Sprockhövel. Carsten Heile wurde bei einem Tankstellenüberfall in Sprockhövel zusammengeschlagen, und trotzdem verfolgte er die Täter. Wie es ihm heute geht.

Niemand weiß das besser als der ehemalige SEK-Beamte Carsten Heile selbst: Opfer von Verbrechen leben oft traumatisiert weiter und brauche Hilfe. Heile war vor einem Jahr als Kunde an einer Tankstelle in Haßlinghausen in einen Überfall geraten und von den maskierten Tätern übel verletzt worden, bevor er die Verfolgung der Verbrecher aufnahm und der Polizei so half. Wie geht er heute mit dem Erlebten um?

Aus einem anderen Holz geschnitzt

Wahrscheinlich ist der Sprockhöveler Heile aus einem anderen Holz geschnitzt als Normalbürger. Gerne erzählt er von seiner Befragung vor dem Landgericht, als der Richter sich nach überstandenen Verletzungen nach seinem Befinden erkundigte. „Ich habe ihm gesagt, dass ich keine Spätfolgen davon getragen habe, noch nicht einmal Schlafstörungen haben sich eingestellt. Psychologische Unterstützung habe ich nach dem Tankstellenüberfall nicht benötigt“.

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Heile führt dafür seinen Beruf als Chef einer Sicherheitsfirma an - und Jahrzehnte Dienst bei der Polizei, dass er vergleichsweise robust auf Herausforderungen wie die beim Tankstellenüberfall an der Schmiedestraße reagiert habe. „Man muss sich das vielleicht so vorstellen“, erklärt er: „Wenn sie als Zivilfahnder des Nachts mehrere Male zu Wohnungseinbrüchen gerufen werden, um Täter auf frischer Tat zu erwischen, dann ist das normales Business für mich.“ Andererseits habe er jedoch jedes Verständnis dafür, dass Opfer von Einbrüchen auch ohne Begegnung mit dem Täter oftmals über lange Zeit nicht in der Lage sind, angstfrei in ihren Wohnungen zu leben.

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„Ich kann mit solchen Situationen umgehen“, sagt Heile selbstbewusst. Der Berufsalltag in seiner Sicherheitsfirma konfrontiere ihn ebenso wie seine Mitarbeiter immer wieder und oft unvorbereitet mit Ausbrüchen von Gewalt, Messerstechereien und Schlägereien. Am Tag nach dem islamistischen Anschlag in Solingen etwa sei er beruflich bedingt auf eine Feuerwehrfest in Burgaltendorf gewesen. „Die Leute waren schon sehr froh, unsere Präsenz zu spüren“, sagt Carsten Heile. Für das bald danach stattfindende Stadtfest in Sprockhövel sein kurzfristig ein überarbeitetes Sicherheitskonzept beschlossen worden. „Und auch hier haben wir die deutlich gewachsene Akzeptanz der Stadtfestbesucher gespürt.“

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Am 7. November 2023 hatte Carsten Heile abends sein Auto an der Oil-Tankstelle in Haßlinghausen gewaschen. Als er zum Bezahlen den Verkaufsraum betritt, fallen ihm sofort die vielen Zigarettenschachteln auf dem Boden und die verängstigte Frau auf, die hinter dem Verkaufstresen hockt. Dann eilt ein maskierter Mann mit Sonnenbrille, Kapuze, Handschuhen und Sportjacke auf ihn zu, der Heile die Pistole gegen den Kopf schlägt. Nach einem weiteren Schlag geht Heile blutend zu Boden, verfolgt aber kurze Zeit später den flüchtenden Täter mit dem Auto. Sein mutiger Einsatz trägt später dazu bei, zwei der Täter noch in Sprockhövel zu stellen.

Er würde alles wieder so machen

„Nicht nachmachen“, möchte man dazu sagen, auch wenn Heile in jedem Augenblick wusste, was er tat. „Ich würde alles wieder so machen“, sagt er im Rückblick auf die Geschehnisse vor einem Jahr. Die Welt sei in der Zwischenzeit gewiss unsicherer geworden, „auch das Sicherheitsgefühl der Menschen hat durch Kriege und Anschläge sehr gelitten“, sagt der Sprockhöveler. Insofern sei sein Beruf wichtiger geworden, „und der Rückhalt bei den Menschen ist gewachsen, auch wenn es solche unfassbaren Attacken gegen Helfende von Polizei und Feuerwehr gibt.“