Oberhausen. Die Emschergenossenschaft fördert Eigeninitiative beim Klimaschutz. Wofür und wieviel Geld es gibt, zeigt eine Tour durch die Oberhausener City.
- Ein Dachgarten eignet sich für fast alle flachen und leicht geneigten Hausdächer.
- Grün auf dem Dach ist eine der effektivsten Maßnahmen gegen überflutete Keller.
- Für einen Quadratmeter begrünte Fläche gibt es 50 Euro von der Emschergenossenschaft.
Es ist nur ein Liter Wasser – doch der breitet sich auf dem versiegelten Pflaster des Saporischschja-Platzes in der Oberhausener Innenstadt innerhalb eines Sekundenbruchteils meterweit aus. Was erst würde passieren, wenn hier durch Starkregen plötzlich 60 Liter auf diese Steinwüste prasselten? Dass Starkregen-Ereignisse und Hitzewarnungen, wie in diesen Tagen, durch den Klimawandel künftig zunehmen werden, darüber sind sich praktisch alle Klimaforscher einig. Welche Bodenbeläge dann mitverantwortlich sind für vollgelaufene Keller, auch dies erleben die rund zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einer ganz besonderen Tour durch Oberhausen hautnah.
Martina Zbick, Energieberaterin der Oberhausener Verbraucherberatung, und Birte Trampnau vom städtischen Klimaschutz-Bereich zeigen beim Klimaspaziergang, wie man selbst handeln kann, um Häuser und Menschen vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Wie stark die Hitzeentwicklung inzwischen ausfallen kann, erlebt Oberhausen gerade in diesen Tagen erneut. Der Dienstag, 13. August 2024, ist der bislang heißeste Tag des Jahres, mit gemessenen Temperaturen im Schatten von 33 Grad und gefühlter Hitze von über 38 Grad - deshalb gibt es nicht nur für Oberhausen eine amtliche Warnung vor extremer Hitze.
Gleich neben dem Pflaster des Sapo-Platzes hat die Stadt große Schotterflächen angelegt, die von Baumscheiben unterbrochen werden. Der Nutzwert dieses Bodenbelages für Insekten ist zwar gering. Doch als Birte Trampnau die zweite Flasche Wasser über die grauen Steinchen fließen lässt, ist das Staunen groß. „Oh, das versickert schneller, als ich dachte“, sagt Doris Gerusel, die selbst in der Innenstadt wohnt und sich mehr Grün wünscht.
Weshalb ein grünes Dach so wertvoll ist
Im Fahrstuhl geht es in die sechste Etage des Bert-Brecht-Hauses. Martina Zbick öffnet eine Glastür am Ende des Ganges und winkt ihre Gäste ins Freie. „Ich wusste gar nicht, dass sich hier oben so etwas Schönes befindet“, stellt Cornelia Schiemanowski beim Anblick des bunten Dachgartens begeistert fest. Die Oberhausenerin engagiert sich beim Naturschutzbund BUND vor Ort und ist auf der Suche nach Ideen. „Das kann jeder nachmachen“, schwärmt Zbick.
Geeignet ist ein Dachgarten für fast alle flachen und leicht geneigten Hausdächer, außerdem für Carports und Garagen. „Dachbegrünung ist gerade in zugepflasterten Innenstädten eine der effektivsten Maßnahmen gegen überflutete Keller.“ Denn ein grüner Garten auf dem Dach nimmt jede Menge Regenwasser auf - anschließend verdunstet es.
Damit gelangt weniger Wasser in die Kanalisation, was sich bei Starkregen für alle Anwohner sofort auszahlt. Spürbar im Geldbeutel der Hausbesitzer klimpert es, wenn die Abrechnung der Abwassergebühr in den Briefkasten flattert. „Denn weniger Wasser, das in die Kanalisation abfließt, bedeutet eine um bis zu 50 Prozent geringere Gebühr.“ Außerdem kann Grün auf dem Dach das lokale Klima um bis zu 1,5 Grad herunterkühlen, Feinstaub binden, CO2 verringern, die Artenvielfalt fördern und auch noch die Innenräume kühlen. Ein Pluspunkt im Winter, der ebenfalls den Geldbeutel schont: Ein Gründach verbessert die Wärmedämmung.
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Die Emschergenossenschaft fördert Dachbegrünung mit einem ordentlichen Zuschuss
Neugierig geworden? Dann gibt es jetzt eine weitere gute Nachricht: Die Emschergenossenschaft fördert Dachgärten mit einem ordentlichen Zuschuss. In den Genuss kommen alle Eigentümer mit Grundbesitz im Einzugsgebiet und damit (fast) in ganz Oberhausen. Für einen Quadratmeter begrünte Fläche gibt es 50 Euro. Maximal werden 3000 Euro für 60 Quadratmeter gezahlt. Mehr Infos dazu gibt es unter www.klima-werk.de/gruendachfoerderung.
„Die Verantwortlichen im Rathaus denken solche Maßnahmen inzwischen bei möglichst jedem Neubau mit“, betont Birte Trampnau. So erhalte auch der neue Bau für die Gesamtschule im Knappenviertel ein Gründach. „Schade, dass so etwas nicht auch beim Edeka-Zentrallager an der Waldteichstraße gemacht worden ist“, bedauert Cornelia Schiemanowski. Sauer stößt Teilnehmerin Louise Hoyer aber auch der Neubau der Sparkasse in Sterkrade auf. „Das ist ein richtiger Betonklotz geworden.“
Ein Wasserspielplatz, nicht nur für die Kinder der Oberhausener Innenstadt
Nach dem Bert-Brecht-Haus wandert die Gruppe durch die Gluthitze des Tages zum Wasserspiel am Saporischschja-Platz, in dem im Sommer gerne die Kinder aus der City toben. „Wasser kühlt nicht nur uns gut herunter“, erläutert Zbick, sondern auch die Umgebungstemperatur. Selbst in einer Entfernung von 30 Metern sei die Luft noch immer um ein Grad kühler. Tatsächlich: Ein Blick auf ihr mitgebrachtes Messgerät beweist es. Selbst ein kleiner Tischbrunnen auf dem Balkon oder der Terrasse könnte sich schon positiv auf die Umgebungstemperatur auswirken.
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Weiter geht es über die Goebenstraße in Richtung Marktstraße. Am Altmarkt hinter der Herz Jesu Kirche atmet Doris Gerusel hörbar auf. „Das ist für mich die schönste Ecke der Innenstadt geworden“, sagt sie und zeigt auf die schon recht stattlichen Bäume. „Ich hätte nie gedacht, dass die so schnell wachsen und dass das im Sommer so viel bringt.“ Während sich die Gruppe in den Schatten flüchtet, gibt Zbick weitere Tipps.
„Wer an ein neues Dach denkt, sollte sich für helle Ziegel entscheiden.“ Denn helle Farben auf dem Dach, aber natürlich auch an der Fassade sorgten sofort für kühlere Innenräume. Während weiße Tondachziegel Hitze besonders gut abwehren könnten, heizt sich schwarze Bitumen-Dachpappe schnell sogar auf über 90 Grad auf. Die nächste kurze Wanderung führt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Altmarktgarten, direkt unter dem Dachgarten in der City.
Ein Regenwald mitten in der Oberhausener Innenstadt
Das Stahltor gibt den Weg in eine andere Welt frei. Die Luft wird mit einem Schlag kühler, das Sonnenlicht tänzelt durch den Innenhof. Kletterpflanzen wie Immergrünes Geißblatt, Kletterhortensie, Wilder Wein oder Klematis eigenen sich perfekt für schattige Plätzchen. „Von heimischem Efeu würde ich aber abraten, weil er das Mauerwerk beschädigt“, warnt Martina Zbick. Stattdessen hat sich die Stadt als Eigentümerin des Gebäudes für Stahlseile als Kletterhilfen für einen Vertikalgarten entschieden. An den Seilen rankt sich chinesischer Blauregen in die Tiefe - wie ein grüner Wasserfall: „Das dämmt die Fassade.“
Raus will irgendwie niemand. Denn obwohl es bereits Abend ist, hält sich die Temperatur hartnäckig bei 30 Grad. Aber es hilft ja nichts, der krönende Abschluss wartet. Hannelore Kugelmann hat in ihr Privathaus an der Friedenstraße eingeladen. Auch ihre Fassade ist begrünt. Durch ihre Wohnung hindurch geht es in einen rund 80 Quadratmeter großen Hinterhof-Garten. Willkommen in der italienischen Toskana. Begrenzt wird die Oase von einem hellgelb gestrichenen Anbau, natürlich mit Dachgarten.
Ein Prachtstück von Apfelbaum verschattet die Terrasse. Hortensien schmiegen sich an Zitronenbäume. Wilder Holunder hat sich selbst ein Plätzchen gesucht. Stangenbohnen, Tomaten und Kartoffeln landen direkt aus dem Garten im Kochtopf. „Wenn das nicht zum Nachahmen einlädt“, sind die Besucher begeistert. „Jetzt fehlen nur noch ein Teller Nudeln und ein Glas Wein.“ Na denn, Salute.
Die schönsten Fotos zum Klimaspaziergang durch Oberhausen
Wer jetzt selbst tätig werden möchte: Ein Überblick über Klimaschutz-Förderprogramme gibt es auf der Online-Seite www.mehrgruenamhaus.de/mehrgruen-foerderung. Im Rahmen der Kampagne „Mehr Grün am Haus“ informiert die Verbraucherzentrale NRW darüber, wie eine Begrünung an Häusern und Grundstücken gelingt. Kostenlose Online-Seminare dazu finden jeden ersten Mittwoch im Monat statt (www.mehrgruenamhaus.de/veranstaltungen).
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