Grundstückseigentümers.
Das Schreiben, das die Fahrzeughalterin bekommen hat, ist fünf Seiten lang. Ausführlich erläutert ihr darin ein Anwalt, dass sie vor dem Haus an der Bonsfelder Straße falsch geparkt habe, dass sie das in Zukunft zu unterlassen habe und nun 201,71 Euro zu zahlen habe. Ein teures Vergnügen.
Doch die Dame ist nicht allein: „Sobald dort jemand parkt, kommt der Eigentümer raus, fotografiert das Nummernschild“, berichten mehrere Nachbarn übereinstimmend. Anschließend gebe es Post vom Anwalt. Sogar eine Kamera hat der Mann installiert: Die steht gut sichtbar im großen Fenster des leerstehenden Ladenlokals im Erdgeschoss des Gebäudes.
Auch Kunden einer Bäckerei haben schon Post bekommen
Da auch mehrere Kunden einer Bäckerei schon vom Rechtsbeistand des Mannes Post bekommen haben, hängt dort sogar ein Schild in der Eingangstür: „Liebe Kunden, achten Sie darauf, dass Sie nicht auf der gegenüberliegenden Seite parken.“
Die Falschparker ärgern sich dabei weniger über die Rechnung an sich, sondern über die Höhe. Ja, man sei ertappt worden, sagt einer von ihnen. Nur die Art und Weise, wie er zur Kasse gebeten worden sei, die sei überaus ärgerlich.
Der Eigentümer ist im Recht
„Das ist aber zulässig“, erläutert Markus Schroeder. Er ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in der Velberter Kanzlei DSKF. „Wer dort ohne das Wissen des Parkplatzbesitzers parkt, stört dessen Besitz. Man nennt das ,verbotene Eigenmacht’.“ Der „Störer“ erhalte ein Schreiben des vom Besitzer beauftragten Anwalts mit einer Unterlassungserklärung, außerdem verlange der Anwalt für seinen Mandanten eine Erstattung seiner Anwaltsgebühren. Denn der Mandant trage die Kosten für den Rechtsbeistand, ihm sei also praktisch ein Schaden entstanden. Diesen Schaden gebe er an den „Besitzstörer“ weiter.
„Da kann man auch wenig gegen tun“, sagt Schroeder. „Wenn jedoch der von der Störung betroffene Besitzer bereits in der Vergangenheit durch seinen Anwalt mehrfach zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat und der Besitzer somit über die Vorgehensweise bei der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs informiert ist, muss er für zukünftige Fälle auch nicht unbedingt einen Anwalt beauftragen. Dessen Kosten müssen dann auch bei zukünftigen Störungen im Zweifel nicht durch den Störer erstattet werden.“
Ordnungsamt und Polizei können nichts machen
Denn da es sich um ein Privatgrundstück handele, könnten weder Ordnungsamt noch Polizei etwas machen. „Und wenn er den Falschparker abschleppen lässt, muss er den Abschleppdienst erst einmal aus eigener Tasche bezahlen“, sagt Schroeder. „Dann muss er zusehen, wie er sein Geld wieder bekommt.“
Problematisch könnte zudem die Kamera sein, erläutert der Velberter Verkehrsrechtsexperte. „Denn es mag ja sein, dass der öffentliche Raum nicht im Blickfeld liegt.“ Aber: „Es könnte schon ausreichen, wenn die Kamera den Anschein erweckt, auch auf öffentliche Wege gerichtet zu sein. Gegen den hierdurch erweckten Überwachungsdruck könnten dann im Einzelfall zivilrechtliche Schritte eingeleitet werden.“
Eigentümer will sich nicht äußern
Der Eigentümer des Gebäudes wollte zu der ganzen Geschichte keine Stellung beziehen. Auf die Anfrage der WAZ gab es eine kurze, knappe Antwort: „Da braucht man nicht die WAZ einschalten, das ist alles mit der Polizei abgestimmt“, sagte der Mann auf Nachfrage.
Doch die Behörde dementiert: „Das sagt uns nichts“, sagt Daniel Uebber. „Eine offizielle Absprache ist nicht erfolgt.“ Und der Sprecher der Kreispolizei fährt fort: „So eine Absprache würden wir auch gar nicht treffen.“ Gleiches gelte für den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD), sagt Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach: „Der Vorgang ist uns bekannt, aber eine Vereinbarung oder Absprache gibt es nicht.“ Der KOD habe auch schon Fotos bekommen, „da war der Bürgersteig-Bereich verpixelt“, so Blißenbach.
Hinweis auf die Überwachung ist zwingend erforderlich
Allerdings, sagt Daniel Uebber von der Kreispolizei, dürfe der Eigentümer den öffentlichen Raum nicht filmen. „Auch ein Hinweis darauf, dass das Areal videoüberwacht wird, wäre durchaus hilfreich.“ Nicht nur hilfreich, sondern zwingend vorgeschrieben, sagt hingegen Daniel Strunk, Pressesprecher des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen.
„Eine intransparente Videoüberwachung ist rechtswidrig und stellt zudem einen Bußgeldtatbestand nach Artikel 83 Absatz 5 Datenschutz-Grundverordnung dar“, heißt es dazu auf der Homepage des Landesbeauftragten. Was genau auf dem Hinweis angegeben werden muss, regelt die Datenschutzgrundverordnung – unter anderem der Umstand der Beobachtung, die Identität des für die Überwachung Verantwortlichen und die Dauer der Speicherung der Daten.
Einzelfall muss geprüft werden
Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Videoüberwachung sei in jedem Einzelfall „unter Beachtung aller Umstände zu bewerten“, erläutert Daniel Strunk. Grundsätzlich lasse sich aber sagen, dass „es nicht erlaubt ist, Teile der öffentlichen Verkehrsfläche zu überwachen, zum Beispiel den Gehweg, die Straße und dortigen Parkplätze.“