Oberhausen. Viele Besucher lobten die Premiere von „Scots on the Castle“ an der Oberhausener Burg Vondern. In zwei Momenten mussten die Macher improvisieren.
Der aus Holz geschnitzte Wegweiser lässt selbst Kenner schmunzeln. Die bekannte schottische Wiskeybrennerei Bowmore lag noch nie so nah. Normalerweise müssen Liebhaber des Hochprozentigen 1400 Kilometer bis zum westschottischen Islay absolvieren. Am Samstag standen samtig gefüllte Gläser keine zehn Meter hinter dem Burgbogen im Oberhausener Ortsteil Vondern.
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Schottland ist mit dem Kurzstrecken-Busticket zu erreichen. Das gibt es auch nicht alle Tage. Die Veranstalter melden schon am Nachmittag: „Wir hoffen auf 2000 Besucherinnen und Besucher und liegen bestens im Plan.“ Hinten, von der Showbühne, schwappt zwar das Volkslied „Whiskey in the Jar“ herüber. Doch der einst von den „Dubliners“ populär gemachte und Metallica gestählte Dauer-Hit ist nicht der Soundtrack eines sumpfigen Pub-Abends, der bis nach Irland ausstrahlt.
Scots on the Castle: Starke Männer und Frauen tragen Baumstämme spazieren
Das Freiluft-Festival „Scots on the Castle“ möchte zur Premiere jedenfalls mehr sein. Am mit Leinentüchern ummantelten Lagerstand winkt ein älterer, bärtiger Mann im karierten Kilt herüber. Er stampft mit dem Fuß auf den Boden und erhebt den Zeigerfinger als wollte er sagen: „Ihr Hobby-Schotten, herumstehen kann jeder. Mittanzen ist angesagt!“
Ein Ehepaar in der Übergangsjacke möchte es genau wissen: „Friert man nicht unter dem Rock?“ Nein, Schotten kennen weder Schmerz noch Witterung. Schließlich hatten die Veranstalter eigentlich Glück. Nach dem windig-nassen Freitag ist es am Wochenende zwar wechselhaft, aber zwischendurch auch herbstlich-schön. „Das schottische Wetter haben wir gebucht, darum gab es vorher bei uns keine Zweifel“, scherzt Veranstalter Julien Bügler von Festa Medievale.
Bange machen gilt nicht, weiß er an einer fassrunden Gastronomie, an der Met-Bier mit Honignote und Kirschbier mit Frucht-Aroma aus den Zapfhähnen fließt. Dass etliche Sonnensegel, die auch Regen abhalten, noch hinter den Kulissen lagern, zeigt aber, dass die Macher doch auf Nummer sicher gehen.
Das Aufwärmen klappt jedenfalls problemlos. Auf der großen Wiese, links neben der Burg, fließen sogar Schweißperlen. Es wird geklatscht, gestaunt, angefeuert. Die „Highland Games“ laufen mit den für ungeschulte Augen skurrilen Disziplinen. Bei acht Clans messen sich starke Männer und Frauen in Teamstärke. Sie tragen bullige Baumstämme auf ihren Schultern spazieren, werfen schwere Hufeisen auf gekennzeichnete Ziele und umklammern dicke Steinkugeln als wäre die Kilolast ein federleichter Plastikball.
Scots on the Castle: Fruchtige Hackfleischtörtchen und beleuchtete Teekannen
Wenn sie brüllen und jubeln, spürt man den Spaß an der Anstrengung. Eine reine Jux-Veranstaltung sind die „Highland Games“ aber keineswegs. Es folgt eine aufwändige Punkteauswertung der Kampfrichter. Die sportlichen Disziplinen werden zudem in Verbänden auf professionelle Füße gestellt. Auch Schotten beharren auf ihr Regelwerk!
Auf einem Nebenplatz machen sie alles fürs Seilziehen klar - daneben: Jahrmarkttreiben. Das Tartan-Webmuster, das die Zugehörigkeit der Familienclans signalisieren kann, flattert im Wind. An der Hütten-Theke werden beim Schotten-Shoppen dunkle Lederarmbänder an Handgelenke gehalten. Sogar beleuchtete Teekannen schimmern. Und wer sich „Mince Pies“, die fruchtigen Hackfleischtörtchen, zur traditionellen Weihnachtszeit gönnen möchte, kann am britischen Süßigkeitenstand die abgepackte Variante einfach mitnehmen. Wohl bekomms!
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Viel zu essen, viel zu sehen. Zwei Programmpunkte fehlten allerdings. Eigentlich sollte von einem externen Anbieter eine Collieshow mit schottischen Hirtenhund gezeigt werden. Doch das Oberhausener Veterinäramt lehnte vorher ab. Dies wiederum lag am Paragraf 11 im Tierschutzgesetz. Dort wird nämlich beim Präsentieren von Tieren zwischen Hobby und Absicht der Gewinnerzielung unterschieden.
Scots on the Castle: Schein fehlte - Show mit schottischen Hirtenhunden ersetzt
„Hier fehlen nötige Genehmigungen und Scheine zur Vorführung der Tiere. Dies bedauern wir sehr. Wir haben uns aber darauf verlassen, dass hier alles in Ordnung ist und die Papiere vom Anbieter der Show selbst eingereicht wurden“, richtete sich der Veranstalter ans Publikum. Grundsätzlich seien die Voraussetzungen bei den externen Organisatoren vorhanden. Doch die Trägerperson sei verhindert und nicht in Oberhausen anwesend gewesen. Eine andere Hundeshow sprang dafür kurzfristig ein und füllte die Lücke.
Auch die Falkner waren beim Schotten-Festival überraschend nicht dabei. Alerdings aus anderen Beweggründen. „Es sind private Gründe. Diese wollen wir hier aus Respekt nicht nennen“, heißt es beim Veranstalter.
Julien Bügler von Festa Medievale: „Wir rechnen damit, dass beide Programmpunkte im kommenden Jahr in Oberhausen aber dabei sind.“ Die Macher wollen das schottische Fest nämlich wiederholen. „Statt nur am Samstag und Sonntag zu öffnen, wollen wir gerne auch den Freitag hinzunehmen, damit wir mehr Musik-Gruppen auftreten lassen können.“
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