Oberhausen. Abo-Änderungen, Auskünfte, Kritik: Mitarbeiter im Oberhausener Stoag-Kundencenter brauchen viel Gelassenheit. Was sie erleben, was sie stört.
Die Schlange reicht bis nach draußen. Umsonst gibt es hier nichts, und auch keine Autogramme. Dafür aber ein Lächeln und die Chance, ein Problem loszuwerden. Darum kümmern sich an diesem Morgen Jenny Stratmann und Heike Walenciak. Sie sitzen an ihren Bildschirmen im Stoag-Kundencenter am Oberhausener Hauptbahnhof und sind bereit. „Guten Morgen.“
Rund um den Monatswechsel ist in dem Häuschen an der Trassen-Haltestelle am meisten los. Es geht um Abo-Kündigungen und Änderungen, um nicht gedeckte Konten und Kartenrückgaben. Ein Mann will für seine Frau das Deutschlandticket kaufen. Jenny Stratmann informiert ihn, dass er nicht für seine Frau Verträge unterzeichnen kann. Beim Blick ins System fällt ihr auf, dass es in der Vergangenheit Zahlungsschwierigkeiten gab. „Wir müssen daher erstmal ihre Bonität prüfen.“ Der Mann nimmt das zur Kenntnis und unterschreibt. Laut wird es trotz dieser heiklen Sache nicht.
Digitalisierung im Nahverkehr: Ältere Kunden brauchen noch Hilfe
„Die meisten Kundinnen und Kunden sind verständnisvoll“, sagt Melek Uslucuk.. Die 32-Jährige ist Gruppenleiterin des Kundencenters. Sie kümmert sich um das 14-köpfige Team, das sich täglich ab 8 Uhr in den drei Kundencentern der Stoag um die vielen Fragen kümmert. „Hier ist das Herzstück“, sagt Melek Uslucuk. „Hier ist immer viel los.“ Und falls zu viel los ist, steht vor der Tür noch der mobile Service. Das sind Mitarbeitende, die Fragen sozusagen aus dem Stand beantworten können.
Jenny Stratmann, stellvertretende Gruppenleiterin, sagt gerade wieder „Guten Morgen“. Eine junge Kundin möchte das Deutschlandticket kaufen. Eigentlich ganz einfach, 49 Euro, monatlich kündbar. Doch das Gerät muckt und nimmt die Karte nicht an. Jenny Stratmann fragt bei ihrer Kollegin nach, die Schlange wartet. Nach einigen Minuten ist es geschafft. Zahlung akzeptiert. Ein typischer Fall, der die Wartezeit erhöht, sagt Melek Uslucuk. „Die technischen Probleme sind störend. Wir haben zwar eine gute IT-Abteilung. Aber das kostet natürlich Zeit.“
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Die Technik beschäftigt auch die Kundinnen und Kunden. Neben der Neuen Mitte betreibt die Stoag ein weiteres Kundencenter in Sterkrade. Hier würden vor allem ältere Menschen Tickets kaufen. „Viele haben ein Handy, auf dem man die Tickets digital zeigen könnte. Sie wollen aber trotzdem etwas in der Hand haben“, sagt Jenny Stratmann. „Da gibt es noch eine gewissen Hemmschwelle.“
Doch das entspricht nicht der Strategie des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR). Seit dem 1. September werden in Bussen nur noch Einzel- und Fahrradtickets auf Papier verkauft. Das Angebot soll weiter ausgedünnt werden, die Fahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel digitaler werden. Denn egal, ob Chipkarte für Monatstickets wie dem Deutschlandticket oder Fahrkarten auf Papier - der Aufwand für die Nahverkehrsbetriebe ist so deutlich größer, als wenn der Kunde das Ticket rein digital über eine Handy-App lädt und dem Kontrolleur zeigt. Sogar ganz ohne Ticket mit digital berechnetem Fahrweg funktioniert schon seit 2022 der „eezy“-Tarif mit Hilfe eines Smartphones: Abgerechnet wird per GPS. Die Kunden zahlen einen Grundpreis plus zurückgelegter Luftlinie.
Oberhausen: Stoag führt Übersetzer mit 96 Sprachen ein
Die Mitarbeiterinnen des Kundencenters müssen nicht nur Nachhilfe in der Bedienung von Apps leisten, sie müssen auch die Wünsche der Menschen erahnen können. Denn eine nicht geringe Zahl an Kunden beherrschen die deutsche Sprache nur unzureichend, diese Sprachbarriere ist nach Aussage von Gruppenleiterin Melek Usculuk gerade am Hauptbahnhof ein Problem.
Die Stoag hat sich deshalb nach einer Erleichterung umgeschaut. Demnächst soll ein digitaler Übersetzer eingesetzt werden. Kunden sprechen in das kleine Gerät. Dieses erkennt die Sprache, übersetzt das Gesagte und verwandelt es in einen Text. Die Antwort wird dann in anderer Richtung übersetzt. Laut Stoag-Pressesprecher Jens Hüsgen kann der Übersetzer 96 Sprachen.
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Die Schlange hat sich im Laufe unserer Recherche vor Ort nicht wesentlich verändert. Heike Walenciak hört nicht auf, zu lächeln. Seit 22 Jahren arbeitet sie im Kundencenter, hauptsächlich in Sterkrade, und hat sich eine Lebenstaktik zurückgelegt. „Wenn man freundlich ist, bekommt man auch Freundlichkeit zurück.“ Sie erlebe nur äußerst selten, dass Kundinnen oder Kunden aus der Haut fahren und beleidigend werden. Sie mache ihren Job auch mit 61 Jahren noch gerne. „Die schönen Momente sind die, wenn man einer Gruppe dabei helfen kann, ihren Ausflug zu planen. Oder jemand an die Fensterscheibe klopft und lächelt. Da freue ich mich.“ Ein Lächeln braucht auch keinen Übersetzer.