Oberhausen. Sind Fade-Cuts ein Hautpilz-Risiko? Welche Hygienemaßnahmen Barber-Shops in Oberhausen ergreifen und welche Meinung sie zu diesem Thema haben.

Manche sprechen schon von einer Epidemie, die ihren Ursprung in den deutschlandweit beliebten Barber-Shops haben soll. Diese schießen seit einigen Jahren in den Einkaufsstraßen aus dem Boden. Doch seit einigen Wochen sind sie wegen einer sich ausbreitenden Hautpilz-Variante in Verruf geraten: Trichophyton tonsurans heißt der hochansteckende Fadenpilz, der insbesondere junge Männer befällt, die sich einen „Fade“ haben schneiden lassen.

Einen Fade-Cut nach dem anderen raspelt Abdulmajid Gargari, Chef im Friseursalon „Relax“ an der Marktstraße, ins Haupthaar seiner jungen Kundschaft.
Einen Fade-Cut nach dem anderen raspelt Abdulmajid Gargari, Chef im Friseursalon „Relax“ an der Marktstraße, ins Haupthaar seiner jungen Kundschaft. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Ein Fade-Cut ist ein Schnitt, der die Haare hinten und an den Seiten nur sehr kurz stehen lässt oder sogar ganz abrasiert, um dann mit einem weichen Übergang ins volle Haar überzugehen. Es entsteht eine langsam verblassenden Linie von Haar zu Haut. Es gibt einen Low Fade, Mid Fade oder High Fade, je nach Kopfform, Haarwuchs und Geschmack. Spezialisten für diesen Frisuren-Trend sind Barber-Shops. Wir haben bei einigen in der Oberhausener Innenstadt nachgefragt, ob das Fadenpilz-Problem auch hier bekannt ist und was dagegen unternommen wird.

Im „Barber Shop Shyar“ frisiert der Chef Shyar Omar gerade persönlich. Er verpasst Bayram Kahric den letzten Feinschliff für seinen Fade-Cut. Einmal pro Woche lässt Bayram sich seinen Mid Fade nachjustieren, immer von Shyar persönlich. Das ist ihm wichtig. „Ich hatte schon einmal einen Ausschlag, nachdem ich beim Barbier war“, sagt der 25-Jährige und zückt sein Handy. Das Foto darauf zeigt ein Foto von seinem roten, pickligen Nacken. Das will er nicht noch einmal erleben.

Männer unter sich: Im Barber Shop Shyar in Oberhausen wartet die Kundschaft geduldig auf ihre trendige Haar- und Bart-Frisur.
Männer unter sich: Im Barber Shop Shyar in Oberhausen wartet die Kundschaft geduldig auf ihre trendige Haar- und Bart-Frisur. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Shyar Omar, der seit 20 Jahren als Friseur arbeitet und seit sechs Jahren das Geschäft an der Elsässer Straße führt, versichert seinem Stammkunden, dass er noch keinen Fall von Hautpilz bei sich hatte. Er zeigt auf ein Gefäß mit Desinfektionsmittel, in dem Scheren und Messer gerade ein Bad nehmen. Und dann das „Kolonya“ in der Sprühflasche, die orientalische Version von Eau de Cologne. Mit der penetrant duftenden Flüssigkeit, die zu 80 Prozent aus Alkohol besteht und zum Beispiel in der Türkei Gästen zur Begrüßung in die Hände geschüttet wird, sprühe er alle seine Haartrimm-Instrumente ein, berichtet Omar und demonstriert dies gleich auch.

Alle Werkzeuge, Rasiermesser und Scheren kommen im Barber-Shop Shyar in Oberhausen nach dem Gebrauch in eine Desinfektionslösung.
Alle Werkzeuge, Rasiermesser und Scheren kommen im Barber-Shop Shyar in Oberhausen nach dem Gebrauch in eine Desinfektionslösung. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Der 33-Jährige Barbier hat auch von der Hautpilz-Sache gehört und sich seine Gedanken gemacht: „Das kommt hiervon“, sagt er, „Zu 80 Prozent kommt das hiervon.“ In der Hand hält er einen Epilierer. Er nimmt die Kunststoffkappe des kleinen schwarzen Geräts ab, reinigt es erst mit dem Pinsel, dann mit Kolonya. Jetzt setzt er es im Nackenbereich von Bayram an, der vertrauensvoll in den Spiegel blickt. Dieses Ding, das auch er benutze, jedoch niemals ungereinigt, habe das Potenzial, Hautkrankheiten von Mann zu Mann zu übertragen, ist Shyar Omar überzeugt.

Feinarbeit: Mitarbeiter Hassan Haji trimmt im Barber-Shop Shyar in Oberhausen den Bart von Kunde Rasi Cakar.
Feinarbeit: Mitarbeiter Hassan Haji trimmt im Barber-Shop Shyar in Oberhausen den Bart von Kunde Rasi Cakar. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Auch Abdulmajid Gargari hat ein Friseurgeschäft in der Oberhausener City, das auf Männerhaarschnitte und Bärte spezialisiert ist (Frauen sind aber auch willkommen). Wie Shyar Omar stammt auch er aus Syrien und macht ebenfalls einen „Fade Cut“ nach dem nächsten. Gerade ist er mit dem Kopf von Ilias Georgiadis beschäftigt, der ihm seit Jahren treu ist. „Selbst als ich mal in Dinslaken gewohnt habe, bin ich alle zwei Wochen hierher gefahren“, sagt der 31-Jährige. Er fühlt sich merklich wohl im Salon mit dem Namen „Relax“ an der Marktstraße.

Desinfektion alla turca: Die Schneidegeräte sprühen die Mitarbeiter im Friseursalon „Relax“ in Oberhausen mit Kolonya, der türkischen Variante von Eau de Cologne, ein.
Desinfektion alla turca: Die Schneidegeräte sprühen die Mitarbeiter im Friseursalon „Relax“ in Oberhausen mit Kolonya, der türkischen Variante von Eau de Cologne, ein. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Gargari ist 40 Jahre alt und belächelt das Comeback der Fade-Frisuren, das auch durch die Fußballer in den Stadien der Europameisterschaft befeuert wurde. Dass ein Barbier seine Scheren und Klingen sauber hält, ist für ihn Ehrensache. Und auch er nebelt seine Gerätschaften ordentlich mit Kolonya ein.

„Der Hautpilz muss nicht von uns kommen“, sagt er. „Jetzt sagen alle, die Barber-Shops sind schuld, aber man kann auch aus anderen Gründen Hautprobleme haben. Es kann am Wetter liegen oder am Stress oder an trockener Haut.“ Den Friseur ärgere es, dass seine Zunft so viele negative Schlagzeilen erhalte. „Manchmal sitzen hier Leute, die haben tagelang nicht geduscht“, erzählt er von so manch ekliger Begegnung im Salon. „Liegt das dann an uns, wenn die einen Hautpilz haben?“