Sprockhöve. Mit hohem Tempo fuhr ein Mann über die enge Hombergstraße, fährt ein Paar fast an. Es kommt zu Handgreiflichkeiten. Angeklagt wird aber das Paar.

„Das sag ich jetzt hier mal: Der junge Mann ist ein Verkehrsrowdy und gefahren wie eine gesengte Sau. Eigentlich hätte er hier zuerst auf der Anklagebank sitzen müssen und nicht diese beiden gestandenen Leute“, polterte der Verteidiger einer Sprockhövelerin (49). Sie war zusammen mit ihrem Lebensgefährten (53) wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung angeklagt. Im Laufe der Verhandlung drehte sich das Blatt und die Lage stellte sich ganz anders dar, als anfangs vermutet.

Auseinandersetzung auf der Hombergstraße

Es war kurz vor Weihnachten 2023. Am 17. Dezember trug sich eine Auseinandersetzung an der Hombergstraße zu, die das Paar auf die Anklagebank brachte. Der 53-Jährige schilderte, was sich damals zugetragen hat. Er ging mit seiner Lebensgefährtin spazieren, als ein Auto mit hoher Geschwindigkeit angebraust kam und die beiden fast überfahren hätte. Er machte eine Handbewegung, die man als „Tickst du eigentlich noch sauber?“ bewerten konnte und signalisierte mit beiden Händen: „Fahr langsamer, komm‘ mal runter.“ Das erzählt der Angeklagte.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Sprockhövel verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Daraufhin hielt der junge Mann, der im Gericht als Nebenkläger mit einem eigenen Anwalt erschien, an, stieg aus seinem Wagen aus und kam auf die beiden zu. „Ich hab‘ überlegt, was machst du jetzt? Die Situation hat mich aufgewühlt“, erzählt der 53-Jährige. Erst kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, dann zu einer körperlichen. Vernünftigen Argumenten sei der junge Fahrer überhaupt nicht zugänglich gewesen.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.

„Ich hab noch versucht, deeskalierend auf die beiden Männer einzuwirken. Ich stand auf der Fahrerseite, bekam einen Stoß, wodurch ich eine halbe Umdrehung gemacht habe. Dann hat er mich gegen die Türe gedrückt und mein Jutebeutel fiel zu Boden. Da stand der Junge auch schon vor mir“, schildert die Frau den Ablauf. Sie sammelte ihre Sachen aus dem Beutel wieder ein. Anschließend wurde die Auseinandersetzung härter, ein Glas ging zu Bruch oder wurde geworfen. An dem hat sich der junge Fahrer offenbar verletzt.

Zeuge schildert den Ablauf anders

Er selbst schildert die Situation völlig anders. Er habe an der Wuppertaler Straße bei Rotlicht angehalten, sei dann mit höchstens 30 bis 35 km/h weitergefahren Als er an dem Paar vorbeifuhr, hätte es merkwürdige Gesten gemacht. Er sei, nachdem er angehalten hatte, wüst beschimpft worden, es sei immer schlimmer geworden. Schließlich sei sein Fuß zwischen Fahrertür und Chassis eingeklemmt worden. Er habe in der Folge zwei Wochen einen Krankenschein gehabt. Vom Arzt dokumentiert wurde unter anderem eine Fußprellung.

>>> Hier gibt es mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Der junge Mann verletzte sich wohl an einer Scherbe, denn als die Polizei kam, ging sie einer Blutspur nach. Auf dem Auto, das einen extremen Aufkleber mit Wiedererkennungswert für die Zeugen hat, sind Blutstropfen zu finden, eine solche Spur führt die Beamten auch bis zu seiner Wohnung. Zeugen schildern das, was sich an dem 17. Dezember zugetragen hat, allerdings völlig anders. Mehrere Menschen wurden auf den jungen Mann aufmerksam, weil er vom Kreisverkehr auf der Wuppertaler Straße „mit aufheulendem Motor und mit vollem Karacho“ wie nicht nur eine Zeugin schildert, über die Straße gebrettert ist.

Erinnerung an einen markanten Aufkleber

„Er fuhr schnell, sehr, schnell“, schildern die Zeugen die Fahrweise des Nebenklägers. Sie alle konnten sich an den Wagen so gut erinnern, weil allen der markante Aufkleber auf dem Wagen aufgefallen ist. Eine Frau erzählte, dass sie sich nochmal umgedreht habe, als das Auto an ihr vorbeischoss, weil sie kaum glauben konnte, dass jemand mit einer solch‘ irren Geschwindigkeit über die Straße donnert. „Er ist absolut aggressiv gefahren und schoss aus dem Kreisverkehr raus.“ Klar wurde vor Gericht auch, dass das Gutachten, das der junge Mann wegen angeblicher Beschädigungen an seinem Wagen, hat machen lassen, viele Widersprüche aufweist. Der Staatsanwalt plädierte ganz klar auf Freispruch, die beiden Verteidiger ebenfalls. Dem folgte auch Richter Johannes Kimmeskamp. Gegen den jungen Mann läuft zurzeit wegen des Vorfalls noch eine Anzeige.