Oberhausen. Mit rund 2000 Kunstwerken zum Ausleihen hat die Ludwiggalerie ein „Schaufenster“ mitten in Oberhausen. Der „Artoclub“ soll viele Extras bieten.
„Mit der Artothek“, sagte Oberhausens Schlossherrin Christine Vogt schon im Sommer vorigen Jahres, „ist die Ludwiggalerie mitten in der Stadt – ein Fenster für uns“. In der Tat: Fensterflächen bietet die nun seit zwei Wochen geöffnete „neue“ Artothek im Europahaus zur Genüge: An der Ecke Friedensplatz / Elsässer Straße eröffnet die einladende Front nun verlockende Ausblicke auf Gemälde, Grafiken und Fotografien. Im Kleinen Schloss, dem alten Domizil des Kunst-„Leihhauses“, machte allmonatlich allein ein Aufsteller auf das hinter einer schlichten Holztür verborgene Schatzkästlein aufmerksam.
„Jetzt können unsere Besucher vor der Kunst flanieren“, sagt Ursula Bendorf-Depenbrock. Die Diplom-Designerin teilt sich mit ihrer Kollegin Sabine Falkenbach eine Stelle zur Kunstvermittlung - inklusive Leitung der Artothek - und sprudelt schier über vor Ideen, was sich alles mit den großzügigen neuen Räumen anstellen lässt.
Zunächst lässt sich der Einladung „Leih dir Kunst!“ jetzt wesentlich öfter folgen, denn die benachbarten Räume von Artothek und „Artoclub“ öffnen nicht mehr nur monatlich, sondern an jedem Mittwoch von 16 bis 18 Uhr und jeden Donnerstag von 13 bis 19 Uhr. So soll die Kunst viel mehr Neugierige erreichen. „Wie eine schicke Galerie in Düsseldorf“, hörte Sabine Falkenbach von etlichen der ersten Besucher. Allerdings mit einem gewaltigen Unterschied: Die geringste Leihgebühr (ein Kunstwerk für drei Monate) beträgt selbst nach dem neuen, erhöhten Gebührensatz nur 15 Euro. Dafür können Galerie-Hopper in der Landeshauptstadt allenfalls einen Prosecco kippen - haben aber kein neues Bild an der Wohnzimmerwand.
Statt dicht an dicht gedrängt kann das Artothek-Duo die Gemälde und Grafiken nun großzügiger präsentieren. Aber man wundert sich dennoch: Über 1500 Künstler-Leihgaben zählen zum Bestand plus ein kleinerer Teil an Werken in städtischem Besitz. Vieles ist nach wie vor in jenen praktisch raumsparenden Möbeln untergebracht, die man fast „Grabbelkisten“ nennen möchte – wäre das nicht arg despektierlich. Doch nur eine Wendeltreppe entfernt verfügt die Artothek nun, zur Freude von Ursula Bendorf-Depenbrock, über Kellerräume voller Grafikschränke: „Unser Archiv“.
Ob kleine Bronzen vom Bildhauer und „Local Hero“ Jörg Mazur, die bis auf einen goldigen Astronauten derzeit vergriffen sind, oder gewaltig-poppige Hingucker-Gemälde des Mülheimers Klaus Wichmann: Erstmals wurde für den Umzug der gesamte Bestand aller Leihgaben archivarisch exakt erfasst. Mit den Schöpfern der Grafiken, Gemälde und vereinzelten Skulpturen einigt sich Bendorf-Depenbrock zunächst meist auf zweijährige Leihfristen: „Oft werden daraus Dauer-Leihgaben.“ Und oft genug erfüllt sich die stille Hoffnung der Künstlerinnen und Künstler: „Schockverliebte“ wollen die Werke nicht nur ausleihen, sondern kaufen. „Wir sind keine Galerie“, betont die Artothek-Leiterin. Aber man stelle gerne den Kontakt her.
In ähnlich offenem Geist bestanden die Artothek-Macherinnen auf einer Öffnung zwischen den beiden Ladenlokalen: dem einstigen Pelzgeschäft zum Friedensplatz und dem zuletzt als „Café Klatsch“ von der Awo genutzten „Artoclub“-Raum. Derzeit sind hier sämtliche Einreichungen für den jüngsten Fotowettbewerb der Ludwiggalerie, „About us“ zu sehen. Viele weitere Ausstellungen sollen folgen, teils auch aus dem Artothek-Bestand komponiert, zudem Lesungen und Workshops. Sabine Falkenbach ergänzt: „Wir könnten hier auch Kunst schätzen lassen.“ Schließlich träumen viele, das ererbte Blatt überm Vertiko könnte doch mehr sein als „nur“ ein Plakat (wie übrigens effektsicher auf einer Staffelei im Artothek-Keller): nämlich ein echter Picasso.
Nun hofft das „Leihhaus“-Team, dass ihnen unter den mehr als 1900 Artothek-Kunden auch die auswärtigen Kunden von Mettmann bis Recklinghausen treu bleiben, die von Oberhausen bisher nur den Weg zum Schloss kannten. Sie müssen jetzt - ihr Navi auf neuestem Stand - auf Einbahnstraßen bis zu den Parkplätzen am Rand des Friedensplatzes vordringen. Die sind eigentlich ideal gelegen für die beiden Artothek-Nachmittage: direkt vor den Kunst-Schaufenstern. Als „Parkscheine“ gibt‘s Kärtchen mit dem „Leih dir Kunst!“-Slogan.
Anders als bei der Ludwiggalerie sind die meisten der rund 130 deutschen Artotheken an öffentliche Bibliotheken angedockt. Ursula Bendorf-Depenbrock weiß: So gut gerahmt und verpackt wie nun im Europahaus finden Kunstliebhaber die schönen Leihgaben nur selten. „Wir spielen mit den Möglichkeiten guter Rahmen und Passepartouts - das sehen die Kunden.“ Zudem lassen sich die Kennerinnen gerne auf ausführliche Beratungsgespräche ein - und erkannten während der ersten beiden Wochen an der neuen Adresse: „Für viele war es ganz neu, dass es diese Möglichkeit gibt.“
Mit der „Artothek-Kundenkarte“ geht‘s auch in die Ludwiggalerie
Wie Ludwiggalerie und städtische Malschule erhöht auch die Artothek mit dem Umzug ins Europahaus ihre Preise - zudem mit der neuen Option, Kunstwerke für ein ganzes Jahr auszuleihen. Wie bisher sind Verpackung und Versicherung für Bilder oder Skulpturen in der Leihgebühr enthalten.
Die geringste Leihgebühr (ein Kunstwerk für drei Monate) verteuert sich um 4 Euro auf 15 Euro. Wer das Zehnfache investiert, erhält für 150 Euro die „Artothek-Kundenkarte“, kann dafür drei Kunstwerke für ein volles Jahr auswählen und hat ebenfalls für zwölf Monate freien Eintritt in der Ludwiggalerie.