Oberhausen. Die Bundestagswahl 2025 steht unmittelbar bevor. Die Politik steht vor großen Aufgaben. Ein Kommentar zur politischen Lage.

Nach der Absage von US-Vizepräsident J. D. Vance auf der jüngsten Münchener Sicherheitskonferenz an die über viele Jahrzehnte bewährte Wertegemeinschaft von USA und Westeuropa steht diese Bundestagswahl auch in Oberhausen unter besonderen, ja historischen Vorzeichen: Gewinnen Autokraten-Freunde und Institutionen-Verächter, die nun sogar die Vereinigten Staaten regieren, auch in Deutschland weitere Stimmen und weitere Bedeutung hinzu oder behaupten sich jene Kräfte, die eine regelbasierte Politik betreiben und das parlamentarische System, die Gewaltenteilung und eine unabhängige Justiz achten.

Das ist das globale politische Szenario, vor dessen Hintergrund sich auch in Oberhausen ein Wahlkampf entfaltet hat, der stellenweise eine überraschend große Resonanz gefunden hat. So konnte etwa der Ausschuss Wirtschaft-Arbeit-Soziales des Evangelischen Kirchenkreises rund 60 Bürgerinnen und Bürger im Gemeindehaus an der Nohlstraße begrüßen, die mit den Bundestagskandidaten diskutierten und sich über deren Positionen detailreich informierten. Mit grünen und roten Stimmkarten wurde dabei sogar über einzelne Themen abgestimmt, um die Meinung des Publikums deutlich zu machen.

WAZ-Redakteur Michael Bresgott kommentiert die politische Lage zum Wahlsonntag am 23. Februar 2025.
WAZ-Redakteur Michael Bresgott kommentiert die politische Lage zum Wahlsonntag am 23. Februar 2025. © FFS | Gerd Wallhorn

Von Politikverdrossenheit keine Spur: Da ging es um Sozialpolitik ebenso wie um den Nahost-Konflikt, um den Angriffskrieg Putins auf die Ukraine und um die irre hohe kommunale Alt-Verschuldung, die eine dynamische Stadtentwicklung hemmt und gerade für Oberhausen ein Top-Krisenthema ist, das in diesem Wahlkampf jedoch weitgehend unbeachtet blieb.

Andere Publikums-Veranstaltungen fanden in Oberhausen ebenfalls ziemlich gute Resonanz. Der Winterwahlkampf vollzog sich verständlicherweise eher in den warmen Sälen als auf der kalten Straße. Doch die Menschen zeigten viel Interesse, fragten nach und brachten sich vielfach mit ihren eigenen Positionen in die Debatten ein.

Es darf mit einer hohen Wahlbeteiligung gerechnet werden

Jetzt sind die Bürgerinnen und Bürger am Zug, wenn sie am Sonntag ins Wahllokal gehen oder ihre Stimme bereits im Vorfeld per Brief- oder Sofortwahl abgegeben haben. Es darf in Oberhausen und darüber hinaus mit einer hohen Wahlbeteiligung gerechnet werden, was eine erfreuliche und gute Nachricht für den Parlamentarismus und die repräsentative Demokratie in der Bundesrepublik ist, die 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg womöglich vor ihrer größten Bewährungsprobe stehen.

Vor allem gilt es, nach dem Wahlsonntag bei den erwartbar schwierigen Koalitionsverhandlungen möglichst schnell eine handlungsfähige Bundesregierung zu bilden, die die seit Jahren diskutierten Probleme etwa auf dem Gebiet der kriselnden Wirtschaft, der maroden Infrastruktur, der ungleich verteilten Bildungschancen und der illegalen Migration endlich konkret lösen muss.

Und zudem geht es plötzlich, nachdem US-Vizepräsident J. D. Vance die Scheidung von Westeuropa eingereicht hat, auch um das große Thema der europäischen Sicherheit und eigenständigen militärischen Verteidigung: ein Thema, das in einer weltoffenen, eng mit der Kultur verbundenen Stadt wie Oberhausen, die sich traditionell dem internationalen Friedensgedanken, Verständigung und Austausch verpflichtet fühlt, eher ungern angepackt und diskutiert wird. Aber auch das steht jetzt unerbittlich auf der Tagesordnung dieses Landes.