Oberhausen. Gleich fünf neue Grabvarianten will die Stadt Oberhausen auf ihren Friedhöfen erlauben - dabei werden sogar Räume mit Wohlfühlatmosphäre kreiert.
Wer sein Leben lang eine immer stärkere Individualisierung von Persönlichkeiten erfahren hat, der will auch am Ende seines Lebens nicht auf Vielfalt, Auswahl und Spezialwünsche verzichten. Und so ist die Zeit schon lange vorbei, als auf den Friedhöfen der Kommunen und Kirchen das normale Standard-Erdgrab das Maß aller Dinge war.
Es gibt mittlerweile so verschiedene Bestattungsformen zu äußerst unterschiedlichen Kosten, dass die Wahl nicht einfach fällt. Die fünf städtischen Friedhöfe in Oberhausen lassen zwar schon heute eine Auswahl an Bestattungsvarianten zu, doch andere Kommunen sind da schon weiter. Und so erleben nicht nur die Friedhofsgärtner und Bestatter immer wieder, wie Wünsche von Angehörigen abschlägig beschieden werden müssen. So taucht beispielsweise gerade bei den kleiner werdenden Familien immer wieder der Wunsch auf, aus weiteren Grabformen wählen zu können, die stets gut und ordentlich aussehen - ohne zeitaufwändige Pflege.
Letzte Friedhofsplanung in Oberhausen stammt aus dem Jahr 2006
Denn die letzte Friedhofsplanung inklusive Bestattungsarten fertigte Oberhausen vor 20 Jahren. In dieser Zeit haben sich die Einstellungen zu Bestattungsvarianten erheblich gewandelt: Mittlerweile entscheiden sich 80 Prozent der Oberhausener für Urnenbestattungen, die beispielsweise in kleinen Einzelgräbern oder in Kolumbarien deutlich weniger Fläche benötigen als traditionelle Erdbestattungen. Erst 2003 lag die Zahl der Einäscherungen der Toten erstmals höher als die der Beerdigungen.
Derzeit bietet die Stadt Oberhausen zwölf verschiedene Bestattungsvarianten auf mindestens einem ihrer fünf Friedhöfe an: das Wahlgrab, das Wahlgrab Rasen, das Reihengrab, das Rasenreihengrab, das anonyme Reihengrab, das Urnen-Wahlgrab, das Urnen-Reihengrab, das Urnen-Rasenreihengrab, das anonyme Urnen-Reihengrab, das Urnen-Gemeinschaftsgrab, die Urnen-Stele und das Kolumbarium. Zudem gibt es Bereiche auf den städtischen Friedhöfen für griechisch-orthodoxe Verstorbene (Westfriedhof), für jüdische Tote (Westfriedhof) und für Muslime (Nordfriedhof).
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Künftig will die Stadt Oberhausen fünf weitere Grabformen anbieten, die es in einigen anderen deutschen Kommunen bereits gibt und die erfahrungsgemäß auch bei den Oberhausenern nachgefragt sein dürften. Noch sind dies nur Ideen der Fachleute der Servicebetriebe Oberhausen (SBO), der Rat der Stadt muss noch in seiner Sitzung Mitte November 2024 zustimmen.
Erstens: Mensch&Tierbestattung. Diese Bestattungsvariante ist in Deutschland noch sehr jung, wird aber viele Tierfreunde freuen: Sie möchten ihr Haustier, ihren langjährigen Weggefährten, auf ewig an ihrer Seite haben - auch nach dem Tod. Gerade mal vor neun Jahren eröffnete der erste Mensch-Tier-Friedhof in Deutschland bei Koblenz, weitere Grabmöglichkeiten mit Haustieren sind schon in Essen oder in Hamburg entstanden. Denn hierzulande sind grundsätzlich Mensch- und Tierbestattungen nicht verboten, allerdings muss das Tier immer eingeäschert werden. Sie gelten dann juristisch als „Grabbeigabe“ und sind damit nach Darstellung der städtischen Fachleute „vergleichbar mit einem Kuscheltier, Büchern oder Talismanen, die beigegeben werden“.
Zweitens: Baumbestattung. Zentrales Element bei der Beerdigung unter einem Baum ist, dass man hier eine Grabstätte hat, die zu jeder Jahreszeit ansehnlich aussieht und für die Dauer der Ruhefrist von den Servicebetrieben SBO gepflegt wird. Die Hinterbliebenen schließen mit der SBO einen Pflegevertrag ab, in welchem einmalig die Gesamtsumme für die Erstellung der Anlage, des persönlichen Denkmals für den Verstorbenen und der Pflege enthalten ist. Erlaubt seien sollen hier nur Bestattungen mit Urnen. Diese Variante soll als Reihenbaumbestattung sowie als Baum-Wahlpartner- (zwei Urnen) und -familiengrab (vier Urnen) angeboten werden. Das Konzept der Baumbestattung setzt nicht auf Bäume, die bereits im Bestand des Friedhofes sind, sondern bewusst auf die Neupflanzung eines Jungbaumes. Vier Urnen sollen rund um den Jungbaum platziert werden. Auf diese Weise soll der Friedhof immer mehr zur „grünen Lunge“ des Stadtteils werden.
Drittens: Sarggemeinschaftsgräber. Künftig sollen nicht nur für Urnen, sondern auch für Särge Gemeinschaftsgräber angeboten werden, deren Oberfläche von den Fachleuten der SBO dauerhaft gepflegt wird - mit Stauden und Bodendeckern. Entweder erhält jeder Tote einen persönlichen Grabstein oder alle Verstorbenen der Anlage ein Gemeinschaftsdenkmal.
Viertens: Garten der Erinnerung. Noch nicht in Deutschland häufig anzutreffen, ist eine größere Fläche auf dem Friedhof, die als Garten für alle dort begrabenen Toten angelegt wird. Bestattungen können künftig im Sarg oder als Urne dort erfolgen, die einzelnen Gräber sind aber nicht abgetrennt. Die Gestaltung erfolgt beispielsweise als Rosengarten oder japanischer Garten. Die Anlage ist trotz zusammenhängender Grabfläche kein größeres Gemeinschaftsgrab, denn jede einzelne Grabstätte ist im Nutzungsrecht verlängerbar. Bestattet werden kann man nur dort, wenn man einen langfristigen kostenpflichtigen Pflegevertag mit der SBO abschließt.
Fünftens: Kolumbarium in einem Gebäude. Das „Indoor“-Kolumbarium ähnelt der Grabform der Urnenstele, hier erhalten Besucher die Chance, geschützt vor Regen, Schnee oder Sonne für eine längere Zeit zu verweilen. Deshalb soll der Raum mit Sitzbänken, Dekorationen, Licht, Bücherregal und Tisch so gestaltet werden, dass eine Wohlfühlatmosphäre entsteht. Als Indoor-Kolumbarium schlägt die SBO die alte Trauerhalle auf dem Westfriedhof vor. Dass die Nachfrage danach hoch sein wird, haben die Fachleute in Alstaden erlebt: Das dortige Kolumbarium ist fast voll belegt.
Das 28-seitige Konzeptpapier der Friedhofs-Fachleute wird nun in allen Bezirksvertretungen, in den Fachausschüssen und Mitte November im Rat von den Politikern diskutiert - und gegebenenfalls genehmigt.