Oberhausen. Der Bund streicht seine Zuschüsse für Elektrobusse. Das ruft den Verband der Verkehrsbetriebe auf den Plan. Welche Folgen er befürchtet.
Werner Overkamp lenkt als Chef der Stoag die Geschicke der Oberhausener Verkehrsbetriebe und das schon seit vielen Jahren. Aber er hat noch eine wichtige Funktion inne, eine, die weit über die Stadtgrenzen hinausreicht. Der 66-Jährige ist im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mit rund 700 Betrieben Vorsitzender des Verwaltungsrates Bus. Auf diesen Posten wurde er jetzt für eine weitere Amtszeit bestätigt und bleibt damit auch Vizepräsident des Verbandes.
Oberhausener Stoag-Chef sieht den Bund in der Pflicht
Wenn er nun nach vorne blickt, kommt er zu einer Einschätzung, die aufhorchen lässt: „Für die kommenden Monate und Jahre geht es um existenzielle Fragen für die Branche und die Busunternehmen“, mahnt Overkamp. „Über allem steht dabei eine langfristig gesicherte Finanzierung des Betriebs und der notwendigen Investitionen in unsere Infrastrukturen.“
Es sind vor allem drei Entwicklungen, die ihm große Sorge bereiten:
Fördergelder: Der Bund zieht sich aus der finanziellen Förderung beim Kauf von Elektrobussen zurück. „Das ist eine schwere Bürde für die Branche und die deutsche Industrie - und damit für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Die Folgen bekommt die Stoag bereits zu spüren. Von den 14 Millionen Euro für die 23 neuen E-Busse im Jahr 2026, muss das Unternehmen rund zehn Millionen Euro selbst bezahlen, lediglich das Land steigt in die Finanzierung ein. Bei den 15 neuen Bussen, die 2025 starten, hatte der Bund noch knapp eine Million Euro (von gut acht Millionen Euro) übernommen. Andere Verkehrsbetriebe wie beispielsweise die Dortmunder Stadtwerke haben deshalb vorerst den Kauf neuer E-Busse auf Eis gelegt.
Busunternehmen schaffen bereits wieder Dieselbusse an
Nach Zahlen von Overkamp beschaffen 58 Prozent der Verkehrsunternehmen in Deutschland wieder Dieselbusse statt Elektrobusse an. Das bezeichnet der Vizepräsident als „fatal“. Die Betriebe entscheiden sich für die Verbrennermodelle, weil sie nur halb so teuer sind wie die Stromer. Letztlich gefährde aber ein solches Vorgehen „die ökonomische und ökologische Transformation im Land“. Die finanzielle Unterstützung von E Bussen ist für den Vorsitzenden „ein wichtiges Industrieförderprogramm, das zukunftssichere Arbeitsplätze schafft“.
Um eine Umstellung auf „emissionsfreie Antriebe“ zu gewährleisten, müsse „endlich verlässlich und langfristig gefördert werden“. Wenn entsprechendes Geld vom Bund fließe, bleibe am Ende der Kauf der Elektrobusse für ein Unternehmen wie die Stoag kostenneutral; durch den hohen Preis der E-Busse sei erst mit der Bundesförderung eine auskömmliche Finanzierung gesichert.
Zugleich hofft und setzt Overkamp auf ein Einlenken in Berlin, lautet doch die Vorgabe der EU, dass der Wandel hin zur Elektromobilität finanziell nicht zu Lasten der Fahrgäste gehen darf. Das will natürlich auch die Stoag vermeiden, wenn bis zum selbst gesetzten Ziel im Jahr 2032 nach und nach die Busflotte komplett ausgewechselt wird. 2030 dürfen es nach EU-Recht ohnehin nur noch zu zehn Prozent Busse mit Verbrennermotoren sein - und fünf Jahre später müssen alle aus dem Verkehr gezogen sein.
Oberhausener Stoag-Chef: Jedes zweite Unternehmen schränkt bereits sein Angebot ein
Fachkräftemangel: Unter fehlenden Fachkräften leiden Verkehrsbetriebe in einem Maße, das Overkamp mit einer Zahl sehr konkret fassen kann: Jedes zweite Unternehmen habe sich zuletzt gezwungen gesehen, sein Angebot einzuschränken. „Wir müssen neue Wege gehen, um neue Zielgruppen zu erschließen und das Personal noch stärker zu binden.“
Der Verband mache sich seit langem dafür stark, beispielsweise Fahrer aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Darüber hinaus sollte man verstärkt ausländische Fachkräfte hierzulande, beispielsweise Ukrainer, ermöglichen, den Weg in den Busfahrerberuf zu ebnen. Da gehe es unter anderem darum, Berufsabschlüsse aus deren Heimat schneller anzuerkennen oder ihnen auch mit Schulungen eine Chance zu bieten.
Vizepräsident aus Oberhausen fordert preiswertere Busführerscheine
Ausbildung: Es muss einfacher und preiswerter werden, einen Busführerschein zu erlangen, verdeutlicht Overkamp. Aktuell koste die Ausbildung pro Person bis zu 14.500 Euro. Das bedeute eine enorme Belastung gerade für kleinere und mittelständische Verkehrsunternehmen. Zu bedenken gelte es ferner, dass zu den Schulungs- noch die Lohnkosten kommen. „Die angehenden Fahrerinnen und Fahrer werden während der langandauernden Ausbildung schon voll bezahlt.“
Der Verband habe schon einige Vorschläge unterbreitet, damit die Ausbildung billiger wird. Die Anzahl der Pflichtstunden lasse sich deutlich senken. Zudem soll geprüft werden, inwieweit sich der Erwerb des Führerscheins mit der Busfahrerqualifikation kombinieren lasse. Dass die Ausbildung auch deutlich weniger kosten kann, zeige sich in Österreich, dort koste sie 4000 bis 5000 Euro.
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