Oberhausen. Ein prall gefüllter Saal, die Stadtspitze und viele Bürger vor Ort: Sterkrade diskutiert über die Zukunft des Zechengeländes.

Viele Menschen in Sterkrade wollen es ganz genau wissen: Über 100 Bürgerinnen und Bürger sind am Dienstagabend, 4. Februar, in den Saal des Cafés Gute Hoffnung gekommen, um sich über den aktuellen Stand zum Wohnprojekt auf der Zeche Sterkrade aus erster Hand zu informieren und um ihre Meinung dazu kundzutun.

Ende Januar hatten Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) und Planungsdezernent Thomas Palotz wichtige neue Eckdaten für das Projekt verkündet: Der Grün-Anteil steigt von 20 auf 36 Prozent; der Bauland-Anteil sinkt von 62 auf 46 Prozent im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen. Damit will die Stadt dem heftigen Protest der Bürgerinitiative Zeche Sterkrade Rechnung tragen, die sich grundsätzlich gegen eine Bebauung des grünen Areals an der Von-Trotha-Straße wendet.

Die Weichen für das Vorhaben sind allerdings längst gestellt. Eine Mehrheit des Stadtrates befürwortet eine Bebauung. Nach dem jetzigen Zeitplan soll der Stadtrat im April über den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan entscheiden.

Oberbürgermeister Daniel Schranz stellte über 100 Bürgerinnen und Bürgern in Sterkrade die geänderten Pläne für das Wohnprojekt auf der Zeche Sterkrade vor.
Oberbürgermeister Daniel Schranz stellte über 100 Bürgerinnen und Bürgern in Sterkrade die geänderten Pläne für das Wohnprojekt auf der Zeche Sterkrade vor. © FUNKE Foto Services | Daniel Attia

Zukunft Zeche Sterkrade: Zwei Stunden Diskussion mit vielen Details

Zwei Stunden diskutierten die Bürgerinnen und Bürger am Dienstagabend mit Oberbürgermeister Schranz und Dezernent Palotz im Detail über das Projekt. Schranz und Palotz machten dabei immer wieder deutlich, dass man mit dem erhöhten Grün-Anteil den Interessen der Anwohner des Areals bedeutend entgegengekommen sei. Die geplante Bebauung mit Wohnhäusern und wohnverträglichem Gewerbe präsentiere sich nun in deutlich aufgelockerter Form, zudem rücke sie von den vorhandenen Wohnhäusern an der Von-Trotha-Straße merklich ab. Das Areal werde auch künftig viel Grün bieten, bleibe mit schönen Wegen samt Ruhebänken für Spaziergänger und Erholungssuchende sowie für Freizeitradler auf dem Hoag-Radweg öffentlich zugänglich.

Heftige grundsätzliche Kritik gab es vor allem zu Beginn der Veranstaltung: Da meldeten sich Gegner des Projekts vehement zu Wort und wählten klare Worte: „Ich bin prinzipiell gegen diese Bebauung“, rief ein Mann in den Saal. „Das gesamte Grün soll bleiben!“ Ein weiterer Bürger sprach gar von „Augenwischerei“. Was die Bürger wünschen, werde ignoriert. „Hier geht es nur ums Geld!“

Schranz: Es geht um die Abwägung verschiedener Interessen

Daraufhin ergriff OB Schranz das Wort und stellte seine Sicht der Dinge dazu klar. Es gehe nicht „nur ums Geld“, aber auch die Vermarktungs-Interessen der Flächeneigentümer (RAG Montan Immobilien GmbH und Thelen-Gruppe) seien zu berücksichtigen. Hinzu komme das Allgemeinwohl, also das Interesse der Stadt Oberhausen, neue Wohngebiete mit attraktivem Wohnraum zu schaffen. Im Zuge dieses Abwägungsprozesses habe man die nun vorliegende Planung mit deutlich größerem Grün-Anteil entwickelt. Das sei ein guter Kompromiss.

Blick auf den Hoag-Radweg im künftigen neuen Wohnviertel Zeche Sterkrade.

 
Blick auf den Hoag-Radweg im künftigen neuen Wohnviertel Zeche Sterkrade.   © Stadt Oberhausen | Visualisierung

In der zweiten Stunde des Treffens drehte sich die Debatte vor allem um die Details dieser nun vorliegenden Planung. Ist hier auch eine Dach- oder Fassadenbegrünung vorgesehen, fragte etwa Cornelia Schiemanowski vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Antwort: Eine Dachbegrünung soll es tatsächlich an den bis zu vierstöckigen Häusern geben, eine Fassadenbegrünung nicht. Insgesamt würden wegen des vergleichsweise vielen Grüns künftig günstige mikroklimatische Bedingungen auf dem Areal herrschen, versichern die Planer. Regenwasser soll weitgehend vor Ort versickern, es soll die Bäume bewässern oder auf kurzem Weg in den dann renaturierten Alsbach geleitet werden, der an heißen Sommertagen für eine zusätzliche Kühlung des neuen Wohnviertels sorgen werde. Auch zu diesen optimistischen Prophezeiungen gab es Kritik: Ein Bürger bezweifelte, dass die Pläne den Herausforderungen des Klimawandels ausreichend Rechnung tragen.

Filigranes Brückenbauwerk bindet das Viertel an den Volkspark an

Viel Interesse fand auch die geplante Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Betuwe-Linie, die das Wohnviertel direkt an den Volkspark und an Sterkrade-Mitte anbinden soll. Ein spiralförmiger Aufgang zur Brücke soll Platz sparen und so das umliegende Grün schonen. Das Bauwerk muss ausreichend hoch sein, damit die Züge ungehindert passieren können. Dazu gebe es klare Vorbedingungen der Deutschen Bahn (DB), sagte Dezernent Palotz, der von einem eher leichten, filigranen Bauwerk sprach, das sich ansprechend in die Landschaftsszenerie einbetten soll.

Die neue Brücke über die Betuwe-Linie soll sich schonend und platzsparend in die Landschaft einbetten.
Die neue Brücke über die Betuwe-Linie soll sich schonend und platzsparend in die Landschaft einbetten. © Stadt Oberhausen | Willner Visualisierung

Der Stadtrat könnte nach dem jetzigem Zeitplan im vierten Quartal 2026 den Satzungsbeschluss für das Gesamtprojekt treffen und damit Baurecht schaffen. Palotz rechnet damit, dass wohl erst 2028 der tatsächliche Baustart für das neue Viertel mit voraussichtlich 400 bis 500 Wohnungen erfolgen werde. Ein Bereich bleibt dabei auf jeden Fall von Baggern und Schaufeln unberührt: Das markant rote Fördergerüst der Zeche Sterkrade befindet sich in Besitz der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur und bleibt als Denkmal unangetastet.

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