Oberhausen. 4400 Bluthochdruck-Patienten behandelt das Evangelische Krankenhaus Oberhausen jährlich. Viele ahnten nichts von ihrer gefährlichen Erkrankung.
Als stille Killer gelten Bluthochdruck und die damit verbundenen Gefäßerkrankungen. Sie bleiben meist unbemerkt, bis es zu spät ist. Dabei ist in Deutschland bereits knapp jeder Dritte betroffen. Auch in unserer Stadt sterben alljährlich fast 300 Oberhausenerinnen und Oberhausener bis 64 Jahren an den oft schweren Folgeerkrankungen. Der Basisgesundheitsericht 2023 für Oberhausen spricht von „vermeidbaren Sterbefällen“. Vermeidbar, wenn Betroffene schneller in die richtigen Hände kämen. Genau dafür will ab sofort auch das zertifizierte Hypertonie-Zentrum am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO) sorgen.
Denn allein im EKO werden alljährlich rund 4400 Bluthochdruck-Patienten behandelt. Viele davon kamen wegen einer anderen Erkrankung. Welch tückisches Leiden sie mitbrachten, ahnten sie oft nicht einmal. Dabei ist kaum eine Erkrankung so leicht und gut zu behandeln wie Bluthochdruck, weiß Dr. Florin Laubenthal. Der Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am EKO zählt laut Focus-Ärzteliste zu den deutschlandweit besten Medizinern 2024. Das von ihm und seinem Team aufgebaute Bluthochdruck-Zentrum hat außerdem soeben das begehrte Zertifikat der Deutschen Hochdruckliga erhalten – ein aus Fachkreisen unabhängig vergebenes Gütesiegel, das Patientinnen und Patienten signalisiert: Hier findet ihr Experten.
Blutdruck-Messungen gehören normalerweise zu den Routine-Untersuchungen beim Hausarzt. Doch nicht immer fällt dabei ein Bluthochdruck auch wirklich auf. „Einzelne, höhere Messungen sind außerdem noch gar nicht von Krankheitswert“, erläutert der leitende Oberarzt, Dr. Muhammad Yousef. Erst Richtwerte, die tagsüber dauerhaft über 135 zu 85 und nachts über 125 zu 80 liegen, sollten hellhörig machen. Genau hinschauen sollte darüber hinaus, wer an Schwindel, Kopfschmerzen, Ohrensausen, Kurzatmigkeit, Schlafstörungen oder ständigem Nasenbluten leidet. „Am besten man holt sich auch ohne Symptome ein Messgerät in der Apotheke und misst mal ein paar Wochen lang durch“, rät Yousef. Die so entstandene Tabelle sollten Patientinnen und Patienten zu ihrem Hausarzt mitnehmen.
Enge Zusammenarbeit mit Nieren- und Stoffwechsel-Spezialisten
„Denn nur so kann der Hausarzt dann sofort erkennen, ob es ein Problem gibt oder nicht“, ergänzt Laubenthal. Üblicherweise erhalten Betroffene im Falle einer entsprechenden Diagnose sofort Blutdrucksenker. Doch manchmal sei es gar nicht so leicht, einen hohen Blutdruck wieder unter Kontrolle zu bringen. „Dann ist unser Zentrum gefragt“, sagt Laubenthal. „Sechs bis acht Wochen kann es dauern, bis die Patientinnen und Patienten sich wieder wohl mit ihrem Mittel fühlen.“
Gerade in den ersten Tagen können auch kritische Momente mit einem Blutdruck sogar über 180 vorkommen. „Bei schweren Fällen mit vielen hohen Blutdruck-Ausreißern ist deshalb immer eine Einstellung im Krankenhaus angeraten.“ Damit gar nicht erst das passiert, was die Mediziner so oft als Spätfolgen sehen müssen: Herzinfarkte, Schlaganfälle, Gefäßverschlüsse in den Beinen oder Armen. „Die meisten kommen erst mit ihren schweren Folgeerkrankungen zu uns“, bedauern die Experten. Dabei könnte so vieles im Vorfeld verhindert werden. „Dazu gehören auch etliche Todesfälle.“
Um das begehrte Zertifikat zu erhalten, müssen in einem Zentrum mindestens zwei Hypertensiologen arbeiten, also zwei Fachärzte, die in der Behandlung von Bluthochdruckpatienten besonders erfahren sind und sich regelmäßig fortbilden. „Wir haben sechs davon“, erzählt Laubenthal stolz. „Außerdem stimmen wir uns eng mit allen betoffenen Fachabteilungen ab, also den Nierenspezialisten, den Stoffwechselexperten, den Radiologen.“
Bei rund 90 Prozent der Patienten könne keine Ursache für ihre Erkrankung gefunden werden. Aber bei zehn Prozent schon. „Das können Verengungen in den Nierengefäßen sein oder Erkrankungen der Nebennierenrinde.“ Manchmal führten aber auch Atemaussetzer in der Nacht zum erhöhten Blutdruck. „In solchen Fällen benötigen die Betroffenen eben keine Blutdruckmittel, sondern muss die Ursache beseitigt werden.“
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