Velbert.. SKFM und Jobcenter nennen Gründe, warum in einigen Fällen eine existenssichernde Tätigkeit ohne zusätzliche Hilfen nicht möglich ist. Vielen reicht später auch die Rente nicht zum Leben.
Laut neuestem Bericht des Statistischen Bundesamtes haben nie so viele Menschen einen Job gehabt wie zurzeit (etwa 42 Millionen). Eine positive Nachricht, die jedoch bei näherer Betrachtung einen negativen Beigeschmack erhält: Viele dieser Jobs sind Teilzeit- oder Minijobstellen und reichen oft genug allein nicht zum Leben. In ihrer Tätigkeit als Öffentlichkeitsarbeiterin der Velberter Tafel erlebt Renate Zanjani oft Menschen, denen es so ergeht: „Wir hören zum Beispiel, dass die sich nicht lange an einem unserer drei Standorte anstellen können, weil sie davor oder danach noch zur Arbeit müssen.“ Auch mit den Spätwirkungen von zu geringen Löhnen wird Zanjani in ihrer alltäglichen Arbeit immer häufiger konfrontiert: „Zirka die Hälfte unserer Tafelbesucher ist 50 Jahre und aufwärts, weil bei ihnen die Rente nicht zum Leben reicht.“
Zeitverträge erlauben keine Planung
Und noch ein anderer Aspekt ist ihr in Zeiten, in denen befristete Verträge immer mehr zur Regel werden, wichtig: „Es wird heutzutage zunehmend schwerer, sich mit seiner Arbeit zu identifizieren. Menschen können ihr Leben nicht mehr langfristig planen. Sie bekommen das Gefühl, austauschbar zu sein und engagieren sich nicht mehr, weil sie auch ihren Arbeitgeber als austauschbar empfinden.“
Um zu verhindern, dass immer mehr Menschen ihren Verdienst durch Sozialleistungen aufstocken müssen, befürwortet Willi Knust die Einführung eines Mindestlohns. „Gerade weil es immer mehr Arbeiter gibt, die auf zusätzliche Hilfen angewiesen sind und auch immer mehr Selbstständige, die aufstocken müssten, begrüßen wir vom SKFM ausdrücklich die geplante Einführung eines ausgewogenen Mindestlohns“. Dennoch plädiert er für eine differenzierte Betrachtung der Situation der Arbeitenden. Wir haben viele Mitarbeiter, die nicht mehr als 450 Euro verdienen möchten, um keine Sozialversicherungsabgaben zahlen zu müssen. Wenn wir aber als karitativer Arbeitgeber sehen, dass einer unserer Mitarbeiter von so einem Betrag leben muss, ist es meine Verpflichtung, nach einer entsprechenden Lösung zu suchen. So haben wir kürzlich einer Reinigungskraft eine Teilzeitlösung mit Tarifvertrag angeboten.“ Auch Martina Würker, Geschäftsführerin des Jobcenter Mettmann, rät zu einer differenzierten Betrachtung der Zahlen von Menschen, die für ihre Existenzsicherung nicht ausreichend verdienen: „Wir haben im Kreis cirka 3000 Menschen – 200 mehr als im letzten Jahr – in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und 4600 450-Euro und Midi-Jobber, die ergänzende Leistungen beziehen müssen. Einige davon arbeiten aus familiären Gründen bewusst Teilzeit. Von den 3500 Alleinerziehenden, die wir betreuen, sind 1500 arbeitslos und beziehen Leistungen, um ihre Kinder unter drei Jahren betreuen zu könen. Andere können auch aus Krankheitsgründen nicht mehr arbeiten.“