Oberhausen. Die Oberhausener Jugendarbeit ist angesichts des steigenden Gewaltpotenzials alarmiert. In einigen Fällen schmissen deshalb Ehrenamtler hin.

Zwei Ukrainer werden am Oberhausener Hauptbahnhof getötet, vier Jugendliche sitzen seitdem in U-Haft. Eine Jugend-Gang treibt auf einer Einkaufsstraße ihr Unwesen und verängstigt Geschäftsfrauen und in den Schulen nehmen die Einbrüche zu. Jüngstes Beispiel: Die Polizei nahm zwei Kinder fest, die in eine Grundschule einbrachen.

In Oberhausen leben auffallend viele jugendliche Intensivtäter. Die Polizeibehörde registrierte im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg der Jugendkriminalität. 1904 Tatverdächtige waren unter 21 Jahre alt. Das waren 65 mehr als im Vorjahr.

Oberhausener Jugendzentren: Gewaltpotenzial steigt

Fernab dieser besorgniserregenden Fakten unterstreicht der jüngste Bericht der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) die negative Tendenz: Viele Einrichtungen und Jugendzentren berichten von einem gestiegenen Konfliktpotenzial unter Kindern und Jugendlichen. In einigen Fällen war der Ärger so groß, dass Ehrenamtliche hinschmissen. Der Worst Case für die chronisch unterfinanzierte Jugendarbeit. „Konflikt- und Gewaltpotenziale steigen fortwährend an. Dies führt an einigen Stellen dazu, dass Ehrenamtliche und auch Honorarkräfte sich nicht mehr sicher fühlen und ihre Tätigkeiten niederlegen“, heißt es in dem Tätigkeitsbericht, der den politischen Ausschüssen vorgelegt wird.

Die Jugendzentren und mobilen Teams begreifen sich als dritte wichtige Säule neben Familie und Schule. Um darzulegen, wie vielfältig ihr Angebot ist und welche Schwierigkeiten sie in ihrer täglichen Arbeit haben, verfassen die Einrichtungen alljährlich einen mehrere Seiten langen Bericht. Das dominierende Thema im vergangenen Bericht war der Hunger. Dem haben einige Einrichtungen wohl entgegengesteuert, so bietet das Cevi in der Innenstadt einen Mittagstisch an.

Oberhausen: Jugendgruppen müssen intensiv begleitet werden

Positive Entwicklungen sind im aktuellen Bericht 2023 ansonsten rar. Die Seiten lesen sich teilweise wie ein düsteres Zeugnis der Missstände, die sich seit der Corona-Pandemie einstellen. Fast zwei Seiten sind dem Thema Gewaltprävention gewidmet. So hätten sich schwierige Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen im Jahr 2023 fortgesetzt: „Gruppen mussten in den
Einrichtungen teilweise dauerhaft sehr intensiv begleitet werden, um gewalttätige Konfrontationen durch mangelnde Konfliktlösungsstrategien zu minimieren. Dieses Phänomen ist nicht nur in den Einrichtungen der OKJA zu beobachten, sondern stellt sich in fast allen Kontexten, in denen Kinder und Jugendliche im sozialen Miteinander agieren müssen, dar.“

Das Oberhausener Place2be in der Innenstadt. (Archivbild)
Das Oberhausener Place2be in der Innenstadt. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

So berichtet konkret das Cevi, dass durch „steigende Gewaltbereitschaft zusätzliche Schutzmaßnahmen für Mitarbeitende und Besucher*innen“ nötig waren. Es gebe vermehrte Auseinandersetzungen. Auch das Place2be schlägt alarmierende Worte an: Es gebe „eine Zunahme von Armut, Respektlosigkeit, Aggressivität und zunehmende Gewaltbereitschaft. Viele Erziehungsberechtigte scheinen überfordert oder desinteressiert zu sein, was sich in mangelnder elterlicher Aufsicht und Vernachlässigung zeigt.“ Der Presseclub Oberhausen bestätigt, „dass eine überdurchschnittlich hohe Armut, sowohl finanzieller Natur und an Emotionalität und Beziehungen bei den Kindern und Jugendlichen besteht. Es wurde der Eindruck geschildert, dass sich viele Erziehungsberechtigte nicht für ihre Kinder verantwortlich fühlen, bzw. mit der Erziehung überfordert sind.“ Einige jugendliche Besucherinnen würden nur noch sporadisch die Schule besuchen.

Oberhausen: Jugendarbeit bittet um mehr Geld

In anderen Stadtteilen sind die Probleme ähnlich. Streetwork Oberhausen verzeichnet einen deutlich gestiegenen Bedarf an Krisengesprächen. Der Falkentreff in Osterfeld konstatiert, „dass die Thematik des sozialen Miteinanders und die Gewaltbereitschaft der Kinder und Jugendlichen stark zunehmen. Hierdurch wird eine intensive Begleitung der Zielgruppe unabdingbar, da nur so Konflikte vermieden oder bearbeitet werden können.“ Die Einrichtung fordert trägerübergreifende Gewaltpräventionskonzepte.

Doch dafür bräuchte es wie immer Geld. Im Oktober 2023 wandten sich die Einrichtungen mit einem Hilferuf an die politischen Gremien. In weiten Teilen seien die Angebote durch Preissteigerungen nicht mehr zu refinanzieren. Der wenig hoffnungsvolle Ist-Zustand: „Im Dialog zwischen den Trägern und der Stadtverwaltung werden aktuell Lösungen erörtert.“