Sprockhövel. Die Selbstständigkeit hat sich für den Sprockhöveler Handwerker nicht ausgezahlt. Er wurde straffällig. Wie der Amtsrichter den Fall beurteilte.

Die Situation von kleinen Handwerksbetrieben kann sehr schnell prekär werden, wenn sich Rahmenbedingungen verschlechtern. So erging es einem Sprockhöveler Kleinunternehmer, der sich für unterschlagene Sozialversicherungbeiträge vor Gericht verantworten musste. Wie der Richter die Situation einschätzte.

Vor Selbstständigkeit lange Angestellter

Über Jahre hatte der Angeklagte als Angestellter in einem Handwerksbetrieb gearbeitet, sich dann wenige Monate vor den zur Last gelegten Taten Ende 2021 selbstständig gemacht. Seine Frau machte etwas Büroarbeit, Mitarbeiter im Beruf war der Zwillingsbruder. Mit dieser dünnen Personaldecke stellte sich der 45-jährige Handwerker dem Markt.

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Doch auf den Baustellen war die Firma des Angeklagten eine von vielen Gewerken, ein Zeitplan diktierte, wann und wie schnell Arbeiten durchzuführen sind. Und dann kamen bald die Probleme: „Bestellte Material traf nicht rechtzeitig ein, wir konnten nicht planmäßig unsere Beiträge bei Bauprojekten leisten“, berichtete der Sprockhöveler.

Büroarbeit immer mehr vernachlässigt

Der Kleinunternehmer musste in der Folge immer mehr Zeit dafür aufwenden, Auftraggeber bei Laune zu halten und darüber hinaus neue zu finden. Der angestellte Mitarbeiter kam zu wenig zum Einsatz, Aufträge gingen verloren. „Als dann auch noch unser Steuerberater ausstieg, habe ich echt den Überblick verloren“, räumte der Angeklagte im Hattinger Amtsgericht ein. Seine Frau im Office konnte die nötigen Arbeiten nicht auffangen.

Privat und geschäftlich abgesackt

Dann vermischten sich der geschäftliche und der private Bereich: Die Raten für die private Immobilie konnten nicht mehr gezahlt werden, die Bank übernahm das Haus. Auch im Betrieb geriet alles in Schieflage: „Ich habe alles versucht, irgendwie die Auftragslage zu verbessern“, berichtete der Vater zweier Kinder. Die Betriebsverwaltung geriet völlig aus dem Blick.

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In dieser akuten Notsituation wurde der Kleinunternehmer mit der Anzeige einer Krankenkasse konfrontiert, er habe über Monate keine Sozialversichtungsbeiträge für seinen Mitarbeiter entrichtet. Da war eine stattliche Summe zusammengekommen, wie ihm die Kasse vorrechntete: „Ab Dezember 2021 waren in der Folge fünf Mal Beiträge in Höhe von je 836 Euro nicht bezahlt worden, der Schaden liegt bei 4180 Euro“, trug die Staatsanwaltschaft in der Anklage vor.

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Mittlerweile ist für die Firma des Angeklagten ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden, auch privat hat der Angeklagte Zahlungsunfähigkeit bekennen müssen. Er ist wieder Angestellter einer anderen Firma geworden, ein Gutteil seines Einkommens wird einbehalten. Bei der Verhandlung im Hattinger Amtsgericht ging es jedoch allein um den Vorwurf der Unterschlagung besagter Sozialversicherungsbeiträge.

Milde Strafe

Zur Vervollständigung des Bildes, das der 44-Jährige bei der Urteilsfindung abgab, wurden auch eine Vorbelastungen aufgeführt: So war der Sprockhöveler 2018 zu einer Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden.. Die Staatsanwaltschaft war bereit, hinter der Entziehung keinen Vorsatz zu erkennen und die schwierigen finanziellen Bedingungen beim Strafmaß zu berücksichtigen. Demnach sollte der gescheiterte Selbstständige eine Geldstrafe von 600 Euro zahlen. Richter Kimmeskamp schloss sich im Prinzip zwar diesem Strafrahmen an, setzte die geldstrafe aber zur Bewährung aus: Wenn der Beschuldigte ein Jahr lang streffei belibt, erlischt die Geldstrafe.