Duisburg/Oberhausen. Im Februar wurde eine junge Frau in einer Behinderten-Werkstatt in Oberhausen getötet. Seit Dienstag läuft der Prozess am Landgericht Duisburg.
Als liege die Schwere der Anschuldigung auf seinen Schultern, sitzt der Angeklagte gebeugt auf seinem Platz im Gerichtssaal. Sein Blick richtet sich nach unten, nur selten hebt er den Kopf für einen verstohlenen Blick in den Saal. Zum Vorwurf, Ende Februar eine junge Frau in einer Werkstatt für Menschen mit geistiger Behinderung der Lebenshilfe Oberhausen getötet zu haben, möchte er schweigen.
Der Saal 201 des Duisburger Landgerichtes ist voll besetzt an diesem Dienstagmorgen. Viele Kolleginnen und Kollegen des Opfers und des mutmaßlichen Täters sind gekommen, um den Prozessauftakt gegen den mittlerweile 28 Jahre alten Angeklagten zu verfolgen.
Beide hatten einen Job in der Lebenshilfe-Werkstatt
Die Anklage wiegt schwer: Am 27. Februar soll sich der Oberhausener nach der Mittagspause mit einer Kollegin auf dem Gelände der Lebenshilfe-Werkstatt getroffen haben. Beide, sowohl der Angeklagte, als auch das zum Tatzeitpunkt 22 Jahre alte Opfer, hatten als Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterin mit geistiger Behinderung einen Job in der Werkstatt. Sie suchten sich für ihr Treffen laut Anklage einen Platz etwas abseits auf dem Gelände und begaben sich demnach dann in ein Gebüsch. Den Grund dieses Treffens führte die zuständige Staatsanwältin bei der Verlesung der Anklageschrift nicht aus.
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In diesem Bambus-Busch soll der Angeklagte die junge Frau mit dem Band seines Schlüssels gedrosselt, mit den Händen gewürgt und gegen den Kopf geschlagen haben. Den Angriff hat die junge Frau nicht überlebt. Um seine Tat zu vertuschen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, soll er die Leiche noch etwas weiter ins Gebüsch gezogen haben.
Anklage geht von verminderter Schuldfähigkeit aus
Erst am nächsten Morgen, es war noch dunkel gegen 4.40 Uhr an diesem kalten Februartag, wurde der Körper der jungen Frau gefunden. „Das hat sich eingebrannt, es war wie in einem Gruselfilm“, schilderte die Oberhausener Polizistin, die bei der Suche nach der am Vorabend als vermisst gemeldeten Frau die Leiche entdeckt hat. Sie ging allein etwas abseits der Kollegen, das Licht ihrer Taschenlampe schien durch den Nebel. Da hörte sie die Melodie einer Spieluhr – es war der Handy-Klingelton der Toten. Die Beamtin folgte der Melodie und fand den leblosen Körper. Sie habe noch nach einem Puls getastet, aber schnell gemerkt, dass die teils unbekleidete Frau tot war.
Von den anschließenden Ermittlungen berichteten am ersten Prozesstag weitere Polizeikräfte. Der Anfangsverdacht gegen den Angeklagten habe sich sehr schnell ergeben, so ein Beamter des Essener Polizeipräsidiums. Zeugen hätten ausgesagt, dass der Angeklagte und das spätere Opfer gemeinsam auf dem Gelände eine Zigarette geraucht hatten. Zurückgekehrt von dieser Zigarettenpause sei aber nur der Angeklagte. Spätere Analysen hätten dann ergeben, dass sich DNA-Spuren des Angeklagten am Opfer befanden – und umgekehrt DNA-Spuren des Opfers am Angeklagten. Zwei Tage nach dem Auffinden der Leiche, am 1. März 2024, wurde der Verdächtige festgenommen.
Der 28-Jährige habe heimtückisch gehandelt und aus sexuellen Motiven. Die Anklage lautet daher auf Mord. Weil der Angeklagte unter anderem an einer Autismus-Spektrum-Störung leidet, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Oberhausener vermindert schuldfähig ist. Das könnte sich aufs Strafmaß auswirken: Bei einem Schuldspruch kann das Gericht statt einer lebenslangen Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe von drei bis 15 Jahren verhängen.
Der Prozess wird am 31. Oktober fortgesetzt.