Oberhausen. Das Prognos-Institut hat in einer Sonderauswertung 71 Großstädte verglichen, um die lebenswerteste Stadt zu finden. Hier die Top- und Flop-Liste.

Hitlisten und Rankings sind beliebt: Schon seit 20 Jahren versucht das Schweizer Prognos-Institut anhand von mehreren Dutzend Indikatoren herauszufinden, welche Stadt in Deutschland besonders lebenswert, besonders zukunftsträchtig, besonders dynamisch ist - und welche Städte diesen Anforderungen nicht genügen. Die Prognos-Wissenschaftler haben nun ein neues aktuelles Städteranking veröffentlicht, das an diesem Wochenende die Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“ ausführlich in ihrer Printausgabe veröffentlicht.

Diesmal hat man alle 71 kreisfreien Städte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in den Blick genommen. Dabei werden nicht nur statisch die vorhandenen Werte eines Jahres betrachtet (Status Quo oder Niveau-Ranking), sondern auch die Dynamik, also die Entwicklung der vergangenen Jahre (Dynamik-Ranking).

Basis dieser Analyse ist allerdings der alle drei Jahre erscheinende Prognos-„Zukunftsatlas“ über 400 Kreise und kreisfreie Städte in Deutschland. Der letzte wurde 2022 erstellt. Es ist kein Geheimnis: Die Ruhrgebietsstädte schneiden bei dieser Art des Rankings auf Datenbasis kontinuierlich schlecht ab. Denn die strukturellen und finanziellen Altlasten bescherten auch vor zwei Jahren dem Ruhrgebiet im Zukunftsatlas beim Niveauvergleich („Status Quo“) einmal mehr Plätze im letzten Viertel des Feldes. Dort landeten neben den Schlusslichtern Gelsenkirchen (Rang 400) und Duisburg (399) auch Herne (396), Oberhausen (394), Bottrop (371), Dortmund (364), Bochum (349) und Essen (342). Sie haben schließlich die gleichen Probleme: hohe Arbeitslosigkeit, geringe Kaufkraft, die Verschuldung der Kommunen und vieler Menschen sowie hohe Hebesätze bei der Gewerbesteuer.

Prognos-Institut vergleicht 71 kreisfreie Großstädte in Deutschland

Auf der Basis des Zukunftsatlas 2022 haben die Prognos-Wissenschaftler nun das neue Städteranking erstellt: Man hat 28 Parameter in fünf Themenfeldern (Ökologie, Mobilität, Soziales, Arbeit und Digitales) aus Datenbanken gleichgewichtig gewertet. Bunt zusammengewürfelte Datenberge treffen da aufeinander: Wie viel Flächen sind versiegelt, wie hoch ist die Feinstaubbelastung, wie gut ist die Azubiquote, die Ärztedichte, die Breitbandversorgung, die E-Auto-Ausstattung, wie hoch ist der Wasserverbrauch der Privathaushalte, die Quote an Studierenden? Zur Erstellung der Hitlisten mit den lebenswertesten 71 Städten Deutschlands ermittelten die Zahlenfachleute einen Mittelwert von Dynamik- und Niveau-(Status-Quo)-Ranking), bewerten aber beim Endergebnis den Status-Quo-Wert auch noch doppelt.

Befragungen und Bewertungen von den einheimischen Bewohnern dieser Städte fließen ausdrücklich nicht ins Ranking ein. So hoffen die Prognos-Unternehmensberater die Lebensqualität von Städten zu erfassen; die Handelsblatt-Journalisten titeln in dem Wochenendteil ihrer Ausgabe die Auswertung sogar resolut-sicher mit „Wo es sich in Deutschland am besten leben lässt“.

Oberhausen landet im Gesamtranking mit 28 Parametern auf Platz 71 - Schlusslicht

So kommt es, wie es kommen muss: Oberhausen steht im Gesamtrang auf Platz 71 - Schlusslicht. Duisburg auf Platz 70, Bottrop auf 69 und Gelsenkirchen auf 67. Exakt 14 der 20 Städte mit der geringsten Platzierung liegen in NRW. Oberhausen rutscht auf den letzten Rang ab - besonders deshalb, weil der Status-Quo-Wert so schlecht ist, dass es nur für Platz 71 reicht. Da tröstet es kaum, dass Oberhausen als recht dynamisch eingeschätzt wird, also gute Zukunftsaussichten hat: Beim Dynamik-Ranking erringt die 210.000-Einwohner-Stadt immerhin Platz 44 - quasi Mittelfeld.

Die große Dichte an Freizeit-Spaßveranstaltungen im Ruhrgebiet, wie hier das Schlagerfestival „Oberhausen feiert“ im Jahre 2022, wirkt sich offenbar als wichtiges Thema für die Lebensqualität einer Großstadt nicht besonders beim Prognos-Ranking aus.
Die große Dichte an Freizeit-Spaßveranstaltungen im Ruhrgebiet, wie hier das Schlagerfestival „Oberhausen feiert“ im Jahre 2022, wirkt sich offenbar als wichtiges Thema für die Lebensqualität einer Großstadt nicht besonders beim Prognos-Ranking aus. © FUNKE Foto Services | Franz Naskrent

Schaut man sich die Bewertungen in den einzelnen Themenblöcken Ökologie, Mobilität, Soziales, Arbeit und Digitales an, so begeistern die Ergebnisse für Oberhausen leider ebenfalls nicht. Ökologisch und arbeitstechnisch wird Oberhausen von den Prognos-Experten auf Platz 71 gesehen: Rote Laterne! Bei den sozialen Werten (hohe Arbeitslosigkeit, hohe Armut) auf Platz 68, beim digitalen Fortschritt auf Platz 62 und nur im Themenfeld Mobilität taucht Oberhausen nicht unter den zehn schlechtesten deutschen Städten auf. Aber leider auch nicht unter den zehn besten.

Die lebenswerteste deutsche Stadt ist laut Prognos-Ranking Ulm

Bei aller Schwächen der Revier-Städte: Die Vorteile des Ruhrgebiets werden offenbar von den Datenbergen der Prognos-Unternehmensberater nur unzureichend erfasst. Beispiele sind das kompakte Freizeitangebot auf engen Raum, die dichte Bildungslandschaft, die unzähligen Kulturveranstaltungsorte, die Vielzahl an Unternehmen, das dichte Verkehrsnetz, die große Menge an Kliniken und Arztpraxen, die immer noch relativ niedrigen Mieten, die kurzen Wege ins Grüne und die im Vergleich zu anderen Großstädten niedrigen Lebenshaltungskosten. Zumindest wirken sich diese Kriterien bei der Ermittlung der lebenswertesten Großstädte Deutschlands nach den Prognos-Datenkriterien nicht entscheidend aus.

Die lebenswerteste Stadt in Deutschland ist nach diesem Ranking übrigens Ulm, gefolgt von München, Ingolstand, Erlangen, Regensburg, Leipzig, Berlin, Osnabrück, Stuttgart und Chemnitz.