Oberhausen. Einmal im Jahr wird Burg Vondern in Oberhausen ins Mittelalter zurückversetzt. Warum das Spektakel bei den Menschen so beliebt ist.
Der Jahrmarkt war in kleinen Städten im Mittelalter der Höhepunkt des Jahres. Fahrendes Volk hat sich dann unter die Einheimischen gemischt, hat Neuigkeiten verbreitet und einmalige Ablenkung vom Einerlei des Landlebens geboten. Im Stil eines solchen Jahrmarkts präsentiert sich auch Burg Vondern seit Freitag und noch bis Sonntagnachmittag, beim Burgspektakel. Mit Ablenkung für Großstadtmenschen von heute.
Oberhausen: Schon am Freitagnachmittag ist Vondern zugeparkt
Auch dazu ist viel fahrendes Volk gekommen, rund 700 Personen. Rund um die Burg ist schon am Freitagnachmittag kein Parkplatz mehr zu kriegen. Sie haben Zelte aus Naturmaterialien aufgeschlagen. Offene Feuer brennen. Sie bieten Schmuck und Bekleidung an, aber auch Essbares. Der Duft von gerösteten Mandeln liegt am Eingang in der Luft. Er geht über in den angenehmen Geruch von Seifen, die eine Frau zum Kauf anbietet.
Auf der Wiese westlich der Burg ist eine Bühne aufgebaut. Davor sitzen die ersten Gäste an Tischen, verfolgen das Quartett auf der Bühne, eine Trommlerin, ein Trommler und zwei Dudelsackspieler, die für Stimmung sorgen. Weil Wolken die Sonne abschirmen, herrscht ein angenehmes Klima.
Hier ist Lars Helbig am Stand seiner Firma aus Ansbach in Mittelfranken beschäftigt. Sie vertreibt alles, was man benötigt, wenn man das Mittelalter nachspielen möchte, außer Textilien. Helbig erklärt gerade einer jungen Familie, dass das Schwert, das so täuschend echt aussieht, aus Plastik ist. „Es ist zum Prügeln da. Das tut zwar weh, ist aber nicht tödlich“, sagt er.
Ritterspiele auf Burg Vondern: Wenn Erwachsene sich wieder verkleiden
Acht Monate im Jahr zieht Helbig von Mittelaltermarkt zu Mittelaltermarkt durch Deutschland, lebt im Wohnwagen. Seit 30 Jahren. „Hier können die Leute den Alltag vergessen. Es entschleunigt und entspannt. Hier darf der Erwachsene Kind sein“, erklärt er. Uns sei heute eben das Leben wichtig, im Mittelalter sei man schon mit dem Überleben zufrieden gewesen.
Wenige Meter weiter geht es um richtige Waffen. Ein als Söldner verkleideter Hüne erklärt einem jungen Familienvater die Bedeutung unterschiedlicher Stichwaffen. Schusswaffen kamen ja erst um 1500 auf. Der Familienvater erfährt, dass die langen Kämpfe in Hollywoodfilmen unrealistisch sind.
Mittelalter: Kurze aber heftige Kämpfe
In Wirklichkeit sei es darum gegangen, dem Feind so schnell wie möglich an der empfindlichsten Stelle den entscheidenden Schlag zu versetzen. Wer einmal verletzt gewesen sei, habe keine Chance mehr gehabt, zum Angriff überzugehen. Die junge Mutter verdreht die Augen. Ihr Mann sagt später „Das wäre nicht meine Zeit. Dafür bin ich zu lieb.“
Warum es im Mittelalter so gewalttätig und grausam zugegangen ist, obwohl doch die Kirche so einflussreich gewesen ist, für solche Fragen bleibt keine Zeit. Immerhin gibt es ja noch den Stand von Uwe Flemke aus Duisburg. Der kennt sich mit der Bedeutung der Vornamen aus. Er verkauft die Erklärung auf schmuckem Papier. Eine Frau namens Heide-Maria erbittet Auskunft. „Heide kommt von germanisch Adelheid: ,von adeliger Abkunft.‘ Und Maria ist hebräisch: die Widerspenstig-Ungezähmte.“ Eine Frau also, die nicht erst gesprochen habe, wenn ihr Mann es ihr gestattet habe.
Noch wenig los ist am Stand der Falkner Yuki Onna aus Maastricht. Sieben Greifvögel haben sie mitgebracht: vier Eulen, einen Wanderfalken, einen Geier und einen Weißkopfseeadler. Sie sitzen auf Stangen oder Platten unter einem Sonnenschutz. Angebunden seien sie nur zur Sicherheit, falls es mal zum Kontakt mit einem Hund kommt, erklärt Walter Mom, ein junger Mann, der sie später vorführen wird.
Oberhausen: Daheim gibt es für die Greifvögel auch Freiflüge
Ursprünglich seien die Greifvögel abgerichtet worden, um mit ihnen Jagd auf Fasane, Hühner, Gänse, Kaninchen und Feldhasen zu machen. Ein Falkner habe immer in Diensten eines Adligen gestanden. Der Adler hat 2,50 Meter Spannweite. Die Rasse lebte ursprünglich in Nordamerika. Sein Adler, berichtet Walter, stamme aus der Eifel.
Mit viel Zeit und Training habe man den Greifvögeln die Angst vor den Menschen genommen. Daheim in Maastricht erhielten die Vögel jeden Tag einen Freiflug. Sie würden immer wieder zurückkommen, weil ihr Leben bei den Menschen einfacher sei: „keine Futtersuche, kein Stress“, erklärt der Dresseur. Deshalb könne der Adler auch 70 Jahre alt werden, in der Natur kaum möglich.
Burg Vondern: Fanfarenstöße kündigen den Ritterwettbewerb an
Von der einzigen Bank an der Promenade hinter der Burg beobachtet ein Mann von Anfang vierzig aus Alt-Oberhausen das Geschehen. Er möchte anonym bleiben. „Ich wollte es mir mal ansehen. Bin voriges Jahr nicht dazu gekommen“, sagt er. Die Falknerei sei eine schöne Sache für Kinder. Die bunten Kostüme, die Stände, das habe er alles so erwartet.
Als Fanfarenstöße einen Ritterwettbewerb ankündigen, erhebt er sich und geht dorthin. Vier Rittersleute treten gegeneinander an, versuchen vom Pferd aus Ringe am Boden aufzuspießen, erst jeweils einen und dann immer mehr. Es gelingt ihnen nicht immer. Mehrere hundert Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgen das Geschehen.
Zum zweiten Mal hat ein Profi das Burgspektakel organisiert und rund 7000 Menschen erwartet
Zum zweiten Mal veranstaltet Julien Bügler aus Oberhausen das mittelalterliche Spektakel rund um Burg Vondern. Er organisiert solche Feste in der ganzen Region. Bis dahin hatte es zehn Mal der Förderkreis Burg Vondern veranstaltet. Bereits am Dienstag hat Bügler mit seinen Leuten angefangen, die Umgebung der Burg einzuzäunen und die Wiesen nach Platzregen trockenzulegen. Niemand soll den Markt ohne Eintritt betreten. Für das Wochenende rechnet er mit 7000 Menschen. „Die Leute wollen nicht nur fernsehen, sondern selbst etwas erleben, etwas anderes als den Alltag“, sagt er zum Erfolg der Mittelaltermärkte. Montagnachmittag muss alles wieder abgebaut sein.
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