Oberhausen. Mitten in der Sterkrader Fußgängerzone verfällt ein Haus. Händler in der Nachbarschaft ärgern sich über den Zustand der Immobilie.
- In der Sterkrader Innenstadt steht seit Jahren ein Wohnhaus leer
- Händler in der Nachbarschaft ärgern sich über den Zustand
- Besitzer macht Banken für den Leerstand verantwortlich
An der Scheibe klebt die Bitte, man solle nichts aufkleben. Aber das kann niemanden mehr abschrecken. Das Lokal hinter den Fenstern ist verwahrlost, ein paar Tauben flattern umher, der Boden ist mit Taubenkot übersät. Hinten scheint das Licht durch. Die Fenster, nein, die ganze Fassade fehlt auf der Rückseite. Eine Folie flattert im Wind.
Seit Jahren steht die dreistöckige Immobilie an der Bahnhofstraße 48 in Sterkrade leer. Unten war mal ein Ladenlokal, oben haben irgendwann mal Menschen gewohnt. Die Botschaft „Fuck Cops“ prangt in verblichenen Lettern an den oberen Fenstern. Auf die weiße Fassade im ersten Stock hat jemand „Free all Antifas“ geschrieben. Aber auch das fällt gar nicht mehr auf. „Ach“, sagt eine Frau, die auf ihrem Rollator in der Sterkrader Fußgängerzone sitzt. „Das habe ich noch gar nicht gesehen.“
Gewöhnt haben sich die Menschen aber nicht an den Leerstand. Auf Facebook ist ein lebhafter Streit über die Schmierereien an der Fassade entstanden. Auch die Händler vor Ort nervt der Lost Place. Leerstand ist auch in Sterkrade ein Dauer-Thema. „Bei mir ist es immer sauber“, beschwert sich Tahir Asif, Chef eines Mobilfunkladens. Direkt neben seinem Shop sprießt das Unkraut. „Das stört uns, wenn in der Einkaufsstraße ein Lokal leer bleibt.“ Er habe auch schon Ratten beobachtet, Tauben würden tot im Hinterhof liegen. „So geht das doch nicht.“
Wohnhaus in Oberhausen-Sterkrade seit Jahren leer: Darum stoppte der Umbau
Wer nach Hinweisen auf den Besitzer sucht, stößt an der Fensterfront auf einen Aushang. Offensichtlich sollte hier mal ein Shop der Postbank einziehen. Das Bau-Plakat informierte vor acht Jahren über den Umbau des Erdgeschosslokals. Außerdem sollte der 1. Stock ausgebaut werden, ein Aufzug installiert und generell der Brandschutz ertüchtigt werden. Geschehen ist aber - nichts.
Anruf bei demjenigen, dem das Haus gehört. An anderen Ende der Leitung meldet sich kein Immobilienhai, der alles dementiert und schönfärbt. Es ist die klare, redselige Stimme eines älteren Mannes, der detailreich seine Sicht der Dinge erzählen will: Alfred Schledorn, 77 Jahre alt und mittlerweile in Dinslaken wohnhaft. Schledorn hat früher eine Bäckerei in dem 1904 erbauten Haus betrieben. Später wurde diese übernommen. Doch dann ging es bergab.
Verlassenes Haus in Sterkrade: Besitzer erklärt sich
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Alfred Schledorn erinnert sich genau an Gespräche mit Banken und Kreditgebern, an Namen und Versprechungen. Allerdings wollen oder können sich seine Gesprächspartner nicht mehr erinnern. „Kein Kommentar“, sagt die Postbank auf Nachfrage dieser Redaktion. „Bankgeheimnis“, sagt die Sparkasse Oberhausen, bei der Alfred Schledorn einen Kredit für den Umbau haben wollte.
Alfred Schledorns Geschichte geht so: Vor rund zehn Jahren zeigte die Postbank Interesse an dem Erdgeschoss-Lokal. Die Gespräche liefen gut, „aber es musste alles wahnsinnig schnell gehen“. Mit einem Architekten arbeitete er einen Entwurf aus. Die Planung stand. Es gab Treffen vor Ort, genaue Zeitpläne. „Plötzlich hörte ich nichts mehr“, sagt Alfred Schledorn. Das sei von einem auf den anderen Tag gekommen. Die Postbank sagte das Projekt ab.
Er machte sich auf die Suche nach einem anderen Mieter. Im ersten Stock sollte ein Konzept für Betreutes Wohnen entstehen, die Wohnungen darüber hatte er auch Interessenten zugesagt. Alfred Schledorn ging zur Bank, um Förderkredite abzurufen. Die Bank habe sich dann gesprächsbereit gezeigt, das Gebäude sei für die Sterkrader Innenstadt wichtig. „Dann bekam ich einen Zweizeiler mit einer Absage.“ Auch das sei für ihn völlig überraschend gekommen. „Ich bin doch zig Jahre schon Kunde bei der Sparkasse.“
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Alfred Schledorns Geschichte beinhaltet noch mehr: juristische Streitereien mit einer Anwohnerin, die einen Baustopp erzwang, böse Überraschungen beim Abbruch. Er sagt, er habe schon eine Million Euro in das Haus gesteckt. „Mir gehen jedes Jahr 150.000 Euro an Miete flöten. Das ist ja der Wahnsinn.“ Dennoch wolle er nicht aufgeben. Er führe aktuell wieder Gespräche mit einem Interessenten. „Ich gebe wirklich alles, was ich kann“, beteuert er.
Und die Schmiereien? Die habe er schon zweimal weggemacht. „Jetzt lass ich es.“