Oberhausen. Die Emscher-Renaturierung zeigt in Oberhausen, was sie kann: Seltene Vögel und Insekten tummeln sich in der Fluss-Aue. Naturexperten staunen.

Tobias Rautenberg und weitere Vogelexperten melden Neues aus dem Holtener Bruch im Stadtnorden von Oberhausen: Bei einer frühmorgendlichen Exkursion hat der Diplom-Biogeograph jetzt eine äußerst seltene Beobachtung machen können.

Tobias Rautenberg wollte seinen Augen fast nicht trauen, als gegen 7.45 Uhr ein Vogel im Holtener Bruch zum Landeanflug ansetzte, den ornithologisch weniger kundige Menschen wohl als zu klein geratenen Kormoran bezeichnen würden. Doch wegen der geringen Größe und eines speziellen Flugverhaltens war dem Wissenschaftler sofort klar, dass er es hier mit einer echten Sensation zu tun hat. Es handelte sich bei dem „Minikormoran“ um eine Zwergscharbe, die zuvor überhaupt erst zweimal (im Jahr 2003 und im Jahr 2020) in Nordrhein-Westfalen festgestellt worden ist.

Sensationelle Beobachtung frühmorgens im Holtener Bruch in Oberhausen: Eine Zwergscharbe ist gelandet.
Sensationelle Beobachtung frühmorgens im Holtener Bruch in Oberhausen: Eine Zwergscharbe ist gelandet. © PM | Wilfried van de Sand

Das neue Feuchtgebiet im Holtener Bruch, das im Zuge der Emscher-Renaturierung entstanden ist und künftig als riesiges Überschwemmungs-Areal für den renaturierten Fluss dient, hat sich in den letzten Monaten zu einem kleinen Vogelparadies entwickelt und bereits für zahlreiche beachtliche Entdeckungen gesorgt.

Via Smartphone sind Vogelinteressierte aus ganz NRW informiert worden

Nun also die seltene Zwergscharbe! Diese Art habe ihren Verbreitungsschwerpunkt, so berichtet Tobias Rautenberg, eigentlich in Südosteuropa. Sie zeige jedoch neuerdings eine Ausbreitungstendenz nach Nordwesten und habe im Jahr 2022 erstmals in Deutschland an zwei Orten in Bayern gebrütet.

Die Entdeckung der Zwergscharbe im Holtener Bruch hat sich in Expertenkreisen rasend schnell herumgesprochen: „Umgehend wurden via Smartphone und Internet Vogelinteressierte aus ganz NRW innerhalb von Minuten informiert und einige machten sich auch sofort auf den Weg, mit der Hoffnung den seltenen Gast ebenfalls zu Gesicht zu bekommen“, berichtet Tobias Rautenberg. Die Stippvisite der Zwergscharbe in Holten habe allerdings nur kurze Zeit gewährt, denn nach knapp einer Dreiviertelstunde habe sich der Vogel bereits wieder zur Weiterreise entschlossen, so dass nur noch der Oberhausener Naturfotograf Wilfried van de Sand das Glück gehabt habe, gerade noch rechtzeitig vor Ort zu sein, um ein paar Belegfotos schießen zu können.

Watvogelarten und seltene Wasservögel machen in Oberhausen Station

Kiebitz mit Küken im Holtener Bruch in Oberhausen.
Kiebitz mit Küken im Holtener Bruch in Oberhausen. © PM | Anja Siepen-Scheffer

Unterdessen sind auch etwas weniger spektakuläre Gäste im Feuchtgebiet zu beobachten. So sind in diesem Sommer zahlreiche Watvogelarten wie Flussuferläufer, Grünschenkel, Wald- und Bruchwasserläufer sowie seltene Wasservögel wie Löffel- und Knäkenten auf den Schlamm- und Flachwasserflächen unterwegs gewesen und auch ein Zugtrupp Weißstörche nutzte die feuchten Wiesen zur Rast. Auf die Brutzeit im Holtener Bruch blickt Tobias Rautenberg ebenfalls positiv zurück, denn erstmals seit Jahren sei hier im Stadtgebiet von Oberhausen wieder ein Kiebitzbrutpaar mit drei Jungvögeln präsent gewesen und auch Flussregenpfeifer hätten mit gleich vier flüggen Jungen einen überaus erfolgreichen Aufenthalt absolviert.

Naturparadies im Stadtnorden von Oberhausen: Zahlreichen Libellenarten bietet der Holtener Bruch inzwischen beste Lebensbedingungen, hier eine Östliche Moosjungfer.
Naturparadies im Stadtnorden von Oberhausen: Zahlreichen Libellenarten bietet der Holtener Bruch inzwischen beste Lebensbedingungen, hier eine Östliche Moosjungfer. © PM | Tobias Rautenberg

Besonders bemerkenswert: Auch für zahlreiche Libellenarten bietet der Holtener Bruch inzwischen beste Bedingungen. Mitte Juli konnte Tobias Rautenberg in Zuge seiner Tätigkeit als Mitarbeiter bei der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet völlig überraschend ein Weibchen der Östlichen Moosjungfer entdecken und dokumentieren.  

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